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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

27. 9. 2013 - 11:30

Die Sache mit der Wirtschaft

Das Thema vertreibt neuerdings fast alle anderen aus dem Wahlkampf. Doch was wollen die Parteien wirklich? Ein Überblick.

Das Kanzlerduell am Dienstag drehte sich fast schon monothematisch um den zugegeben riesigen Themenkomplex Wirtschaft und Geld. Hatte noch in den 70er Jahren der damalige ÖVP Obmann Josef Taus die Behauptung Kreiskys, er wandle auf den Spuren von Friedrich August von Hayek, fast schon brüskiert von sich gewiesen, ist die marktliberale Logik im Jahr 2013 mitten im Mainstream angekommen.

Oder zumindest eine Variante davon, denn allzu marktlogisch können Regierungen, die trotz Rekordeinnahmen auch Rekordverschuldung zulassen, ja nicht sein – würde der echte Hayek wohl einwenden.
Noch dazu hat vice versa auch die Sozialdemokratie einen weiten Weg hinter sich, von Kreisky/Brandt bis zur Agenda 2010.

Geldscheine und Münzen

APA/BARBARA GINDL

Exemplarisch stand beim genannten Kanzlerduell die Frage des Mindestlohns. Dort kristallisieren die Ausläufer zweier Weltanschauungen:

„Von einem Vollzeitjob muss man auch leben können“, meinen die einen, „Man kann nicht am Markt vorbei Preise oder Löhne per Dekret vorgeben“, die anderen. Hier die soziale Wärme, die als weltfremd bezeichnet wird, dort die nüchterne Logik des Marktes, die als unsozial diskreditiert wird. Zumindest ist dies das Bild, die polare Unterschiedlichkeit, die uns beide Regierungspartner glauben machen wollen, nicht zuletzt um das eigene Klientel zu mobilisieren.

Ein Spannungsverhältnis wirtschaftspolitischer Weltanschauungen in dem sich natürlich auch jede Oppositionspartei einordnen muss – wie viel Staat braucht die Wirtschaft, wie viel soziale Absicherung die Bevölkerung, was darf das alles kosten – und wer soll es bezahlen?

Hier der Versuch eines kleinen Überblicks entlang dreier Punkte:

  • Welche Steuerpläne haben die Parteien?
  • Inwieweit sollen Banken die Kosten der Krise mittragen?
  • Wie stehen Sie zur Finanztransaktionssteuer?

SPÖ

Die Sozialdemokraten sind per Eigendefinition die Partei der Arbeitnehmer. Insofern haben sie in einer Phase, wo trotz Krise die Reichsten der Gesellschaft immer reicher werden – und viele hunderte Bildungspakete für Bankenrettungen draufgehen – natürlich Erklärungs- und Handlungsbedarf. Das Mittel zur Wahl scheint es dabei zu sein, die Steuerlast anders zu verteilen. Arbeit (und das sehen eigentlich alle Parteien so) ist viel zu stark besteuert, die SPÖ möchte mit Substanzsteuern hier dagegen halten.

Neben der Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer sollen im Rahmen einer „Millionärssteuer“ künftig Vermögen (sowohl Finanz- wie auch Immobilienvermögen) ab einer Millionen Euro mit 0,5 bis 1% p.a. besteuert werden – dafür hat man vor wenigen Tagen ein Programm vorgelegt, wie man die Lohnsteuer so reformieren will, dass künftig vor allem die mittleren Einkommen stärker entlastet werden sollen.

Mit den Einnahmen der Bankenabgabe sollen die budgetären Folgen der Finanzkrise durch die Bankenverstaatlichung vom Finanzsektor bezahlt werden.

Die Finanztransaktionssteuer soll auch einen Beitrag zur Finanzierung dieser Krisenkosten leisten, die Erwartungen an eine solche Steuer betreffen das Aufkommen zur Entlastung des Budgets und die Möglichkeit den sogenannten Hochfrequenzhandel etwas zu entschleunigen.

ÖVP

Die Volkspartei hat als traditionelle Bünde-Partei mit Bauern, Arbeitnehmern, Beamten und Unternehmern ein heterogeneres Klientel als ihr Regierungspartner. Seit Schüssel, behauptet zumindest der politische Gegner, spielen wirtschaftsliberale Agenden aber eine stärkere Rolle – auch wenn es etwa mit BM Mikl-Leitner vom ÖAAB auch Parteigrößen gibt, die etwa „Her mit der Marie, her mit dem Zaster“ fordern. Im Gegensatz zur SPÖ lehnt die ÖVP alle Vermögens-, Erbschafts- und sonstigen Substanzsteuern ab. Man möchte das wirtschaftliche Umfeld bereiten um Unternehmen einen attraktiven Rahmen zu bieten, in Österreich zu investieren. Deswegen lehnt man jede Maßnahme, die zu einer Mehrbelastung führt, strikt ab – eine Senkung der Steuern auf Arbeit ist für die ÖVP ebenfalls eine Frage des budgetären Spielraums, da auch die Neuverschuldung gegen Null geführt werden soll. Wenn das Nulldefizit 2016 erreicht ist, soll es dann auch diese Entlastung geben.

Was eine künftige Krisenbeteiligung der Banken betrifft verweist die VP auf die beschlossene Bankenabgabe – diese sei, bis auf einen kleinen Teil, prinzipiell unbefristet und damit eben der Beitrag des Finanzsektors.

Zur Finanztransaktionssteuer hört man aus der ÖVP, dass sich Österreich zwar immer stark für die Steuer aussprach, die Details auf EU-Ebene aber noch nicht restlos geklärt sind. Trotzdem erwartet man sich ein jährliches Aufkommen von etwa 500 Millionen Euro, die wurden ja für 2014 sogar schon budgetiert.

FPÖ

Wie auch schon beim Thema Arbeit hättedie FPÖ, was die grundlegenden Ausrichtungen des Wirtschaftsprogramms betrifft, deutlich mehr mit der SPÖ als mit der ÖVP gemeinsam. Hier zeigt sich überdeutlich, dass die FPÖ so gut wie alles von der deutschen FDP trennt, diese Parteien haben nicht das Geringste gemeinsam. Noch dazu, wo FPÖ Chef Strache ja schon seit Jahren versucht, der SPÖ die Rolle der Nummer 1 bei den Arbeitern abspenstig zu machen. So fordern die Freiheitlichen etwa auch eine „Solidarabgabe für Millionäre“, wollen ebenfalls die mittleren Einkommen entlasten und den Eingangssteuersatz verringern – und in letzter Zeit hört man Strache sogar Dinge sagen wie „Wenn ich könnte würde ich den Zinseszins abschaffen“.

Zur Frage der Bankenbeteiligung meint die FPÖ: „Banken und Kreditinstitute unterliegen wie andere Unternehmen den Anforderungen des freien Marktes; eine Insolvenz muss deswegen ebenso möglich sein. Um Schaden für die Wirtschaft, der auf Grund der besonderen Funktion als Anlage- und Kreditvergabeinstitut entstehen kann, zumindest zu minimieren ohne das Gemeinwesen zu belasten fordert die Freiheitliche Partei eine eigene Bankenkonkursordnung.“

Bei der Finanztransaktionssteuer legt man bei der FPÖ darauf wert, dass auch die großen und wichtigen Finanzzentren, wie etwa London, im Boot sind.

BZÖ

Im Wahlkampf versuchte das BZÖ unter Josef Bucher aus dem Schatten Jörg Haiders zu treten und sich als rechts-liberale Partei der „Fleißigen und Tüchtigen“ zu etablieren. Fördern will man vor allem Unternehmertum und die Realwirtschaft, Bürokratie soll aus dem Weg geräumt werden und Leistung belohnt – im Grunde bietet sich das „Laptop und Lederhose“ Bild der CSU an, genau dorthin orientiert sich Bucher ja auch. Als kleine Hommage an die Ära Haider kann man vielleicht noch die ablehnende Haltung des BZÖ was Bankenrettungen und generell die Verstrickungen zwischen Finanzsektor und Politik betrifft sehen.

Steuerpoltisch geht man bei Orange andere Wege – Bucher und Co wollen eine sogenannten „Fair-Tax“ – im Prinzip also eine klassische Flat-Tax mit einem Freibetrag von 11.000 Euro p.a. – ab da zahlt man 44%.

Das BZÖ lehnt die Bankenabgabe in der existierenden Form ab, da so „nur die Kosten auf die Kunden abgewälzt werden.“

Der Finanztransaktionssteuer steht man positiv gegenüber, da die Wirkung vor allem eine „Dämpfung des Hochfrequenzhandles“ bringt, der in den vergangenen Jahren zu Verzerrungen auf den Finanzmärkten geführt hätte.

Die GRÜNEN

Im Spannungsfeld Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit stehen die Grünen näher bei der SPÖ als bei der ÖVP. Man fordert, wie die Sozialdemokraten, eine Vermögenssteuer – möchte den Freibetrag statt bei einer Million aber schon bei 500.000 € ansetzen. Auch Erbschafts- und Schenkungssteuer sollen reformiert werden. Außerdem will man die Grundsteuer anheben, neue Ökosteuern – und mit diesen Erträgen eine Entlastung von Arbeit gegenfinanzieren.

Die Banken müssen an den von ihnen verursachten Krisenkosten solange beteiligt werden, bis diese abgetragen sind. Daher braucht es neben der Bankenabgabe vor allem auch ein umfassendes Bankenrestrukturierungsrecht, so die Grünen.

Bei der Finanztransaktionssteuer liegt die Gefahr für die Grünen nicht in der Umsetzung sondern in der Torpedierung auf europäischer Ebene. Derzeit versuche die „Bankenlobby“ die Steuer zu Fall zu bringen, die Grünen wollen aber weiter „dagegen kämpfen.“

TEAM Stronach

Dass das Thema „Wirtschaft“ für die Partei rund um Frank Stronach zentral ist, muss man wohl nicht extra erklären. Aber – was sind denn seine konkreten Rezepte?

Steuerlich liegt man am nächsten beim BZÖ, auch das Team Stronach will eine Flat-Tax und nennt sie sogar genauso: Fair-Tax. Die Schulden müssten gesenkt werden, genauso wie die Steuern für Unternehmen. Dafür soll die Gruppenbesteuerung gestrichen werden. Erbschafts- und/oder Vermögenssteuern soll es mit dem Team Stronach keine geben.

Was die Banken betrifft haben Stronach und sein Team eine traditionell scharfe Haltung und meinen: „Das verantwortungslose Verhalten der Banken hat den Bürgern bereits zu viel Geld gekostet, bzw. wurde die Fehlerbehebung ohne Bürgerbefragung auf deren (Bürger) Kosten durchgeführt. Dem muss natürlich raschest ein Ende gesetzt werden.“

Die Finanztransaktionssteuer in der gängigen Form lehnt das Team Stronach ab, stattdessen fordert man eine Abkehr von der „too big to fail“ Mentalität, ein Trennbankensystem und einen Schutz des Bürgers vor „gierigen Banken“.

Die Stellungnahme aller Parteien, auch der bundesweit antretenden die aktuell nicht im Parlament sitzen, zu Banken, Finanztransaktionssteuer und ähnlichen Fragen ist hier nachzulesen.