Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Lähmender Lustmolch"

Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

20. 7. 2013 - 16:12

Lähmender Lustmolch

Larry Laffer, der Klassiker der interaktiven Erwachsenenunterhaltung, ist zurück und quält uns mit zotigen Witzchen, grottiger Grafik und überholter Spielmechanik.

In den 80er Jahren war Computerspielen in vielerlei Hinsicht abenteuerlich. Die Technik war durchwachsen und schwer zu handhaben, die Spielideen unkonventionell und das Game Design oft unterirdisch. Das hat aber nichts ausgemacht, weil diese Spiele alleine durch ihre Existenz, ihre Interaktivität und allgemein durch ihr neuartiges Wesen verblüffend waren.



Auch die "Leisure Suit Larry"-Serie ist in diese experimentelle Sturm-und-Drang-Phase der Computerspiele gefallen. Die 1978 in Los Angeles gegründete Games-Entwickler- und Vertriebsfirma Sierra On-Line hat sie als eine von vielen Adventure-Serien gestartet. Bekannte klassische Erzählsettings sollten dabei abgedeckt werden, von Fantasy ("King's Quest") und öffentlicher Sicherheit ("Police Quest") über Science Fiction ("Space Quest") und Krimi ("Gabriel Knight") bis hin zur sogenannten Erwachsenenunterhaltung mit "Leisure Suit Larry".

Larry Laffer ist ein 40-jähriger Loser, der in einer Art Fake Las Vegas seine Jungfräulichkeit verlieren und dabei gleichzeitig das Kunststück vollbringen möchte, die Liebe an sich kennenzulernen ("wants to find his true love"). Der Sukkus des Spiels: aufgetakelte Frauen mit verschämtem Kichern, Schokolade und Drinks verführen. Das Geld dafür und für all die Taxifahrten muss bei diversen Glücksspielautomaten "verdient" werden.

Eine Spielcasino-Szene aus dem Computerspiel "Leisure Suit Larry Reloaded".

Replay Games

Bei Larry wird man schon rot und kreischt "Perv!", wenn Brüste groß sind und Kondome gekauft werden. Zotige Witze und seichte sexuelle Anspielungen sollen lustig und verzeihbar gemacht werden, indem eine lächerliche männliche Spielfigur als Katalysator benutzt wird. 1987 war "Leisure Suit Larry" heftig gepixelt, gab bloß Piepstöne von sich und hat Aktionen nur dann ausgeführt, wenn man sie als Text eingetippt hatte. Das hat den eigentlichen Spielinhalt so abstrahiert, dass all die konservativ-pubertären Hihi-Witzchen gar nicht so aufgefallen sind. Doch vor kurzem hat der damalige Autor Al Lowe mit Hilfe einer Crowdfunding-Kampagne den ersten Teil von "Larry" wieder aufleben lassen. Das originale Flair des Spiels sollte dabei erhalten bleiben, und so können wir uns jetzt wegen der neuen Grafik und der kompletten Vertonung leider nicht mehr durch technische Restriktionen ablenken lassen. Man wird nun quasi gezwungen, sich vollends der doofen, sexistischen, angestaubten und vor allem unlustigen Geschichte zu widmen.

Der Protagonist Larry Laffer vor der Bar "Lefty's" im Computerspiel "Leisure Suit Larry Reloaded".

Replay Games

Okay, der alten Zeiten wegen kann man sich ja mal wieder auf den schmierigen Schmäh des Originalspiels einlassen, wenn zumindest die Rätselaufgaben in Ordnung gehen. Doch auch hier ist kaum etwas verändert worden – und das ist hinsichtlich Game Design eine Katastrofe. So muss Larry beispielsweise immer zwischen unterschiedlichen Schauplätzen mit dem Taxi wechseln – und das kostet Geld. Neues Geld gibt's aber nur am Glücksspielautomaten, wo man naturgemäß oft auch verliert. Das Ergebnis: ein lähmendes Spiel im Spiel, das darauf hinausläuft, wieder und wieder Spielstände zu speichern und zu laden.

Na gut, aber sieht "Leisure Suit Larry Reloaded" wenigstens schick aus? Immerhin hat die Kickstarter-Kampagne über 650 000 US-Dollar eingebracht. Doch verblüffenderweise wirkt das neue Larry visuell trotzdem so, als ob es ein durchschnittlich begabter Grafikstudent im ersten Semester schnell mal in Flash zusammengestückelt hätte. Die Animationen sind hakelig, die hässlichen Figuren wurden unpassend in die Hintergründe reingepappt. Nur die Nahaufnahmen der Frauen, die von Larry verführt werden können, sind in all ihrer stereotypen Pracht weichgezeichnet.

Eine gezeichnete Frau mit braunen Haaren und großen Brüsten im Computerspiel "Leisure Suit Larry Reloaded".

Replay Games

"Leisure Suit Larry Reloaded" ist für Windows, MacOS und Linux sowie für Android und iOS erschienen.

Von Inspiration ist beim neuen, alten "Leisure Suit Larry" keine Spur. Hier ist man selbstgefällig dem Irrtum erlegen, ein Verkaufshit aus 1987 sei ein Computerspielklassiker, den die Welt nochmal braucht. Viele, die jetzt in ihren 30ern und 40ern sind und Larry als Jugendliche gespielt haben, finden das Spiel vielleicht aus Nostalgie oder fehlgeleitetem Humor auch heute noch unterhaltsam. Alle anderen – vor allem Adventure-Fans – sollten den größten Bogen um den langweiligen Larry machen. Wer trotzdem nicht anders kann, als sich das mal ansehen zu müssen, kann genauso gut die alte Neuauflage von 1991 spielen.