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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

24. 9. 2013 - 13:40

EU-Parlament tagt zum NSA-Skandal

Zum Auftakt des dritten Hearings im EU-Parlament zum NSA-Skandal konnte EU-Kommissarin Cecilia Malmström nur sicher sagen, dass man immer noch zuwenig wisse.

"Ich habe auch nicht mehr Informationen als Kommissarin Malmström" sagte der Direktor von Europol, Rob Wainwright, beim dritten Hearing des EU-Parlaments zum NSA-Spionageskandal. Diese Äußerung ist symptomatisch für den Verlauf des ersten Teilѕ der Sitzung am Vormittag, davor schon hatte EU-Kommissarin Cecilia Malmström wortreich erklärt, was ihr alles nicht bekannt sei.

Im Zentrum der Debatte stand das SWIFT-Abkommen, das den rechtlichen Rahmen für die Zugriffe der US-Behörden auf europäische Finanzdaten darstellt. Im Rahmen des "Terrorist Finance Tracking Program" (TFTP) werden aus dem globalen System für Finanztransfers systematisch Daten abgezogen.

Die Dimensionen der SWIFT-Abgriffe

Wieviele Datensätze tatsächlich betroffen sind, ist nach sieben Jahren Laufzeit dieses Programms noch immer nicht bekannt. Man weiß nur, dass diese "Subpoenas" - einstweilige Verfügungen auf rein administrativer Basis ohne Einspruchsmöglichkeit - stets sehr weit gefasst sind. Durch eine einzige Verfügung können so die Datenströme eines ganzen Bankenverbunds abgezogen werden.

"Die Daten wurden uns abgepresst" sagte SWIFT Aufsichtsrat Gall im Juni 2006 zu ORF.at. Da prozessierte das SWIFT-System bereits täglich 11 Millionen Datentransfers, 2010 waren es dann schon mehr als 15 Mіo. Chronik des SWIFT-Skandals 2006 bis 2010 in 180 Stories

Die einzigen bisher bekannten Zahlen stammen aus dem Jahr 2006. Der ehemalige SWIFT-Aufsichtsrat Günther Gall hatte gegenüber ORF.at kurz nach Bekanntwerden der US-Zugriffe auf SWIFT erklärt, dass "weniger als ein Prozent" der Transaktionen betroffen seien. Allein 2006 wurden so mindestens 20 Millionen Datensätze abgegriffen.

Im Zuge des NSA-Skandals hatten sich die Hinweise auf Wirtschaftsspionage immer mehr verdichtet. In den bis jetzt veröffentlichten Urteilen des geheimen US-Gerichtshofs FISC finden sich beunruhigende Hinweise darauf, dass die SWIFT-Finanzdaten von der NSA systematisch gesammelt werden und in einer Datenbank für "Business Records" den Geheimdienstanalysten zur Verfügung stehen.

Spionage ist nicht Cybercrime

Wainwright betonte, dass Europol kein Mandat habe, von sich aus mit Ermittlungen zu beginnen, denn dazu müsse eine Anfrage aus einem Mitgliedѕstaat vorliegen. Der Abgeordnete Jan Albrecht (Grüne) hatte davor darauf hingewiesen, dass die Spionageangriffe durch NSA und GCHQ ja technisch den Tatbestand von Cybercrime exakt erfüllten.

Aus den zuletzt veröffentlichten Urteilen des FISC geht eindeutig hervor, dass die internen Kontrollmechanismen der NSA gegen Wirtschaftsspionage systematisch umgangen wurden.

Nicht ein einziger Mitgliedsstaat hat eine solche Untersuchung verlangt", antwortete Wainwright, vom Mandat her sei Europol aber nur für Straftaten Krimineller zuständig, nicht aber für Spionageangriffe durch staatliche Behörden. Auf die Frage was denn so ein typisches "Cyber-Verbrechen" sei, antwortet Wainwright "Kinderpornografie".

Er habe keine Hinweise darauf, so Wainwright abschließend, dass die USA gegen das Abkommen verstoßen hätten und schloss daraus, dass eben alles rechtmäßig zugegangen wäre. Dieses dritte Hearing wird um 15:00 mit der Anhörung von Experten fortgesetzt.