Erstellt am: 23. 8. 2013 - 13:25 Uhr
Planschen in Neuseeland
Sonne, baden und es krachen lassen. Jetzt ist die letzte Chance, bevor alle Blätter sich braun verfärben und die herbstliche Melancholie musikalische Überhand nimmt. Der Sommerausklang in den folgenden Stücken wird eher laut als leise zelebriert. Ob ihr dazu auch wirklich noch einmal in die Bäder eures vertrauens plantschen geht?
Lass dich fallen ...
Einen Pool haben. Das galt ja vor allem in den 1980igern als anzustrebender, ultimativer Luxus. Dass es kein aufblasbares Planschbecken sein sollte, das in einer dunklen Ecke des Betonhintergärtchens flankiert von hohen Häusern steht, war auch klar. Und trotzdem geht es bei den Oberösterreichern Bilderbuch wieder um Kindheitserinnerungen. Jedoch diesmal um jene, die sich in Form von unlöschbar scheinenden gut gemeinten Ratschlägen tief ins Unbewusste der Kindheitsseele eingebrannt haben. So folgt logischer Weise die Rebellion der Kinder auf dem Fuße. Visuell beeindruckend und unglaublich stylisch umgesetzt, kann man von "Plasch" gar nicht genug bekommen. Nachdem der letzte Tropfen Champagner von den blond gefärbten Haaren auf die erde tropft, will man sofort wieder den unheimlichen Beat hören und die dazu gezeigten vorstadtidyllischen Pools sehen. Ein Video auf Repeat, bis einem das Wasser die Haut aufweicht.
... im Soundmeer ...
Und da soll noch mal jemand sagen, instrumentale Musik habe keinen Kick. Die Band Lehnen beweist mit dem Song "Draw From What You Know" eindrucksvoll das Gegenteil. Es ist nämlich nicht immer notwendig, den Gesang als thematisches Transportmittel aufzugreifen. Denn wir alle haben sie schon erlebt, die Situationen, in denen man eigentlich nichts zu sagen hat und auch nicht wüsste, wie man die gefühlten Emotionen überhaupt in Wort packen sollte. Diese Momente dürfen bei dem österreichischen Quartett in den letzten eineinhalb Jahren häufig vorgekommen sein. Und doch ist die Liebe und nicht der Tod das beherrschende Thema von "I See Your Shadow", das am 20. September veröffentlicht wird. Dieser reduziert in Schwarz und Weiß gehaltener Vorbote destilliert mit der hinzukommenden visuellen Ebene die Essenz heraus, um was des den Musikern geht:
Do the best you can, have fun with it, and stop looking to the future for change. Change is everywhere you choose to see it.
... und geh auf der Mariahilferstraße spazieren ...
Sie trinken nicht, sie rauchen nicht, sie nehmen keine Drogen und tanzen können sie auch nicht. Man könnte sagen, die Wiener
The Boys You Know sind die Antithese zu MGMTs "Time To Pretend". Und doch mimen sie die heimischen Hippster-Gangster der alten Mariahilfer Straße. Auch der Ring wird zu dem schmucken Pixies-ähnlichen Gitarrenriff in schicken achtzigerjahre Klamotten unsicher gemacht. In "Wake Up" folgen wir der Band dann auch noch in den Prater, wobei die slow-motion-Aufnahmen vom Autodrom sicher ein Highlight sind. Selbst wenn hier nicht mit verzerrten Gitarren und Rockattitüden geklotzt wird, ist das doch ein schöner Ausklang zum heißen Sommer.
... bis du nach Neuseeland kommst!
Auch wenn diese Bilder schon einige Wochen auf dem Buckel haben so fügen sie sich doch recht gut für einen Sommerschlußverkaufssoundtrack. Denn mit "Neuseeland" liefern The Who The What The Yeah wohl ihre bislang beste Nummer ab. Sowohl textlich als auch musikalische Hackt sich dieser Rocksong im Gehirn fest und man bekommt ihn nur schwer wieder heraus. Vielleicht liegt es an den schnittigen Gitarrenriffs oder doch am drogigen Orgelsound? Vielleicht sind es auch die schönen Sprachbilder mit - wenn man ihn hinein interpretieren möchte - tieferem Sinn. Auf alle Fälle ist es ein großartiges Ventil für angestaute Emotion, ein tanzbarer und kontrollierter Wutausbruch, der keine Scherben hinterlässt. Und während hier nochmal wild ein Rockfinale zelebriert wird, fallen draußen weiter die angebräunten Blätter.