Erstellt am: 3. 9. 2013 - 18:39 Uhr
Fußball-Journal '13. Eintrag 37.
Das ist das Journal '13, die heuer im Gegensatz zu 2003, '05, '07, 2009 und 2011 nicht regelmäßige oder gar tägliche Web-Äußerung in ungeraden Jahren - Heute wieder mit einem Eintrag ins Fußball-Journal 13.
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Der Kader für die WM-Qualifikations-Matches gegen Deutschland am 6.9. und Irland am 10.9.:
Tor: Robert Almer (Cottbus/ D), Heinz Lindner (Austria), Ramazan Özcan (Ingol-stadt/D). Auf Abruf: Thomas Gebauer (Ried).
Abwehr: György Garics (Bologna/ITA), Florian Klein (Salzburg), Aleksandar Dragovic (Dyn. Kiew/UKR), Sebastian Prödl (Werder/ D), Emanuel Pogatetz (Nürnberg/D), Manuel Ortlechner, Markus Suttner (Austria), Christian Fuchs (Schalke/D). Auf Abruf: Thomas Hinum, Thomas Reifeltshammer (Ried), Christopher Trimmel, Christopher Dibon (Rapid), Martin Hinteregger, Andreas Ulmer (Salzburg).
Mittelfeld: David Alaba (Bayern/D), Julian Baumgartlinger (Mainz/D), Christoph Leitgeb (Salzburg), Veli Kavlak (Besiktas/TUR), Zlatko Junuzovic (Werder/D), Guido Burgstaller (Rapid), Andreas Ivanschitz (Levante/SPA), Martin Harnik (Stuttgart/D), Marko Arnautovic (Stoke/ENG). Auf Abruf: Raphael Holzhauser (Augsburg/D), Yasin Pehlivan (Bursaspor/ TUR), Florian Mader, Alexander Grünwald, Daniel Royer (Austria), Jakob Jantscher, Marco Meilinger (Salzburg), Marcel Sabitzer (Rapid).
Angriff: Philipp Hosiner (Austria), Marc Janko (Trabzonspor/TUR), Andreas Weimann (Aston Villa/ENG). Auf Abruf: Rubin Okotie (Austria), Robert Zulj (Ried).
Verletzt/Rekonvaleszent: Franz Schiemer (Salzburg), Alexander Gorgon, Tomas Simkovic (Austria), Patrick Bürger (Mattersburg), Deni Alar (Rapid).
Teamrücktritte: Alexander Manninger (Augsburg/D), Martin Stranzl (Gladbach/ D). Paul Scharner hat seine Karriere beendet.
Nicht nominiert: Michael Gspurning (Seattle/USA); Ekrem Dag (Gaziantep Spor/TUR), Markus Berger (Odessa/UKR), Georg Margreitter (Kopenhagen/ DEN); Stefan Kulovits (Sandhausen/D), Stefan Ilsanker (Salzburg), Clemens Walch (Ried), Dieter Elsneg (Grödig), Marko Stankovic (Austria); Darko Bodul (Odense/ DEN), Atdhe Nuhiu (Sheffield Wed/ENG), Erwin Hoffer (Düsseld./D).
Ebenso unberücksichtigt: Robert Olejnik (Peter-borough/ENG), Jörg Siebenhandl (Neustadt), Christian Gratzei (Sturm), Marco Knaller (Sand-hausen/D); Florian Hart (Sönderjysk/ DEN), Mario Sonnleitner (Rapid), Niklas Hoheneder (RB Leipzig/D), Christian Klem (Sturm); Thomas Piermayr (Lille-ström/NOR), Johannes Ertl (Portsmouth/ENG), Michael Madl, Manuel Weber, Anel Hadzic, Daniel Beichler (Sturm), Stefan Hierländer, Georg Teigl (Salzburg), Andreas Lasnik (Panionios/ GRE), Haris Bukva (Hajduk Split/CRO), Ümit Korkmaz (Ingolstadt/D), Christopher Drazan (Kaiserslautern/D), Rene Gartler (Ried), Martin Pusic (Brann Bergen/ NOR), Benjamin Sulimani (Stavanger/NOR), Roman Kienast (Austria).
Marcel Koller setzt seit bereits einer gefühlten Ewigkeit auf Kontinuität; und zwar eine ordentlich weitreichende: Er hat seinen Kader zur geschlossenen Gesellschaft erklärt. Dabei setzt er auch auf Bankdrücker, schleppt in Verein Aussortierte mit, redet Sünder stark und probiert seit über einem Jahr genau gar nix mehr aus.
Das klingt eigentlich übel; ist aber angesichts der anstehenden Aufgaben (WM-Quali-Spiele mit zunehmend entscheidenderem Charakter) die vielleicht bestmögliche Stategie.
Kollers Rechnung ist simpel: Auf die 5% Steigerung, die er durch den immer zielgenauen Einsatz der tatsächlich aktuell besten Fußballer des Landes erreichen könnte, verzichtet er - und zwar zugunsten einer Atmosphäre der Gemeinschaftlichkeit und des Glaubens an die eigenen Stärken.
Wenn Koller gegen alle Vernunft seinen Glauben an den angeschlagenen Janko, den ausschlagenden Arnautovic, den arbeitslosen Almer, den schlimmen Finger Burgstaller oder die drei Dauer-Reservisten bei Red Bull demonstriert, dann strahlt er etwas Pastorales aus, in seinem Fall natürlich etwas Zwinglihaftes, ganz helvetisches Bekenntnis. Und der Gemeinde bleibt nichts, als diese Beseelung zur Kenntnis zu nehmen.
Pastor Koller, die Sünder und das helvetische Bekenntnis
Um es an einem praktischen Beispiel abzuklären: Wenn Koller Austria-Kapitän Ortlechner teamnominiert, dann sind die Sonnleitners der Republik angepisst - den Teamspirit aber hebt eine solche Tat natürlich ungemein. Weil es Koller eben nicht um die aktuell grad Auffallenden, sondern um jene Spieler geht, die das Gesamtlevel zu pushen imstande sind.
Außerdem hat Koller (im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die weder Respekts- noch Vertrauenspersonen waren; auch weil sie sich deutlich weniger intensiv einbringen wollten in diesem Job) einen ausgesprochen guten Draht zu seinen Schäfchen. Ich unterstelle einmal, dass Koller um den Wechsel von Jakob Jantscher nach Holland wusste und ihn deshalb nur abrufnominierte - damit der in Salzburg völlig demoralisierte Flügel sich jetzt beim neuen Verein aufrichten kann. Im Gegensatz zum Sitzenbelieber Christoph Leitgeb, der (auch deshalb) im Teamtrainingslager eingefangen wird.
Ich denke auch, dass Koller der erste außerhalb der Familie war, dem Arnautovic von seinem Stoke-Wechsel erzählt hatte. Same for Dragovic und Kiev. Und ich schätze, dass Koller auch lange vor Paul Scharner gewusst hatte, dass der unberechenbare Purgstaller seine Karriere ohnehin vor der WM beenden würde, und so getrost auf ihn verzichten konnte. Scherz, klar, aber so abwegig auch wieder nicht.
Obsorge und Gemeinwesen overrulen Leistungs-Prinzip
Aus dieser Sorgfalt, aus dieser Obsorge- und Obhutspflicht von Kaplan Koller ist ein Umfeld gewachsen, in dem sonst Problematisches nicht so viel zählt. Dass sich Kollers Kapitän Fuchs gerade ganz warm anziehen muss bei Schalke ist genauso wurscht wie Hosiners geplatzter Auslands-Traum oder die bereits sattsam durchgekauten Janko/Arnautovic-Probleme.
Im Teamcamp schütteln das alle ab, als hätten sie Teflonhaut.
Dies wiederum ist der aktuelle große Unterschied zum DFB-Team.
Dort, in ein seit Jahren vom Team Löw mit viel Arbeit extrahaltfest und superstabil konstruiertes Umfeld platzen aktuell nahezu ausschließlich Krisen-Kinder hinein. Und allein die schiere Überzahl der deutschen Problemfelder könnte zu einem psychologisch ordentlichen Nachteil führen.
Es geht dabei nicht um die Verletzten (Schweinsteiger, Götze, Gündogan, Podolski), sondern um die Besorgten und Verwirrten.
Team Deutschland: verletzt, besorgt, verwirrt, geswitcht
Besorgt ist einer, dessen Wechsel keine Erlösung im Arnautovic'schen Sinn darstellen, sondern eher wie eine Flucht daherkommen (Özil), und auch sein Real-Kollege (Khedira), der sich die Sinnfrage stellen muss.
Verwirrt sind jene, die von Coach Guardiola auf ein nächsthöheres Level transportiert werden und damit leise Probleme haben. Müller und Kroos wirken verhalten und selbst Neuer unterlaufen (zuletzt im Supercup) ungewohnte Fehler. Und ja, wenn ein Spieler intelligent genug ist, sich im Kopf auf einen Wechsel-Job einzustellen, dann ist es Philipp Lahm. Alaba schafft den Switch zwischen Außenverteidigung und Mittelfeld-Zentrale ja auch. Nur: Alaba ist das gewohnt, für Lahm ist der Rollenwechsel neu.
Dazu kommt die ungelöste Frage der Innenverteidiger-Philosophie: Soll man dem Mertesackerismus oder dem Hummelsismus folgen. Und überhaupt, der ewige Zank zwischen Dortmundern und Bayern...
Selbstverständlich reichen zwei, drei oder vier deutsche Superstars in überdurchschnittlicher Tages-Form, um all diese Vorfeld-Probleme wegzuwischen wie Merkel die Aussitzer-Argumentation der Opposition. Wenn Müller und Reus einmal ins Rollen kommen, dann gnadeunsgott. Aber wenn es beim deutschen Team von Beginn an nicht so rund läuft, können diese und andere Baustellen (z.B. noch links hinten) sich zu einer dunklen Wolke formieren.
Mit festem Glauben raus aus dem Tal der dunklen Wolken
Der worst case beim ÖFB kommt wesentlich unintellektueller daher; und er wurde im Test gegen Griechenland bereits zur Genüge vorgeführt: Eine solche Ziel- und Mottolosigkeit kann in den beiden bevostehenden Matches gar nicht passieren.
Zum Irland-Heimspiel in einer Woche lässt sich noch wenig sagen: Zum einen werden die Karten nach den Freitagspielen (Irland hat parallel zum Deutschland-Match Schweden daheim) psychologisch neu gemischt, zum anderen setzt König Trapattoni bereits seit Jahrzehnten so stark auf sein System der personellen Kontinuität, dass man es nur noch als schiere Redundanz lesen kann. Da fällt der ÖFB-Vorteil dieser Woche dann wieder flach.