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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

17. 7. 2013 - 16:30

Fingerakrobatik in der Röhre

Der Wiener Grafikdesigner Philipp Luftensteiner entwickelt im Alleingang das schicke Geschicklichkeitsspiel "Engine-Twins".

Spiele haben den Vorteil, dass ihnen eine gute Geschichte zwar oft einen Mehrwert einbringt, aber nicht notwendig zum Erfolg beitragen muss. Wo etwa in bildender Kunst oder Film abstrakte Darstellungen und experimentelle Ästhetik selten mehrheitsfähig sind, können abstrakte Computerspiele mit einer verblüffenden Durchschlagskraft über Jahrzehnte hinweg begeistern. Beste Beispiel: "Tetris", oder in jüngerer Zeit auch der Match-3-Klassiker "Bejeweled".

In Wien Hadersdorf wird derzeit an einem abstrakten 3D-Spiel gebastelt, bei dem man zwei Gegenstände durch eine sich ständig verändernde Röhre bewegen muss. Das Game heißt "Engine-Twins" und hat kürzlich bei einem Kreativwirtschaftswettbewerb die Jury überzeugt - und das, obwohl nur eine Person hinter dem Spiel steckt. Der 30-jährige Philipp Luftensteiner ist Grafiker und Programmierer. Seit einigen Jahren beschäftigt er sich immer wieder auch mit Spieleentwicklung.

Philipp Luftensteiner präsentiert sein Computerspiel "Engine-Twins".

Jogi Neufeld, SUBOTRON

Philipp Luftensteiner präsentiert die Elemente in "Engine-Twins".

Philipp liebt abstrakte Welten und interaktive Experimente. Er hat transmediale Kunst studiert und pendelt gekonnt zwischen technischer Raffinesse und hohen gestalterischen Ansprüchen. "Engine-Twins" ist nicht sein erstes Spiel, aber es soll sein bisher größtes und auch zugänglichstes Projekt werden. Philipp neigt dazu, es der oder dem Spielenden nicht einfach zu machen. Neben seiner Leidenschaft, unkonventionelle Spiele zu machen, kommt bei seinem aktuellen Projekt deshalb auch die Herausforderung hinzu, das Spiel zugänglich zu halten.

"Engine-Twins" erschließt sich einem zwar nicht auf den ersten Blick. Worum es geht, wird aber recht schnell klar. Zwei Gegenstände, die Twins eben, werden von beiden Händen durch eine Röhre gesteuert und müssen Dinge einsammeln, Kollisionen vermeiden und diverse Rätsel lösen. Ideal geeignet ist das für ein Touch-Gerät wie etwa das iPad. Philipp möchte "Engine-Twins" aber auch auf normalen Desktop-Computern spielbar machen. Die Lösung: als Eingabegerät benutzt man einfach ein Smartphone. "Die Idee dazu habe ich schon lange und es liegen in den Tiefen meiner Festplatte noch weitere ähnliche Prototypen. Die Wii U hat das mit den beiden Screens von mir geklaut", kommentiert er sein Interface, vielleicht nicht ganz ernst gemeint.



Die spielerische Besonderheit an "Engine-Twins" ist das gleichzeitige Steuern mit zwei Figuren über den gesamten Bildschirm hinweg. Anfangs ist es immer so, dass die linke Figur mit der linken Hand gesteuert wird und dir rechte mit der rechten Seite. Bald schon verdrehen sich aber die Seiten, was anfangs schwer zu koordinieren ist. Wenn sich das Hirn mal an die ungewöhnliche Steuermethode gewöhnt hat, funktioniert das Lenken der Twins aber verblüffend gut und intuitiv. Man kann den Einzelspielermodus auch zu zweit spielen, da muss man sich laut Philipp aber schon gut aufeinander einlassen. Eine erfolgreiche, gemeinsame Partie "Engine-Twins" als Liebesbeweis? Möglich, aber auch alleine kann man die Herausforderung suchen: Wenn man nämlich statt mit zwei Händen mit zwei Fingern einer Hand die "Engine-Twins" lenkt.

"Engine-Twins ist noch in Entwicklung, im Herbst sollte dann eine spielbare Alpha-Version fertig sein. Dafür kann man sich auf der Website anmelden.

Technisch ist "Engine-Twins" schon gut fortgeschritten, die Levels und das spielerische Finetuning hinken aber noch ein wenig hinterher – darauf möchte sich Philipp Luftensteiner in den kommenden Monaten konzentrieren.

Hintergrundgeschichte oder irgendeine Art von Storytelling werden dabei aber nicht notwendig sein. "Danach hat mich noch nie jemand gefragt und es ist auch nicht notwendig. Das sind einfach die Engine-Twins."