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Trishes

Beats, Breaks und Tribe Vibes - oder auch: HipHop, Soul und staubige Vinyl-Schätze.

21. 8. 2013 - 20:30

"What is competition? I'm tryna raise the bar high!"

Kendrick Lamar bringt mit einem wütenden Gastvers für Big Sean das HipHop-Internetz zum Wackeln - eindeutig ein Fall für den HipHop-Lesekreis.

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Soviel Aufruhr um eine Rap-Strophe hat es schon lange nicht mehr gegeben: Letzten Montag veröffentlichte der aus Detroit stammende Big Sean als Promohäppchen einen Song namens Control, der es aus Samplegründen nicht auf sein kommendes neues Album Hall Of Fame schaffen wird. Eine sieben Minuten lange Rap-Zelebration ohne Refrain wäre auch so schon bemerkenswert, aber Big Sean wird hier zudem trotz eines für seine Verhältnisse ambitionierten Verses auf dem eigenen Track weit in den Schatten gestellt. Als Gäste hat er sich nämlich mit Jay Electronica und Kendrick Lamar zwei sehr kompetente Kollegen mit ins Boot geholt - und speziell Kendrick stiehlt mit seinem drei Minuten langen Rap-Rant allen die Show.


Ein Teil der Aufregung beruht dabei auf einem klaren Missverständnis: In den Zeilen

I'm important like the Pope, I'm a Muslim on pork
I'm Makaveli's offspring, I'm the King of New York

erklärt sich Kendrick einerseits nicht nur zum neuen König von New York, sondern auch zu 2Pacs Sohn und zu einem Schweinefleisch-essenden Muslim (do the math!), andererseits hat er sich den Großteil davon bei Westcoast-Legende Kurupt geborgt (zu hören bei 0:49) - dessen Vers 2010 nicht annähernd dasselbe Aufsehen erregt hat.

Kendrick Lamar

Kendrick Lamar

Kendrick Lamar

Später im Vers ruft Kendrick Lamar zu mehr friendly competition auf - und erwähnt dabei einige Kollegen namentlich:

I'm usually homeboys with the same niggas I'm rhymin' with
But this is hip-hop and them niggas should know what time it is
And that goes for Jermaine Cole, Big KRIT, Wale
Pusha T, Meek Millz, A$AP Rocky, Drake
Big Sean, Jay Electron', Tyler, Mac Miller
I got love for you all but I'm tryna murder you niggas

Die genannten Kollegen fühlten sich scheinbar nicht persönlich angegriffen - sie haben aufmerksamkeitsökonomisch von diesem Namecheck auch eher profitiert. Dafür liefen aber letzte Woche einige andere Rapper aus der Geburtsstadt des HipHop sofort ins Studio, um Antworttracks aufzunehmen - größtenteils solche, deren Karriere gerade nicht so gut läuft, wie sie es gerne hätten.

Unverzeihlich wäre, wenn bei all der Aufregung um Kendricks vermeintliches Postulat der Omnipotenz, Jay Electronicas Vers ignoriert würde. In den ersten paar Zeilen streut er sich Blumen als einen metaphorischen Steg auf die Dächer der Magnolia Projects, wo er aufgewachsen ist, durch die Fluten von Katrina - in denen New Oleans versunken ist. Ein großartiges Beispiel dafür, wie er es schafft, politisch, biographisch und sozialkritisch zu sein, ohne das Raster seiner spirituell gefärbten Poesie zu verlassen. Er ruft Nachrichtenbilder in Erinnerung, wo die Ärmste der Armen auf den Dächern des überfluteten New Orleans und vergeblich auf Hilfe oder Eingreifen vom Staat warteten:

I Earth, Wind, and Fire’d the verse, then rained on the hook
The legend of Dorothy Flowers proclaimed from the roof
The tale of a magnificent king who came from the nooks
Of the wild magnolia, mother of many soldiers
We live by every single word she ever told us
Watch over your shoulders
And keep a tin of beans for when the weather turns the coldest

Das hat der Lesekreis bestehend aus Mahdi Rahimi, Ole Weinreich, Natalie Brunner und mir in puncto Control zu sagen:

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