Erstellt am: 25. 7. 2013 - 12:12 Uhr
Unter Beobachtung
Alles zum Popfest Wien auf fm4.orf.at/popfest
Ein Panoramabild der heimischen Poplandschaft erstreckt sich vier Tage lang quer über den Wiener Karlsplatz. Bei freiem Eintritt kann man sich seine Lieblingsbands anschauen, Neuheiten entdecken oder sich einfach treiben lassen.
Das Eurosonic ist ein wichtiger Mulitplikator der Musikindustrie, denn dort finden sich jährlich alle wichtigen Festival-Booker Europas ein, um Ausschau nach neuen Acts zu halten.
Das Popfest bekommt auch hohen Besuch aus dem Ausland: eine paar Gesandte des Eurosonic-Festivals kommen dieses Wochenende nach Wien und suchen Bands, die im Jänner 2014 am wichtigsten Showcase-Festival Europas in Groningen in den Niederlanden spielen werden. Denn das Eurosonic-Festival hat nächstes Jahr einen Fokus auf Österreich.
Gerard
Auf deutschsprachigen Hip-Hop-Websites brodelt es wegen Gerard schon seit Monaten. Die Single "Lissabon" schaffte in den Jahrescharts 2012 des deutschen HipHop-Magazins Juice unter die "Top 10 Songs National". Die Auszeichnung ehrt, auch wenn Gerard gar nicht aus Deutschland, sondern aus Oberösterreich, genauer gesagt aus Wels kommt. Dass er die deutsche Nationalität umgehängt bekommen hat, kann nur an seinem idiomfreien Rap oder schlechter Recherche liegen.
Blumen wurden ihm auch schon von Casper gestreut, zu dem auch eine stilistische Nähe besteht: Gerard rappt einfühlsame Texte über zeitgenössische Beats und Breaks.
Gerard, Freitag, 1 Uhr, TU Prechtlsaal
Zahlreiche Klicks bei Youtube sprechen ebenso für ihn und die Kommentare unter den Videos verdeutlichen die Übergangsphase, in der er sich befindet: die einen schreiben, dass er noch viel mehr Klicks verdient, die anderen finden, er soll doch im Underground bleiben. Diese Diskussion wird das im Herbst kommende Album "Blausicht" entscheiden.
Gudrun von Laxenburg
Gudrun von Laxenburg, Samstag, 2 Uhr, Brut
Neuigkeiten im Hause von Laxenburg: die Singer/Songwriterin Eloui macht jetzt bei dem analogen Techno-Punk-Trio mit. Okay, nur bei einer Nummer, "Moving Waters Don´t Freeze", die am Urban Art Forms Festival ihre Weltpremiere gefeiert hat. Eloui hat sich auch in das optische Konzept des blinkenden, weißgetünchten GvL-Umspannwerks eingefügt: ihr blitzblaues Kleid wurde mit LEDs verziert, die im Takt geblinkt haben. Die Nummer ist eine entschleunigte Electro-Pop-Hymne, die auch auf dem Debüt-Album von GvL zu finden sein wird. Erscheinungstermin hoffentlich bald, Datum ungewiss.
Ernesty International, Donnerstag, 2 Uhr, Brut
Kennengelernt haben sich Gudrun und Eloui bei der
Ghost Capsules
Ghost Capsules, Samstag, 1 Uhr, Brut
Ghost Capsules war in letzter Zeit etwas vom Pech verfolgt: ihre Weltpremiere beim Linzfest ist wegen eines Sturms wortwörtlich ins Wasser gefallen, danach wurden auch ein paar Konzert-Termine in Deutschland abgesagt. Umso mehr freue ich mich, sie beim Popfest endlich live zu sehen. Der musikalische Kopf der Truppe, Tim Simenon ist gerade sehr fleißig: nach dem Ghost Capsules Debüt-Album im April hat er im Mai ein weiteres Album seines Projekts Bomb the Bass herausgebracht und auch am nächsten Ghost Capsules Album wird schon wieder geschraubt. Es kann also gut sein, dass man noch gänzlich unbekannte Songs beim Konzert im Brut am Samstag hören wird.
In jedem Mädchen ein Hafen
In jedem Mädchen ein Hafen, Donnerstag, 22.30, Wien Museum (Balkon)
Es gibt auch ein Popfest-spezifisches Bandprojekt namens In jedem Mädchen ein Hafen. Hinter diesem schönen Wortspiel stecken die Cellistin Meaghan Burke und die Sängerin Mimu Merz. Sie haben letztes Jahr mit der Formation Loose Lips Sink Ships auch schon beim Popfest gespielt, jetzt versuchen sie es zu zweit. Nachdem Meaghan in New York und Mimu in Paris lebt hat ihr Popfest-Projekt lange Zeit nur in Form von Sound-Skizzen und Tonschnipsel existiert, die sich die beiden via Mail hin- und hergeschickt haben. Seit Samstag wird intensiv geprobt, denn die beiden haben weniger als sieben Tage, um ihre Welt zu erschaffen. Die beiden waren am Dienstag auch im Funkhaus bei einer Acoustic Session zu Gast und haben einen Song eingespielt, der noch so neu ist, dass er noch gar keinen Namen hat.
Mimu Merz spielt auch am Sonntag mit Ritornell um 21 Uhr in der Kalrskirche
Vielleicht fällt euch ja ein passender ein? Es ist die musikalische Replik auf eine verzweifelte Schönheitskönigin aus Iowa, die Meaghan in der New Yorker U-Bahn belauscht hat. Die Gute war am Boden zerstört, dass sie mit 25-Jahren schon zu Alt für die Miss-America-Wahl war und deshalb nichts mehr mit ihrem Leben anzufangen weiß. Traurig.
Chronic City
Chronic City, Donnerstag, 23.30 Uhr, TU Prechtlsaal
Dream-Pop aus Österreich, der aber auch aus Australien kommen könnte. Denn Australien ist die Heimat von sonnigen Electro-Pop-Bands wie Empire of the Sun oder Parachute Youth. Das Wiener Songwriter-Duo hat sich nach einem Roman von Jonathan Lethem benannt und hat einen Fetisch für Field-Recordings: sie verarbeiten Geräusche aus Sri Lanka, London, Berlin, Wien, Kambodscha oder Meeresrauschen aus Lima, das auf dem chill-wavigen "Key Biscayne" zu hören ist. Chronic City laden sich auch gerne Gäste wie Florian Horwath, Henri Joel oder Martin Haiden ein, die man eventuell auch bei ihrem Konzert im Prechtelsaal der TU begrüßen kann.
Koenig Leopold
Koenig Leopold, Samstag, 23 Uhr Brut
Das letzte Koenig Leopold Konzert im Brut war mir ein Volksfest. Beim Viennese Soulfood Festival im April haben Lukas König und Leo Riegler auch Visuals in ihr Konzert mit eingebunden, die es in sich hatten: Menschen, unten ohne, die mit Fleischklumpen auf ihren Genitalien gespielt haben (so genau hab ich das nicht gesehen, ich hatte die Brille nicht auf) oder eine junge Frau, die in eine neue und echte Louis-Vuitton-Clutch geschissen hat. Konsumkritik mal anders, das Publikum war fassungslos, irritiert und schwer amüsiert. Man darf gespannt sein, was sich der verbal-akrobatischen Avantgardisten dieses Mal fürs Brut überlegt haben!