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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

29. 7. 2013 - 14:21

Klischee olé

Mit "Die Werkstürmer" läuft endlich eine "romantische Komödie" aus Österreich in den Kinos - und dann fällt sie derart aus der Zeit.

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Das Plakat erinnert unweigerlich an Komödien mit Jennifer Aniston, jedoch nicht an die Ausnahme "Und dann kam Polly": Hilde Dalik und Michael Ostrowski machen ihre Arbeit auch nicht schlechter als KollegInnen in Hollywood. "Die Werkstürmer" ist eine österreichische "romantische Sommerkomödie", so die Produktionsmitteilung. So weit, so mutig von Regisseur Andreas Schmied, sich an dieses hierzulande verschmähte Genre zu wagen. Das könnte richtig gut werden.

Allein: Herausgekommen ist ein Film, der derart auf Konsens schielt, als wolle er in den Sommerkinos Sechs- und Achtzigjährige zugleich unter den Sternen und in der Abendwärme entspannt wegnicken lassen. Auch eine Leistung, wenn man so will.

Plakat zu "Die Werkstürmer" zeigt eine Frau und einen Mann in aneinander angelehnter Pose

Thimfilm

Dabei hätte "Die Werkstürmer" gewichtige, tatsächlich höchst relevante Themen im Drehbuch: Den zwischenmenschlichen Konflikt, wenn die eine Liebe in die Stadt ziehen will, obwohl doch beide Landkinder waren und der andere sein Zuhause und seine Arbeit in der Industrie im Ort hat. Shareholder Value vor Arbeitsrecht, die Austauschbarkeit von Arbeitskräften und die Abhängigkeiten ländlicher Bevölkerung von den noch verbliebenen Industriellen - diese brennenden Themen verglühen im Film. Das Stahlwerk im Zentrum des Geschehens und real die Maschinenfabrik Liezen ist ein fantastischer Schauplatz - im Vorspann. Ein animierter Fußball aus den ersten Sekunden hüpft in die erste Szene und Michael Ostrowski als Patrick Angerer im "FC Stahlwerk"-Leiberl am Platz setzt seinen ersten Satz und Sieg: "Wos hast Abseits, du Schlumpf!".

Aber "Die Werkstürmer" ist keine Komödie, wie "Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott" es war. Die Lacher im Kinosaal sind bestenfalls leise und äußerst begrenzt. Die Romantik wird für das, dem Genre erforderliche Happy-End aufgespart. Bussi.

Hilde Dalik

David Ruehm / Thimfilm

Konsensfindung und Klischeesdreschen

Die Babs, gespielt von Hilde Dalik, kehrt als Gewerkschaftsanwältin in ihr Heimatdorf zurück. Denn der Juniorchef des örtlichen Stahlwerks interessiert sich mehr für sein Mittagessen als für Lohnerhöhungen und hat sich mit seinem ehemaligen Studienkollegen auf Deals klar im Abseits eingelassen. Die Personen sind mehr Figuren als Charaktere. Innere Konflikte interessieren nicht, äußere Konflikte werden mit im Kreis marschierenden und Streikschilder hochhaltenden Arbeitern illustriert.

In den ersten Minuten würde man eine kleine Gesangseinlage eines Protagonisten sofort in Kauf nehmen und höchstwahrscheinlich gut finden. Dass dann bis zum Ende niemand singt, ist fast enttäuschend. "Die Werkstürmer" weckt Reminiszenzen an Filme mit Peter Kraus und Conny Frobes, die frühnachmittags im Fernsehen liefen, wenn man bei seinen Großeltern zu Gast war. Die Konflikte sind bekannt, der Ausgang ebenso, doch man schaut sich das an, weil man die SchauspielerInnen schätzt.

Fußballmannschaft steht vor Fabrikstor, Still aus "Die Werkstürmer"

David Ruehm / Thimfilm

"Seid's jetzt komplett deppert worden?" - "Dir auch Hallo!"

Ostrowski gibt den netten Kerl, den Werksarbeiter Angerer Patrick, der nicht blöd ist, aber in wichtigen Momenten nicht gesagt hat, was er vielleicht gedacht hat. Darum glaubt auch das ganze Dorf zu wissen, wo sein Leben schief lief. Toll sind jene Sekunden, in denen Ostrowski im Bus mit den Ersatzarbeitern schwindelt. Manuel Rubey spielt den aalglatten Karrieremann im Anzug, noch glatter als bisher gesehen. Marion Mitterhammer hat einen Kurzauftritt als kühle Investmentmanagerin mit Pelzstola. Klischees scheinen die größte Inspirationsquelle.

Die Werkstürmer läuft seit vergangener Woche in den österreichischen Kinos.

Duelle werden am Fußballplatz ausgetragen. Wer den Kurzfilm "The Making of Futbol" gesehen hat, wird daran erinnert: Schon 2009 versammelte Michael Ostrowski in geteilter Regie mit Off-"Theater im Bahnhof"-Kollegen Helmut Köpping für dieses Fake-Making-Of obersteirische ländliche Bevölkerung am Bolzplatz.

Manuel Rubey und hinter ihm zwei Männer mit verschränkten Armen

David Ruehm / Thimfilm

"The Making of Futbol" war wagemutig, "Die Werkstürmer" macht trotz seines Kreuzungsversuchs von Arbeiterdrama und Romantikkomödie kaum mehr Eindruck als ein fader Fernsehfilm. Schade.