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Paul Pant

Politik und Wirtschaft

24. 7. 2013 - 16:45

Planquadrat Nationalratswahl

Während die Abgeordneten zum Nationalrat im Urlaub sind, müssen ihre Herausforderer von den Kleinparteien vor den Gemeindeämtern stehen und Unterschriften sammeln. Business as usual, so steht es im Gesetz.

Bei 32 Grad vor den österreichischen Gemeindeämtern stehen und Leute überzeugen, dass sie eine Unterstützungserklärung für eine Partei unterschreiben, ist nicht gerade der prickelndste Sommerjob. Zum Beispiel vergangenen Donnerstag in Salzburg am Mirabellplatz: neben NGOs, die Spendengelder sammeln, den Zeugen Jehovas, die Erlösung versprechen und sonstigen Interessensgruppen haben sich sechs der gut ein Dutzend Parteien aufgefädelt. Stand an Stand, Planquadrat und Spießrutenlauf. Anders geht es aber auch nicht: Sie brauchen nämlich bis zum 2. August 2.600 Unterstützungserklärungen.

Einen Zwischenstand, welche Partei, wie viele Unterstützungs-Erklärungen gesammelt hat gibt es auf neuwal.com

Von Amtswegen

Wer zur Nationalratswahl mit einer eigenen Partei antreten will, der findet sich schnell am Gemeindeamt wieder. Dort müssen nämlich die Unterstützungserklärungen von den Unterstützungswilligen persönlich unterschrieben werden. Unter den gestrengen Augen einer Beamtin oder eines Beamten. Dabei wird der Lichtbildausweis kontrolliert und die Identität festgestellt. Damit aber nicht genug: man darf natürlich nicht auf irgendein Gemeindeamt gehen, sondern nur am Gemeindeamt des Hauptwohnsitzes vorstellig werden. Auf der Erklärung muss dann noch der exakte Wortlaut der Partei stehen, denn Abkürzungen können zur Ungültigkeit führen. Und nicht zuletzt, man darf auch nur eine Partei unterstützen. Wer mehrmals unterschreibt, wird wieder gestrichen. Alles nicht so einfach.

Wahlurne

apa/GEORG HOCHMUTH

3 vs. 2600

„Einfacher“ ginge es natürlich auch: wenn drei Abgeordnete zum Nationalrat unterschreiben würden. Das zählt nämlich gleich viel, wie 2600 Unterschriften vom gemeinen Bürger. Dass die Kleinparteien aber von dieser Seite keine Unterstützung bekommen, ist irgendwie naheliegend. Der letzte Trick, um das Prozedere einfacher zu gestalten, wäre, mit einem Notar von Tür zu Tür gehen und um Unterschriften zu bitten. Dieser könnte dann vor Ort die Identität beglaubigen. Das Honorar dafür kann man sich in etwa ausmalen. Beides also keine Option. Und zu guter Letzt gibt es noch einen genauen Schlüssel, wie viele Unterschriften in jedem Bundesland gesammelt werden müssen, natürlich von Landtagswahl zu Gemeindewahl zu Nationalratswahl verschieden.

Auf den Internetseiten der Kleinparteien gibt es vorgedruckte Unterstützungserklärungen zum Runterladen, die man am Heimat-Gemeindeamt abgeben kann. Auch auf der Seite des Innenministeriums bekommt man das Unterstützungs-Formular.

Warum nicht einfach?

Dass in Zeiten von Bürgercard und Co. noch immer eine Wahlordnung aus der netzlosen Zeit gilt (von 1971), verstehen die Kleinparteien durch die Bank nicht. Ihre Ideen, wie man das Vorwahlsystem in Österreich reformieren könnte lassen sich ganz allgemein mit der Frage zusammenfassen: Warum nicht im Internet?

Niki Scherak von den Neos versteht nicht, warum man Steuererklärungen seit Jahren online abgeben kann, aber Unterstützungserklärungen für Parteien nicht. Die Piraten würden das Vorwahlsystem an die Bürgercard andocken und so einfacher gestalten. Daniela Platsch von Der Wandel sagt, dass durch das aktuelle System etwa die Hälfte der Menschen, die sie unterstützen wollen, wegen bürokratischer Hürden dann doch nicht unterschreiben können. Und Helga Vereno von den Monarchisten sieht im aktuellen Vorwahlsystem ein Demokratiedefizit, da drei Unterschriften von Abgeordneten mehr gelten als 2600 BürgerInnen.

Kalkül?

Dass es gewisse Hürden für die Kandidatur von Kleinparteien gibt, ist nachvollziehbar sagt Wolfgang Bauer von den Piraten. Es ist auch nicht sinnvoll, dass jede Spaßpartei antreten kann wenn sie will, trotzdem müsse man die Hürden niederschwelliger anlegen und vor allem vereinheitlichen, da es für jede Wahl unterschiedliche Wahlordnungen gibt.

Dass die etablierten Parteien kein Interesse an so einer Reform haben, sagt Robert Marshall von der EU-Austrittspartei. Da gehe es um Machterhalt, sagt er. Auch dass das Unterschriftensammeln im Juli stattfinden müsse, wo die meisten ÖsterreicherInnen auf Urlaub bzw. nicht am Hauptwohnsitz seien, stört ihn. Sein Vorschlag, das Vorwahlsystem zu reformieren ist auch der Einzige ohne www. Er würde alle Parteien Unterschriften sammeln lassen und mit diesen Listen sollen die BeamtInnen der Gemeindeämter selber aktiv werden und die Wahlberechtigung und Identität im Anschluss feststellen.

Endspurt

Und wie sieht es derzeit aus, eine Woche vor dem Abgabetermin der Unterstützungserklärungen? Bundesweit haben nur die Neos, die Sozialistische Links-Partei (SLP) in Wien, die KPÖ in Tirol und die Piraten ebenfalls in Wien und der Steiermark genügend Unterschriften gesammelt. Die Christliche Partei Österreich (CPÖ), der „links-progressive“ Wandel (Der Wandel), die EU-Austrittspartei, die Neue Partei, Die Partei Sozial Liberales Österreich (SLÖ), Das Team2013, die Männerpartei und die Monarchisten brauchen noch UnterstützerInnen.