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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

17. 8. 2013 - 15:28

Die Büchse des Major Lazer

Der komprimierte Irrsinn europäischer und karibischer Clubmusik: Major Lazer im Nightpark beim FM4 Frequency Festival.

FM4 Frequency

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Wahnsinn, geschüttelt, nicht gerührt: Diplo, Walshy Fire und Jillionaire sind drei Dressman mit James-Bond-Coolness und der Überlegenheit geheimer Waffen: Luftschlangen- und Konfetti-Kanonen, CO2-Pistolen, leicht bekleidete Frauen und eine richtig fiese Beat-Büchse mit extremem Rückstoß. Jeder Knall hat Drall und detoniert im Dancehall.

publikum im nightpark

Christian Stipkovits

Watch out for this Bumaye-Madness! It´s catching!!!

Major Lazer, die von Diplo erfundene Comic-Figur eines Soldaten hat im Nightpark, einer ehemaligen Kaserne, leichtes Spiel auf hohem Niveau. Die Hits kommen alle aus der Konserve, von den 30 Gästen des letzten Albums „Free the Universe“ ist niemand mit dabei. So bleibt mehr Zeit für die Show:

Diplo ist der fahnenschwingende Zeremonienmeister auf dem Boxenturm, Walshy Fire der einpeitschende MC und Jillionaire bedient die Abspielgeräte. Daneben turnen zwei Tänzerinnen über die Bühne, die bei „Bubble Butt“ von einigen Girls aus dem Publikum in Sachen Twerkin unterstützt werden. Wenn Diplo dann auch noch Geldscheine über die in sehr expliziten Stellungen arschkreisenden Frauen regnen lässt, ist das ziemlich sexistisch.

Aber Political Correctness ist Major Lazer egal. Viel Zeit zum Nachdenken und Deuten bleibt auch nicht, denn sofort kommt der nächste Break, Bass oder Beat um die Ecke, der die Kinnlade aus Erstaunen auf Kniehöhe droppen lässt.

Das Konzert ist eine atemlose Show, ein wilder Ritt durch zirka alles, was an elektronischer Musik, Hip Hop und Dancehall Spaß macht und zum Tanzen zwingt. Major Lazer exportiert tropikale Rhythmen wie Reggae, Ragga, Moombathon und Soca Pop aus der Karibik und fusioniert sie mit europäischer Clubmusik wie Electro und Dubstep. Das Ergebnis überzeugt: Feuerzeuge und inbrünstige Publikums-Chöre bei „Get Free“. Motivierte Menschen, die sich auf Befehl das T-Shirt vom Leib reißen, es wie einen Helikopter über den Köpfen rotieren lassen und in die Höhe schmeißen. Ein Saal, der kollektiv zu Boden sinkt und auf ein Zeichen hin wieder aufspringt. Chef-Ekstatiker Diplo tanzt in einer durchsichtigen, aufgeblasenen Plastikkugel über die Köpfe der Menschen hinweg, quasi Crowdsurfen im sicheren Ganzkörperkondom.

Den sehr gut ausgedachten, schweißtreibenden Irrsinn führen Major Lazer an diesem Tag bereits zum zweiten Mal auf. Denn am frühen Abend haben sie beim belgischen Pukkelpop-Festival den Slot von Neil Young übernommen. Was kommt als Nächstes? Left Boy statt Bruce Springsteen?

Nur wenige, mit denen ich nach dem Major-Lazer-Spektakel spreche, finden Worte der Kritik: Ein Typ vergleicht den Stadion-füllenden Electro-Craze mit David Guetta und zwei Mädels aus dem Publikum sind traurig, weil sie nicht die ganze Zeit auf der Bühne tanzen konnten. Aber das wars dann auch mit dem negativen Feedback. Glückliche, verschwitzte Gesichter überall, wund-getanzte Füße, ein leichter Tinnitus, heisere Stimmen, verschmissene T-Shirts. Eine Party-Bilanz, die sich sehen lassen kann und mit einem relativ kitschigen, aber dann auch wieder sehr passenden Cover von Bob Marleys "One Love" beendet wird.