Erstellt am: 19. 8. 2013 - 15:58 Uhr
Fußball-Journal '13. Eintrag 35.
Das ist das Journal '13, meine heuer (wegen Jungvater-Pflichten) im Gegensatz zu 2003, '05, '07, 2009 und 2011 nicht sehr regelmäßige oder gar tägliche Web-Äußerung in ungeraden Jahren.
Heute wieder mit einem Eintrag ins Fußball-Journal 13.
Das Gute an dieser womöglich entspannt verlaufenden Saison ist, dass keine Welt einstürzt, wenn sich Austria Wien nicht für die Champions League qualifiziert und auch niemand zusammenbrechen muss, wenn sich weniger als drei Bundesliga-Teams für die Europa League qualifizieren. Für eine unaufgeregte Konsolidierung auf dem mittlerweile halbwegs okayen Level, auf dem sich die Handvoll Spitzenteams des Landes bewegen, macht das keinen Unterschied.
Denn schätzungsweise werden Nationalmannschaft und die Juniorenteams des ÖFB (denn die gehören zu diesen Spitzen dazu) ebenso wie Austria und Salzburg, wahrscheinlich auch Rapid international halbwegs gut mithalten können, sich ohne große Aussetzer bewähren; vielleicht gelingt einer dieser Mannschaften auch etwas Überraschendes, Größeres.
Wichtig ist, dass (bewusst) eingeschlagene (und gut durchdachte) Wege nicht hektisch verlassen werden. Und da sich, nicht nur im ÖFB, sondern auch bei Red Bull und irgendwie selbst bei den Wiener Großclubs der Gedanke durchgesetzt hat, dass es nicht die Schmähbrüder und Kolumnisten sind, die einen ins internationale Geschäft bringen, sondern die schlauen Vorausdenker und Strategen, ist das nicht unbedingt zu befürchten.
Tanz um Champions- und Europa-League-Qualifikationen
Für Europa stellen sich diese und nächste Woche die drei vergleichsweise gefestigten Club-Teams des Landes an.
Im Fall der Austria Wien wird die Qualität der Gegnerbeobachtens, Spielplanerstellung und des Coaching den Unterschied zwischen erster und zweiter Spielklasse ausmachen. Hätte sich Nenad Bjelica bisher (also im Vorjahr beim WAC und in den ersten paar Spielen bei der Austria) als gewiefter Taktiker und gut eingreifender Dirigent vorgestellt, würde ich sagen, dass sein Team eine Chance auf die Königsklasse hat. Aber Bjelica ist weder ein Peter Stöger noch ein Manfred Schmid, schon gar nicht kann er der Kombination der beiden das Wasser reichen. Bjelica ist ein Vorsichtl, ein Traumined. Die Austria wird nur dann eine Chance haben, wenn sich aus den beiden Spielen heraus die Möglichkeit für günstige Turnarounds ergibt: Es bleibt also an den Spielern und dem Zufall hängen.
Aktuell reicht das in der österreichischen Liga nicht für ganz vorne: dort steht zurecht Red Bull Salzburg. Die können sich tendenziell nur selber schlagen, was im Match gegen eine kaputte Sturm-Truppe gut zu erkennen war. Anstatt deren lächerlichen Auftritt in Halbzeit 1 mit fünf Toren zu bestrafen, spielen die Bullen wie die Katze nur mit dem halbtoten Mauserl herum - und in Halbzeit 2 entkommt es.
Salzburger Mauserln und eingebunkerte Grazer
Solange sich zentrale Akteure (Kampl, Mane, Alan) durch diverse Flausen ablenken lassen, solange der Jantscher/Leitgeb-Brandherd schwelt und so lange Roger Schmidt immer wieder Wechsel-Fehler unterlaufen, so lange wird Salzburg weiterhin nur einen Teil dessen abrufen, was möglich ist. Das allerdings ist auch einem auf Unruhe und dauernde Allesinfragestellungen gebautem Haus geschuldet.
Dass Rapid bei der neusortierten und vom viele körperlich unangenehm berührenden Geh-kumm-heast-Haberer-Trainer befreiten Admira nichts reißen konnte, hat mehr mit deren kurzfristig veränderter Gefühligkeit zu tun, als mit dem Zustand in Hütteldorf. Rapid befindet sich tatsächlich in einer Zwischensaison, in der die künftigen sportinvaliden Oldies einerseits und die ganz ganz Jungen andererseits geradezu für eine hohe Schwankungsbreite sorgen müssen.
Von einer ebensolchen Saison reden die Verantwortlichen der peinlich an Europa gescheiterten Mannschaft von Sturm Graz auch - nur ist das ebenso eine Ausrede wie alles andere, was man derzeit aus dem zur reinen Bunkerstimmung gefrorenen Camp hört. Eine kleine Handvoll wirklicher Neuzugänge, von denen aktuell eh nur einer spielt - da muss niemand ein neues Team aufbauen. So miserabel wie Coach Milanic seine Leute einsetzt und so elend, wie sich die Mannschaft etwa in Halbzeit 1 am Samstag präsentiert hat, so lächerlich ist es, das auf ein Trauma aus der Hyballa-Ära zurückzuführen.
Weichenstellungen und Richtungsentscheidungen
Sturm findet sich zurecht auf Platz 9, während der WAC unter Slobodan Grubor dahinter steht ohne so recht zu wissen warum: alles was im Vorjahr noch gut ging, fällt diesmal auf die Gatsch-Seite; dabei sehe ich in Wolfberg echtes Entwicklungs-Potential.
Logischerweise in der unteren Hälfte der Tabelle: Neustadt und Innsbruck, sowie die sorglos an einen Blender-Checker überantwortete Admira, die sich seitdem sichtlich befreit.
Logischerweise in der oberen Hälfte neben den Europa-Streitern: Grödig. Das war ein Durchmarsch mit Ansage; und im Gegensatz zu den letztjährigen Debut-Läufen (Admira, WAC) hat der von Grödig auch strategische Substanz.
Einzige Überraschung: die SV Ried, die - im Gegensatz zu Maulhelden wie Sturm - wirklich ein neues Team einarbeiten müssen, das auch noch deutlich unter dem Level der Abgänge (Meilinger, Hadzic) liegt.
In der Liga drunter belegt Red Bull II, das gut investierte Finanzkraft tatsächlich fußballspielen kann. Aufstiegs-Favorit bleibt Altach mit dem gnadenlos fokussierten Damir Canadi. St. Pölten fällt, erstmals seit Jahren, eine (in der 1.Liga eh normale) zu dünne Personaldecke auf den Kopf und der SV Horn, die vierte von mir hier als bemerkenswert eingestufte Mannschaft dieser Liga, findet langsam in die Gänge.
Sympathen und andere Außenseiter
Schneller auf Kurs: die Vienna unter Kurt Garger, der Antithese des Sympathikus. Der hat den (selber unterfertigten) Katastrophen-Kurs von Gerhard Fellner schnell beendet - sonst wäre die Vienna wohl mit einer Minus-Punkt-Anzahl in die Winterpause gegangen. Und das nicht mittels einer Schimäre namens Trainer-Effekt, sondern einer Abkehr vom dümmlichen, flachen 4-4-2 seines Vorgängers und spielergerechten Einsatz-Zonen.
Die letztens für mich noch nicht einschätzbaren Hartberger haben sich (ähnlich wie Altach, Horn und Liefering) für einen Dreier-Angriff entschieden, der sie erstaunlich weit nach vorne brachte. Das erinnert an die Paschinger, das Überraschungs-Ei aus der letzten Cup-Saison, die Donnerstag im lauschigen Estoril europäisch spielen dürfen, dort keine Chance haben, also nur positiv auffallen können.
Wie günstig die Ausgangslage ist, zeigt sich etwa auch hier.
Damit liegen sich genau im statistischen Mittel. Selten waren entscheidende Tage zur europäischen Qualifikation so positiv prä-konnotiert. Selten konnte so wenig schief gehen. Im Gegensatz zum Wurscht-Phänomen beim Nationalteam geht es ja auch für alle um etwas. Ohne übermenschlichen Druck, aber mit nötiger Bestimmtheit. Zeit etwas zu zeigen.