Standort: fm4.ORF.at / Meldung: ""I can't do no shows cause I terrify my city""

Trishes

Beats, Breaks und Tribe Vibes - oder auch: HipHop, Soul und staubige Vinyl-Schätze.

17. 9. 2013 - 20:10

"I can't do no shows cause I terrify my city"

Lil' Durk und seine Drill Rap-Kollegen sind es leid, zu Sündenböcken für die überdimensionale Gewalt in ihrer Heimatstadt Chicago gemacht zu werden - ein HipHop-Lesekreis über 'Dis Ain't What U Want'.

Von Natalie Brunner & Stefan Trischler

Vergesst Windy City oder Chi-Town - mittlerweile hat die Midwest-Metropole den wenig charmanten Spitznamen Chiraq verpasst bekommen. Kein Wunder, kamen doch auf ihre 2.7 Millionen Einwohner letztes Jahr mehr als 500 Morde - im selben Zeitraum passierten in ganz Österreich sechsunddreißig.

lil durk

1992, als Durk Banks geboren wurde, waren es übrigens 943. Durk führt uns durch seine Heimatstadt wie durch einen Kriegsschauplatz, den er nie als etwas anderes gekannt hat. Implizit stellt er durch die Terminologie Chiraq auch klar, dass Invasionen und Fronten an anderen Orten der Welt aufgezogen werden, um davon abzulenken, dass die amerikanischen Innenstädte zu Orten ohne Geschichte und Zusammenhalt zerfallen sind. Man konsumiert in Malls, die gesichtslose Nicht-Orte sind, oder wird von der Gefängnis-Industrie verwahrt. Lil Durk kämpft in der Nummer Dis Ain't What U Want darum, dass er und seine Crew einen Ort haben, der ihnen gehört, an dem sie zu Hause sind, und sei es auch ein Schlachtfeld.

I'm really in the field cause this is what I want
I'mma turn the streets up, this is anthem

Vertiefend sei zu diesem Thema auch nochmal die fantastische TV-Serie The Wire empfohlen!

Aber es gibt noch mehr Ablenkungen und Täuschungen rund um die inner cities, die sozialen Brennpunkte amerikanischer Großstädte: Konstruierte Probleme und Statistiken, die zurechtgemodelt werden, um das Ursache-Wirkung-Gleichgewicht in Richtung der Interessen der Machthabenden zu verschieben. Aber egal, was sie euch sagen: Es gibt Gangsta Rap, weil es Verbrechen und Gewalt gibt - und nicht umgekehrt!

Mehr Lesekreis

Weitere Textanalysen vom HipHop-Lesekreis gibt es hier:

In dem Song, dem sich der Lesekreis heute widmet, spricht Durk auch die Rolle sensationslüsterner Medien an, die schon vor Jahrzehnten Gruppen wie NWA zur Wurzel des Problems stilisierten. Die infame und rassistische Realitätskonstruktion durch verschiedene Kanäle hat sich vermutlich seit 1992, dem Jahr der LA Riots, im Prinzip kaum verändert - sie ist nur präsenter und umfassender geworden.

Es ist eine doppelte Entmachtung: Die Stadt, in der man leben und agieren möchte, ist einem weggenommen worden und das, was man ist oder sein kann, wird von anderen definiert.

I got the police all into me, this ain't what they want
In my own city they hate on me, put weight on me
Fuck TMZ, fuck Breaking News and ABC

Lil Durk ist Gangsta Rap, ohne es sein zu wollen, und vielleicht bedeutet das 2013 in Chicago nur, um einen Ort zu kämpfen, an dem man selbstbestimmt existieren kann.

Ole Weinreich, Mahdi Rahimi, Stefan Trischler und Natalie Brunner über Dis Ain't What U Want:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar