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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

24. 8. 2013 - 12:10

Mädchen an die Instrumente und auf die Bühne!

Das, könnte man sagen, ist die Devise des Girls Rock Camp, das heute mit einem Konzertabend in Hollabrunn in Niederösterreich zu Ende geht.

Vielleicht wird in Hollabrunn gerade die Zukunft des Rock und Pop in Österreich geschmiedet. Warum? Weil dort auf dem Girls Rock Camp gerade viele neue junge Bands entstehen.

Girls Rock Camps gibt es weltweit, um dem Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern in der Populärmusik ein bisschen entgegen zu wirken. Da treffen sich Mädchen eine Woche lang, probieren Instrumente aus, gründen Bands, schreiben Songs.

Die österreichische Version des Girls Rock Camp hat seit letzten Sonntag im niederösterreichischen Hollabrunn stattgefunden. Heute ist die **Abschlussparty**, mit vielen Konzerten, einer DJ-Line und veganem Buffet!

Maya, Anja und Klara sitzen vor mir auf dem Bühnenrand, Anja in der Mitte mit einer akustischen Gitarre, sie spielen mir einen Song vor, den sie gestern geschrieben haben. Anja zupft die Gitarre und summt, Maya pfeift, Klara fängt an zu singen: "Ich seh alles durch meine Seifenblase"… so fängt der Song an.

Wie ist er entstanden? möchte ich wissen und Anja erzählt: "Wir sind nach zehn vom Camp weggegangen, zu unserem Hotel. Dort haben wir uns wie jeden Tag auf die Feuerleiter gesetzt und einfach angefangen zu spielen. Und dann ist dieser Song herausgekommen!" Maya ergänzt: "Das ist das erste Mal, dass wir in unserer Muttersprache deutsch singen! Es ist ein schönes Gefühl sich mal in seiner eigenen Sprache auszudrücken!" Thematisiert wird mit der Seifenblase das Eingesperrtsein im Irrealen, erklärt Klara.

So läuft das also beim Girls Rock Camp - am Feierabend wird noch schnell ein Song komponiert – dabei ist es ja nicht so, als hätten die Teilnehmerinnen nicht sonst schon den ganzen Tag mit Musik zu tun: Es gibt Instrumenten-Workshops, es wird das Songwriting verfeinert, Radiomachen erlernt und vieles mehr. Unterstützt werden die Teilnehmerinnen dabei von Bandcoaches – das sind Musikerinnen, die selbst in Bands spielen. Heuer sind das zum Beispiel Vera Kropf von Luise Pop, Christina Nemec oder die Berliner Rapperin Sookee. Dabei geht es auch darum, den Mädchen reale und greifbare Vorbilder zu geben. "Das finde ich total toll", sagt Maya "Frauen, die es zu was gebracht haben, die uns ihren Weg erzählen. Das ist auch sehr motivierend!"

Bass Workshop am Girls Rock Camp

Lisa Kainz/Girls Rock Camp

Was die Teilnehmerinnen und Coaches immer wieder erstaunt, ist, dass innerhalb der begrenzten Zeit einiges weitergeht: "In einer Woche gründet man eine Band und dann hat man gleich das Konzert – da sieht man dann wie schnell das eigentlich geht!" sagt eine Teilnehmerin. Eine andere, die schon zum zweiten Mal da ist, erzählt, dass man es schafft vier Songs in einer Woche zu schreiben und einzustudieren.

Girls Only

Insgesamt geht es beim Camp nicht darum, die perfekte Band hervorzubringen und damit sofort auf Tour zu gehen. Es geht darum, einen Raum für Selbstermächtigung zu haben und sich auszuprobieren. Deswegen ist das Girls Rock Camp weiterhin ein Girls Only Raum: Manchen Teilnehmerinnen ist das nicht wichtig, sie freuen sich darüber, Gleichgesinnte zu treffen und Musik zu machen. Andere finden den geschützten Raum schon wichtig, sie haben das Gefühl unter Mädchen vertrauter miteinander umgehen zu können oder, dass man mehr ausprobieren könne, ohne dass einer etwas peinlich sein muss.

Apropos Vorbilder:
Alexandra Augustin hat anlässlich des World Drummer Days eine sehr supere Liste sehr superer Drummerinnen veröffentlicht.

Einig sind sich alle, dass es mit Burschen schon anders wäre am Camp. "Vielleicht gäb's mehr Spannung, zwischen den Mädchen und Burschen. Man benimmt sich ja auch anders, weil man die beeindrucken will", meint eine, eine andere sagt: "Die würden ein Mädchen vielleicht nicht so gerne ans Schlagzeug lassen, oder sagen 'Ich kann das besser'"

Schneeballeffekt

Gesangworkshop, Girls Rock Camp

Lisa Kainz/Girls Rock Camp

Zum 3. Mal findet das Girls Rock Camp in Österreich statt. Mittlerweile lässt sich auch schon ein kleiner Schneeballeffekt erkennen erzählt Ulli vom Organisationsteam: "Einerseits kommen Teilnehmerinnen über andere, die letztes Jahr da waren. Heuer haben auch ehemalige Teilnehmerinnen selbst Workshops gehalten, die Technik gemacht oder den Abschlussabend organisiert." So dehnt sich der Kreis der potenziellen musikinteressierten Menschen, die auch gerne mitmachen, von Jahr zu Jahr aus.

Noch ist das Girls Rock Camp recht ostösterreichlastig, die Organisatorinnen hoffen aber, dass mit verschiedenen kleineren Workshops neue Musikerinnen in Westösterreich gefunden werden, die vielleicht bald ihre eigenen Camps veranstalten. Auch international vernetzen sich die Girls Rock Camps, vor 3 Wochen hat in Schweden zum Beispiel eine Konferenz der Europäischen Camps stattgefunden. Ziel ist es, ein europaweites Netzwerk von Musikerinnen aufzubauen. Diesem Netzwerk werden die Mädels, die letzte Woche in Hollabrunn gesungen, geschrammelt und gezupft haben, dann hoffentlich auch angehören.