Erstellt am: 26. 9. 2013 - 13:55 Uhr
Rezeptorensturm
Ich habe zu lange gleichzeitig ferngesehen, telefoniert, Musik gehört und gelesen. Das hat zur Konsequenz, dass ich gelernt habe, gut an Oberflächen von Bedeutungen entlang zu schlittern. Wenn es aber um Konzentration und Konsequenz in der Aufmerksamkeitsökonomie geht, sieht es bei mir schlecht aus.
Man muss mit schweren Geschützen auffahren, um meine Aufmerksamkeit zu kriegen. Die Fuck Buttons haben meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Sobald "Slow Focus", ihr neues Album, aus den Boxen quillt, tropft und bricht, stehen die Mühlen der Banalität und das Mobile der Ablenkungen still.
Wer hätte gedacht, dass die zwei Fick-Knöpfe diese Klänge mit ausgedienten klangerzeugenden Kinderspielsachen und teilweise selbstgemachten Instrumenten herstellen. Die beiden arbeiten nicht am Computer, komponieren nicht im digitalen, sind nicht architektonisch, sondern jammen wie Band, destillieren wie Alchemisten. Und was immer ihnen zur Klangerzeugung in die Finger kommt, wird - teilweise mit Lagen von Effekten - verwendet.
Fuck buttons
Die Fuck Buttons sind Meister der Verdichtung. Vor neuen Jahren sind sich Andrew Hung und Benjamin John Power auf einer Kunsthochschule in Bristol in die Tentaklen gelaufen.
In den Biographien wird ihnen die geniale Psychotiker-Elektronik von Aphex Twin und der Post Rock von Mogwai als Inspiration angehängt. Ich möchte ihnen an dieser Stelle noch unterstellen, dass "Slow Focus" auch nach einigen Tauchgängen im Drone Sumpf und einer ordentlichen Portion Spannung und Bedrohung a la John Carpenter klingt.
Carpenter ist Regisseur von Filmen wie Escape from LA, Assault on Precinct 13 oder They Live und hat düstere treibende Elektro-Soundtracks zu seinen Filmen gemacht. In seinen Fußstapfen schleicht Stalker, meine 10-minütige Lieblingsnummer vom neuen Fuck Buttons Album durch die Dunkelheit.
Weil wir gerade bei Soundtracks sind: Ich traue mich zu wetten, dass sich die Fuck Buttons nie und nimmer gedacht hätten dass ihr größtes Publikum aus 900 Millionen Menschen bestehen wird, und ihre Musik bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in London 2012 zu hören bekommen haben. Danny Boyle, Regisseur von Filmen wie Trainspotting oder Slumdog Millionaire, war künstlerischer Leiter der Eröffnungszeremonie und seine alten Buddies Underworld die musikalischen Leiter. So kam es, dass die noblen Würdenträger zu "Solar Surf" von den Fuck Buttons bzw. zu "Sundowner" vom Fuck Buttons Seitenprojekt Blanck Mass einmaschierten.
Zu solchen Kontextverschiebungen wird es warscheinlich während der Fuck Buttons Österreich Tour nicht kommen. Aber wenn ihr euch in den eigentlich unmöglichen Zustand zwischen wohlig leeren weißem Rauschen und Assoziations-Sturm spielen lassen wollt, dann seien euch die zwei Live Termine der Fuck Buttons schwerstens empfohlen:
- Freitag, 27. September, PMK, Innsbruck
- Samstag, 28. September, Flex, Wien