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Roland Gratzer

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31. 8. 2013 - 18:01

Wasser und Wein

Die SPÖ kämpft rhetorisch gegen den Abbau von Arbeitnehmerrechten und lässt beim eigenen Wahlkampfauftakt Leiharbeiter kellnern.

Die aktuelle Stunde - FM4 im Wahlkampf

Mitarbeit: Johanna Jaufer und Paul Pant

"Mit uns wird es keinen Abbau von Arbeitnehmerrechten geben!" Bundeskanzler Faymann konzentrierte sich beim SPÖ-Wahlkampfauftakt am Donnerstagabend im Wiener Museumsquartier ganz auf die Kernwählerschaft. Im Anschluss erklärt Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos, dass das Thema Arbeit im Wahlkampf sehr präsent sei und der SPÖ von der Bevölkerung diesbezüglich große Kompetenz zugesprochen werde. Doch während die Genossinnen und Genossen über Flexibilisierungstendenzen am Arbeitsmarkt schimpfen, werden sie just von jenen mit Essen und Trinken versorgt, die betroffen sind: geringfügig angestellte LeiharbeiterInnen mit einem brutto-für-netto-Stundenlohn von 9 - 9,50 Euro.

Wie die aktuelle Stunde auf FM4 gestern berichtete, wussten die SPÖ-AnhängerInnen vor Ort nichts von den Arbeitsbedingungen derer, die für sie arbeiteten. "Das ist unseriös, unsittlich, unchristlich, unsozial", echauffierte sich einer der Gäste und bekam Gewissensbisse: "Ja da hab ich direkt ein schlechtes Gewissen, wenn ich dann einen Apfelstrudel essen sollte. Jetzt hat's mir fast den Appetit verdorben dabei. Bei diesem Stundenlohn."

Faymann

APA/Georg Hochmuth

9,50 Euro die Stunde mit geringfügiger Anstellung. Zwar gibt es keine Abend- oder Nachtzulage, im Vergleich zu vielen anderen Beschäftigungen ist das aber gar nicht so wenig. In der Realität liegt der Lohn vieler ArbeitnehmerInnen – der historischen Kernwählerschicht der SPÖ – bei etwa 7,5 Euro aufwärts.

Während auf der Bühne gepoltert wird, servieren also die, die es tatsächlich betrifft, unbemerkt Rotwein. Auf die Frage, was denn ein adäquater Lohn für diese Arbeit wäre, sprach ein SPÖ-Sympathisant von "15 Euro aufwärts". Norbert Darabos würde zwar nur zehn Euro vorschlagen, verweist aber darauf, dass die SPÖ ja nicht die Arbeiter selbst, sondern nur eine Firma anstellt. Auf die Menschen mit den Tabletts angesprochen, meint er abschließend: "Das ist keine Frage der Politik derzeit, sondern eine Frage, die insgesamt geklärt werden muss." ArbeitnehmerInnenrechte sind also laut SPÖ-Bundesgeschäftsführer keine Frage der Politik?

In einer Aussendung teilte die SPÖ heute mit, dass die Partei pro Person und Stunde 22 Euro für die Catering-Arbeiten zahlt. Allerdings an eine Cateringfirma und "ohne Steuer". Wieviel davon bei den Bediensteten wirklich ankommt, liegt natürlich nicht ausschließlich im Zuständigkeitsbereich des Auftraggebers. Auch bei der genannten Firma muss man festhalten, dass diese im Rahmen der Gesetze agiert. Aber ist es für die SPÖ moralisch vertretbar?

Ebenfalls zu Wort meldete sich ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch. Gegenüber FM4 warf er der SPÖ "Scheinheiligkeit" vor: "Man kann nicht auf Arbeitszeitflexibilisierung hinschimpfen, dann aber, wenn es in den eigenen Kram passt, es selber so machen", so Rauch.

Zum Thema Leiharbeit verwies Rauch auf die "wirtschaftliche Realität". So seien etwa flexible Arbeitszeiten nötig, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, und: " genau das will die ÖVP."

Auch die ÖVP musste bereits Kritik an der Bezahlung ihres Wahlkampfpersonals einstecken. Oder besser gesagt: Der Nicht-Bezahlung. Letzte Woche bot das Büro von Brigitte Jank, Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer, Obfrau des Wiener Wirtschaftsbundes und ÖVP-Kandidatin, eine Praktikumsstelle an. Aufgabengebiet für den aktuellen Wahlkampf: "Mitarbeit in der Kommunikationsabteilung" sowie "Leitung des Kampagnenteams". Der verantwortliche Mitarbeiter rechtfertigte sich damit, dass der Aufruf "unglücklich formuliert" war und man ja nur zur „ehrenamtlichen Mitarbeit“ einladen wollte. Wer also gerne unbezahlt eine ÖVP-Kampagne leiten möchte, bitte beim Wiener Wirtschaftsbund melden.

Die Reportage zum Nachhören

Leiharbeiter beim SP-Wahlkampfauftakt