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Roland Gratzer

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30. 8. 2013 - 11:13

Vier gewinnt

Gestern: Strache,Glawischnig, Bucher, Stronach diskutieren und geben ihren StammwählerInnen ein gutes Gefühl. Und ein bisschen Wahnsinn.

Die aktuelle Stunde - FM4 im Wahlkampf

Mitarbeit: Johanna Jaufer

Einige Minuten dauert es, bis der junge Stronach-Anhänger seinen Kommentar für unser Mikrofon auf den Punkt gebracht hat: "Die Wirtschaft ist wichtig". Eben diese Botschaft habe der Frank vermittelt. Einige Minuten früher im Halb-Public-Viewing-Bereich für die Presse: FPÖ-Chef Strache ist nach seinem Match gegen Grünen-Chefin Eva Glawischnig zu uns in den Zuschauersaal geschlüpft. Sichtlich gut gelaunt genießt er die folgende Diskussion Bucher/Stronach und findet Stronachs Wortkaskaden auch manchmal ziemlich lustig.

Stronach

Frank Stronachs Studio-Verhalten verwebt zwei in Österreich nicht ganz so bekannte Dinge: US-amerikanische Hyper-Inszenierung und kompletten Wahnsinn – obwohl, na gut. Zweiteres ist auch uns hier geläufig.

Stronachs Strategie ist glasklar. In einem Gespräch nie mehr als zwei Botschaften vermitteln. "Wirtschaft ist super" und "Ich bin super". Einfach, authentisch, erfolgreich. Genauso wie im amerikanischen Fernsehen. Aber kontrollieren lässt sich dieser Mann nicht. Sein sehr gesundes Selbstbewusstsein führt dazu, dass er die Euro-Frage nicht beantwortet und stattdessen wiederholt darauf besteht, dass hier nur Zeit vertrödelt wird. Das ist kompletter Irrsinn. Das ist Frank Stronach.

Stronach, Bucher

APA/Herbert Neubauer

Frank, Josef

Bucher

In die erste Runde gegen Frank Stronach zu gehen, ist sowas wie der schwarze Peter dieses TV-Wahljahres. So ein Gespräch könnte nicht mal der kreativste Spin Doctor vorab einschätzen. Dabei hat Bucher eh nicht so viele Botschaften unterzubringen: "Genug gezahlt" und "Wir schaffen es in den Nationalrat". Während Frank seine Redezeit konsequent überschreitet, dreht sich Bucher bisweilen hilfesuchend zur Moderatorin. Der Gipfel dieses Holt-mich hier-raus-Auftritts: Buchers Angebot, er könne ja auch gehen. Frank Stronach wiederum gibt sich einzigartig unangenehm: Wiederholt startet er Untergriffe und abschätzige Kommentare zu den unternehmerischen Fähigkeiten des Kontrahenten.

Die aktuelle Stunde. Nimm DAS!

  • Um 20.15 startet auf FM4 die aktuelle Stunde. In unserer ersten Sendung begleiten wir Außenminister Michael Spindelegger zur internationalen Gartenbaumesse in Tulln, inspizieren die Arbeitsbedingungen auf SPÖ-Veranstaltungen und suchen jenen eine Stimme, die eigentlich keine haben dürften. Infotainment mit Anstand und Würde, jeden Freitag bis zur Wahl um 20:15.

Schließlich definiert Stronach auch noch den Begriff des "Dirty Campaigning" neu: Er wirft Bucher vor, sich ein schönes Leben zu machen, während der Vater den heimatlichen Betrieb schupft. Richtig ungut, richtig brutal. Stronachs Jobangebot, sollte "der Josef" einmal arbeitslos werden, hat dagegen fast etwas Sentimentales. In den Umfragen nach der Konfrontation lag Bucher vorn. Aber liefert Stronach nicht eigentlich genau das, was Freunde von gepflegtem Politainment erwarten? Wir wissen nun, dass Stronachs gewohnte Skurrilität durchaus steigerungsfähig ist. Und geht es nach seinem mitteilsamen jungen Anhänger, hat Frank sowieso immer recht. Weil ja die Wirtschaft wichtig ist.

Strache

Eine Runde zuvor begegnen einander die einzigen Parlamentsparteien, die sich nicht zur sogenannten Mitte zählen. Wie sozialistisch die FPÖ und wie bürgerlich die Grünen eigentlich auch immer sein mögen – zwischen diesen Tischhälften liegen Welten. So wirkt es zumindest. Strache tendiert mit den Jahren immer mehr zu gepflegter österreichischer Wurschtigkeit. Den faustschwingenden Rabauken gibt er vielleicht gerade noch am Viktor-Adler-Markt, im Fernsehstudio inszeniert sich der FPÖ-Chef als eine Art letzter echter Österreicher. Er ist das Opfer: Die linke Jagdgesellschaft belästigt seine Partei mit Fake-Accounts auf Facebook, und was auch immer die FPÖ in schwarzblauen Zeiten auf die Seite geräumt haben mag, geht ihn nichts an. Strache ist schließlich erst zuständig, seitdem der blaue Phoenix aus der Knittelfelder Asche gestiegen ist. Und die Sache mit dem libyschen Geheimdienst hab ich nicht kapiert. Aber sie hat großes OTS-Potential.

Strache, Thurnher, Glawischnig

APA/Herbert Neubauer

Heinz-Christian, Ingrid Thurnher, Eva

Glawischnig

Glawischnig hat einen klaren Auftrag. Die in den letzten Monaten ordentlich ins Wanken geratenen Grünen brauchen dringend mediale Erfolge. Nach der Mariahilfer-FuZo-Operette, einem seltsamen Spaß-Wahlkampf und der bedingt aussichtsreichen Strategie, mit jeder erdenklichen Koalitionsvariante zu flirten, besinnt man sich auf einen alten Dauerbrenner. Antifaschismus. Nicht so plump, wie er als lästiges P.S. in Interviews mit jungen SPÖ-Funktionären gerne angaloppiert, sondern mit Herzblut vorgetragen. Eine ungewohnt angriffige Grünen-Chefin überrascht mit wiederkehrenden Verweisen auf Herz und Seele und wie sehr es sie dort schmerzt, wenn sie mit der FPÖ zu tun hat.

Eines von Alfred Hitchcocks Markenzeichen waren seine Cameo-Auftritte in den eigenen Filmen. Irgendwann hatte er die diesbezüglichen Erwartungen des Publikums aber satt. Er absolvierte die Cameos fortan möglichst zu Filmbeginn, damit sich die ZuseherInnen anschließend auf das Wesentliche konzentrieren. Eine ähnliche Rolle kommt in österreichischen Polit-Diskussionen dem sogenannten "Taferl" zu. Das wäre mit Eva Glawischnigs Korruptions-Kalender erledigt und alle "Haha, a Taferl"-Tweets outdated. Jetzt bitte damit aufhören.

P.S.:

Wegen Akku-Leistungsknick konnte ich während der Diskussionen kein Social-Media-Monitoring betreiben. Und im Nachhinein muss ich sagen: Ich kann das nur empfehlen.

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Die aktuelle Stunde