Erstellt am: 24. 8. 2013 - 15:00 Uhr
Keiner da?
The Fullbright Company
Es ist eine dunkle und stürmische Nacht im Juni 1995, als Kaitlin nach Hause zurückkehrt. Ein Jahr lang war sie durch ganz Europa gereist, doch niemand ist da, um sie zu empfangen. Nicht ihre Eltern und nicht ihre jüngere Schwester Sam. Das Haus ist leer. Nur ein Brief hängt an der Tür, in dem Sam ihr kryptisch erklärt, es täte ihr leid dass sie nicht hier sein könnte und die Eltern dürften nichts erfahren. Und da wir ja gerade erst das Jahr 1995 schreiben, hat noch nicht jeder ein Smartphone bei der Hand über das man ihn oder sie jederzeit erreichen könnte.
Was ist hier los?
Wo sind alle? Was zum Henker ist passiert?
Diese Fragen gilt es in Gone Home, dem ersten Spiel des kleinen Indiegamestudios The Fullbright Company, zu klären. Und zwar indem wir das leere Haus erkunden, auf der Suche nach Hinweisen.
Kaitlins Familie ist erst während ihres Europatrips in dieses Haus gezogen, daher ist das Haus für sie so fremd und neu wie für uns als Spieler. Zimmer für Zimmer tasten wir uns voran, tappen im Dunkeln und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Draußen ist es finster und es regnet, wir sind allein und ratlos und keiner ist da. Diese Gesamtsituation ruft bei uns das Gefühl hervor, wie wenn wir als Kind vor einem dunklen Zimmer gestanden sind und uns davor gefürchtet haben hineinzugehen. Das hektische Tasten nach dem Lichtschalter, daran erinnert Gone Home uns.
The Fullbright Company
Durch diverse Hinweise erfahren wir, dass das Haus ursprünglich unserem psychisch kranken Onkel gehört hat und allgemein als das "Psycho-Haus" bezeichnet wird. Solche Details, das Setting und Anspielungen auf Genrekonventionen von Horror-Games und -Filmen schaffen Spannung. Man weiß ja nicht, was einen erwartet oder was hier passiert ist. Ich will hier auch nicht viel verraten, da die Ungewissheit einen guten Teil der Spielfreude ausmacht.
Wie in Adventures üblich können wir uns durch das Haus bewegen und diverse Gegenstände aufheben und betrachten. Manche davon sind irrelevant, andere helfen uns, das Geheimnis um den Verbleib unserer Familie ein Stückchen weiter zu lüften. Zu Zweiterem zählen zum Beispiel zerknüllte Notizen im Mistkübel, alte Rechnungen oder Kalendereinträge.
Detektivisch finden wir dadurch nicht nur heraus, was passiert ist, sondern lernen unsere Familie kennen. Wir erfahren einiges über das Leben unserer Eltern, aber vor allem über das der jüngeren Schwester Sam. Sie geht zur Highschool und ist unter den gleichaltrigen Teenagern eher eine Außenseiterin, bis sie eine Freundin names Lonnie findet. Die versorgt sie vor allem immer wieder mit Musik - hauptsächlich Riot Grrrl Bands aus den 1990ern. Immer wieder finden wir Kassetten die wir abspielen können. Das ist nur eines von vielen Details die die Geschichte und die Welt in Gone Home zu einer runden Sache machen.
Allgemein gilt: je weniger man vor dem Spielen über Gone Home weiß, desto besser. Man braucht für das Spiel auch kein erfahrener Gamer sein. Das einzige was man kritisieren könnte, ist die relativ kurze Spielzeit. In durchschnittlich 3-6 Stunden ist man durch, und ob einem das 18,99€ wert ist, muss man sich überlegen. Aber mir persönlich ist eine spannende Kurzgeschichte lieber als ein dicker Wälzer voller Landschaftsbeschreibungen.