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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

6. 9. 2013 - 10:06

Fußball-Journal '13. Eintrag 38.

Wie Gregoritsch den Milanic macht und die U21 runterzieht. Und: der ÖFB hat seine U20 einfach aufgelöst.

Das ist das Journal '13, die heuer im Gegensatz zu 2003, '05, '07, 2009 und 2011 nicht regelmäßige oder gar tägliche Web-Äußerung in ungeraden Jahren - heute wieder mit einem Eintrag ins Fußball-Journal 13.

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Der U21-Kader, den Teamchef Werner Gregoritsch für die Qualifikationsspiele zur U21-Euro '15 gegen Spanien gestern abend in Graz und am 9.9. in Bosnien nominiert hat:

Tor: Christoph Riegler (St. Pölten), Andreas Leitner (Admira). Samuel Radlinger (Rapid) ist angeschlagen. Nach dem Spiel wird Cican Stankovic (Grödig) nachberufen.

Abwehr: Patrick Farkas (Mattersburg), Lukas Spendlhofer (Varese/ITA), Kevin Wimmer (Köln/D), Florian Neuhold (Altach), Martin Hinteregger (Salzburg), Christoph Martschinko (Neustadt). Auf Abruf: Thomas Weber (Admira), Lukas Rath (Mattersburg). Verletzungs-Absagen von Bernhard Janeczek (Ried) und Christian Schilling (Innsbruck).

Mittelfeld: Marcel Ziegl (Ried), Raphael Holz-hauser (Augsburg/D), Tobias Kainz, Florian Kainz, Daniel Offenbacher (Sturm), Kevin Stöger (Kaiserslautern/D), Alessandro Schöpf (Bayern/D), Louis Schaub (Rapid), Marcel Ritzmaier (Cambuur/NED). Nachnominiert: Simon Piesinger (Innsbruck).
Auf Abruf: Stefan Nutz, Peter Tschernegg (Grödig), Julian Erhart (Altach), Patrick Möschl (Ried), Srdan Spiridonovic, Thomas Murg (Austria), Christoph Knasmüllner (Ingolstadt/D).
Marcel Sabitzer (Rapid) wurde von Teamchef Koller kurzfristig ins A-Team hochgezogen.
Nach dem Match nominiert Gregoritsch Möschl und den gar nicht auf Abruf nominierten David Schloffer (Sturm) nach.

Angriff: Toni Vastic, Robert Zulj (Ried), Michael Gregoritsch (St. Pauli/D). Auf Abruf: Maximilian Sax (Admira), Jannick Schibany (St. Pölten).

Neben Sabitzer sind auch Hinteregger, Holzhauser und Zulj fürs A-Team abrufnominiert

Verletzt/Rekonvaleszent: Richard Strebinger (Werder/D), Moritz Moser (Burghausen/D), Sandro Djuric (Liefering), Dominik Wydra, Dominik Starkl (Rapid), Christian Pauli (Osnabrück/D), Kevin Friesenbichler (Bayern/D), Marco Djuricin (Sturm).

Keine Chance kriegen weiterhin (und nicht nachvollziehbar) der österreichische Keeper mit dem höchsten Transferwert nach Lindner (Dejan Stojanovic, Bologna/ITA) und der von Guardiola in den Champions-League-Kader nominierte Ylli Sallahi (Bayern/D).

Außerdem out: Daniel Bachmann (Stoke/ENG), Bernhard Hendl (Regens-burg/D), Hidejat Hankic (Boleslav/TCH), Maxi-milian Penz (Hoffenheim/ D); Philipp Mwene (Stuttgart/D), Stefan Lainer (Liefering), Thomas Ebner (Admira), Michael Maak (KSV); Gernot Trauner (Ried), Julian Rupp (Eschen/Mauren/LIE), Robert Völkl (Liefering), Roman Kerschbaum (Nürnberg/D), Daniel Geissler (Heerenveen/ NED), Christian Gartner (Düsseldorf/D), Marvin Potzmann (Grödig), Stefan Petrovic (Pasching), Konstantin Kerschbaumer (St.Pölten), Daniel Luxbacher, Martin Harrer (Altach), Christian Derflinger (Bayern/D); Radovan Mitrovic (Horn), Seifedin Chabbi (Austria Lustenau), Dominik Burusic (Admira), Alexander Aschauer (Vienna), Stefan Savic, Philipp Prosenik uam.

Klar, gegen Spanien kann man verlieren, auch deutlich, selbst 0:9, auch gegen die neue U21, auch weil dort Kaliber wie Munain, Carvajal oder Morata zugange sind. Das 2:6 ist also kein Beinbruch.
Was daran seltsam anmutet, ist die Tatsache, dass das steirische Coaching-Team (Gregroritsch-Pegam-Goriupp) es für richtig erachtet hat, das aktuell so erfolg- und wirkungslose System ihres Hausherrn zu übernehmen.
Man hat gestern nämlich den Milanic gemacht, 1zu1: ein flaches 4-4-1-1, samt Defensiv-Auflagen für die Mittelfeld-Zentrale. Damit schafft Milanic' Sturm gerade noch einen Erfolg gegen den verunsicherten Stockletzten; dass damit gegen Spanien kein Staat zu machen war, sollte eigentlich im Vorfeld klar gewesen sein.

Noch dazu trieb gestern Gregoritsch (bei der UEFA wurde gestern Pegam als Verantwortlicher für die Mannschaft angegeben, whatever) eines seiner Hobbys auf eine unverständliche Spitze: Spieler dort einzusetzen, wo sie im Verein gar nicht zum Einsatz kommen.

Wie so oft setzen ÖFB-Coaches Spieler auf neue Positionen

So gab Kevin Wimmer (der bei Köln seit über einem halben Jahr gar nicht spielt) nicht den Innen-, sondern den Linksverteidiger (obwohl Martschinko das bei Neustadt nicht so übel stammspielt); so lief Florian Kainz, der linke Flügel von Sturm Graz, am rechten Flügel auf; so wurde Kapitän Raphael Holzhauser, bei Augsburg wie schon bei Stuttgart zuvor ein hochmoderner aktiver Sechser, als hängende Spitze aufgestellt, so wie Robert Zulj das bei Ried macht. Ja, und ebenjener Zulj musste die vorderste Spitze geben. Dass es für all diese Positionen auch Leute mit Praxis gegeben hätte, versteht sich.

Werner Gregoritsch weiß aber alles besser; er wirbelt schon das ganze Jahr positionsmäßig alles durcheinander - diesmal sind es aber mehr als sonst; und dazu kommen noch die verunsicherten Sturm-Akteure. Wenn der kreative Offenbacher (im letzten Jahr bei Neustadt und in der U21 noch ein echter Zehner) als Sechser im Mittelkreis angepflockt wird, kann wenig Kreatives entstehen. Auch weil der an seiner Stelle weiter vorne positionierte Holzhauser von seiner Physis lebt und nicht den kreativen Input geben und nicht in dem Umfang Verbindungsglied zwischen Idee und Abschluss sein kann. Alles Dinge, die man schon im Vorfeld weiß, und nicht erst gegen Spanien ausprobieren muss.

Flach spielen - hoch verlieren. Gregoritsch kopiert Sturm

So bleibt - wie bei Sturm - der Kreativpart bei den Flügelspielern hängen; und wenn vom lebenden Formtief Flo Kainz und dann auch noch vom bei Lautern noch nicht mit viel Selbstvertrauen verwöhnte Kevin Stöger eher nicht viel kommt, ist das auch eher nicht verwunderlich. Gut, Marcel Koller hat Gregoritsch (womöglich ohne echte Not) massiv geschwächt, indem er Marcel Sabitzer ins A-Team hochgezogen hat; aber: War es echt notwendig den formstarken Louis Schaub auf die Bank zu setzen (der kam erst, als alles schon zu spät war)? Dass mit Alessandro Schöpf auch noch ein Junior, den Pep Guardiola in den Champions-League-Kader der Bayern berufen hat, draußen blieb, sei nur am Rande erwähnt.

Viel ärgerlicher am Milanicing von Gregoritsch ist die Tatsache, dass dieses flache 4-4-1-1 mit seinem kreativen Loch weder im A-Team (dort verbindet der zentrale Junuzovic die Linien ideal, von Alabas Offensiv-Talenten gar nicht erst zu reden) noch in irgendeiner anderen U-Auswahl so gespielt wird. Hermann Stadlers demnächst zur WM reisende U17 etwa spielt ein sehr ansehliches 4-3-3, ganz ohne die zentralen Lücken.

Beides wäre gegen Spaniens gut eingetuntes 4-1-4-1 der deutlich bessere Matchplan als die neue steirische Mode.

Und dann noch die Sache mit der verschwundenen U20...

Bei der Aufzählung der U-Teams fehlen übrigens zwei: die U20 und die U19. Zweitere (der Jahrgang 95) beginnt (unter Andreas Heraf) demnächst ihre Testreihe für ihre EM-Quali im November.
Erstere (der Jahrgang 94) existiert nicht.
Nachdem Manfred Zsak im Juni daheim seine EM-Quali nicht schaffte, löste man den Jahrgang einfach auf und gliederte ihn in die U21 (eigentlich Jahrgang 92 und 93) ein.

19-Jährige wie Sabitzer, Leitner, Martschinko, Schaub, Schöpf oder Gregoritsch Junior, der verletzte Wydra oder die diesmal nicht nominierten Gartner, Mwene und Murg fallen so um ihre internationalen Euinsätze gegen Gleichaltrige um.

Das passierte unmerklich.
Mir ist es auch erst gestern Abend aufgefallen, als ich im Kicker eine Mini-Story über den DFB-Kader für das wieder neu startende traditionelle Vier-Länder-Turnier der U20 lese. Bei diesem Turnier hat Österreich immer gegen Deutschland, Italien und die Schweiz getestet, damit diese EM/WM-freie Alterklasse auch auf ihre Spiele kommt.
Bloß: Statt Österreich ist diesmal Polen dabei.
Man hat das Vierer-Turnier also aufgegeben, sang- und klanglos; oder wurde rausgelehnt.

Ich weiß, wenn ich beim ÖFB anrufen und nach den genauen Gründen fragen würde: Es gibt sie, sicher.
Aber, ganz ehrlich: Mir sind die Gründe egal.
Einen Jahrgang einfach gar nicht zu betreuen, das grenzt an Selbstaufgabe, das erfüllt die basalsten Anforderungen nicht, das ist eine Schande.

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Österreich - Spanien 2:6 (1:4)
Graz; 4.346 Zuschauer

Tore: Carvajal (2.), Morata (11., 17., 45+4., 86.), Jese Rodriguez (91)
bzw. Florian Kainz (7., Abstauber nach Holzhauser-Corner), Carvajal (83./Eigentor nach Tobias Kainz-Freistoß)

Österreich
1 Riegler; 17 Farkas, 18 Spendlhofer, 9 Hinteregger, 3 Kevin Wimmer; 14 Florian Kainz, 4 Ziegl (73. 12 Alessandro Schöpf), 11 Offenbacher (59. 6 Tobias Kainz), 19 Kevin Stöger; 8 Holzhauser (2H Schaub); 10 Robert Zulj.

Spanien
1 Fernando Pacheco; 2 Carvajal, 4 Jordi Amat, 5 Muniesa (56. Mba Obiang), 3 Moreno; 6 Saul Niguez; 11 Suso Fernandez (17 Oliver Torres), 10 Sarabia (65. 12 Jese Rodriguez), 8 Sergi Roberto, Kapitän 7 Iker Munain; 9 Morata.

Morata, Carvajal, Tormann Pacheco und Jese spielen bei Real, Sergi Roberto bei Barca; Amat (Swansea) und Muniesa (Stoke) in England, Mba Obiang (Samp) in Italien. Dazu kommen Spieler aus Sevilla (Moreno), Getafe (Sarabia), Almeria (Suso), Atletico (Torres), Rayo (Niguez) und natürlich Bilbao (Munain).

Es fehlten: Koke (Atletico), der schon ins A-Team hochgezogen wurde, Luis Alberto (Liverpool), Ignasi (Leicester), Aurtenetxe (Celta), Bernat und Alcacer (Valencia). Jungstar Alex Grimaldi (Barca) ist verletzt.
Die U21-Europameister Thiago Alcantara, Illaramendi, Tello, Romeu, Robles, Montoya oder Bartra kommen alterstechnisch nicht mehr in Frage.

Nachträgliches PS:

Hier die Analyse der Kollegen von abseits.at.

Am Nachmittag teilt der ÖFB mit, dass Raphael Holzhauser, Robert Zulj und Marcel Ziegl aus disziplinären Gründen aus dem Kader entlassen wurden. Wie sich später herausstellte, hatten sie ein Groupie aufs Zimmer mitgenommen.

Dass Gregoritsch mit David Schloffer einen weiteren verunsicherten und spielminutenlosen Sturm-Akteur nachholt, wiewohl der gar nicht auf der Nachnominierten-Liste (deren Sinnfrage sich so stellt) drauf war, zeigt dass die steirische Heimatverbundenheit hier gar absurde Blüten treibt.