Erstellt am: 13. 7. 2013 - 13:35 Uhr
Noch im grünen Bereich?
Mit einem Megaphon ruft ein Mann im Gastgarten des Parkhouse im Grazer Stadtpark die plaudernden Gäste auf mitzukommen: da hinüber, auf die Wiesen neben dem Ententeich. Es ginge um den Stadtpark und um das Parkhouse. Von den Gästen stehen aber nur zwei auf. Auf der Wiese indes warten an die achtzig Menschen. Via Facebook-Gruppe "Occupy Stadtpark" wurde ein Vernetzungstreffen angekündigt.
Die Positionierungsspiele, wer denn wegen des Parkhouses und wer wegen dem Stadtpark als öffentlichen Raum an sich gekommen sei, lassen die Initiatoren schnell sein. „Du musst ein bissl was über das Parkhouse-Projekt erzählen“, fordert ein Mann den Initiator mit "Occupy Stadtpark"-T-Shirt auf. Denn der Anlass für diese Entrüstung ist nicht allen bekannt.
Radio FM4 / Maria Motter
Ungebührliche Lärmbelästigung für AnrainerInnen?
Das Parkhouse ist kein Projekt, und es hat auch keines vor. Das Parkhouse ist ein Lokal mitten im ersten Naherholungsgebiet der GrazerInnen. In lauen Sommernächten sind Sitzplätze umschwärmt wie Parklaternen von Insekten, an vielen Abenden legen DJs auf. "Am Freitag vergangener Woche wurde uns plötzlich eine Unterlassung zugestellt, dass wir am gleichen Abend die DJs absagen mussten", sagt Martin Aichmayer, Mitbetreiber des Parkhouse, im Interview. "Das ist eine Interpretation des Veranstaltungsgesetzes, dass auf einmal DJs doch eine Veranstaltung wären."
Mit 1. November 2012 trat in der Steiermark ein neues Veranstaltungsgesetz in Kraft. Geplant war es für die Ski-WM in Schladming, zeitlich ging sich das jedoch nicht aus. Es gibt jede Menge Änderungen im Vergleich zu früher und für Laien geht nicht ganz klar daraus hervor, wo jetzt genau eine "Veranstaltung" anfängt und wann sie zu melden, wann sie anzuzeigen ist und wann man sie bewilligen lassen muss.
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Die Landespolizeidirektion Steiermark mit der Abteilung Sicherheitsverwaltung hat nun durch das neue Landesgesetz die Funktion einer Überwachungsbehörde. Wenn eine Veranstaltung nicht ordnungsgemäß beim Veranstaltungsreferat der Stadt angemeldet oder nicht angezeigt ist, dann hat die Landespolizeidirektion diese zu untersagen. Spielraum gebe es keinen, erklärt der leitende Beamte. Dass man einzig auf das Parkhouse schauen würde, weist der Polizeibeamte ebenso zurück wie Verena Ennemoser vom Veranstaltungsreferat der Stadt. Gegen Veranstaltungen auf den Kasematten am Schloßberg etwa gibt es eine Bürgerinitiative, gegen das Konzert von Peter Cornelius gab es auch Anzeigen. "Wir sind keine Cops!", lacht Ennemoser von der Bau- und Anlagenbehörde, die mit dem neuen Veranstaltungsgesetz Landeskompetenzen übertragen bekam, "sondern wir schauen nur, dass wir das halbwegs umsetzen können".
Bei Fragen: Veranstaltungsreferat der Stadt Graz
Doch was bedeutet das jetzt? Ist jeder DJ-Abend als eigene Veranstaltung zu genehmigen und zwar laut Gesetz vierzehn Tage zuvor?
Ja, wobei man bei der Vierzehn-Tage-Frist Ausnahmen machen könne, da wäre das Veranstaltungsreferat sehr kulant. In jener Lautstärke, für die das Lokal eine Betriebsstättengenehmigung hat, dürfe ein DJ auflegen. Somit muss das Parkhouse ab 22 Uhr die Türen geschlossen halten und darf nur eine gewisse Musiklautstärke spielen. Wollte das Parkhouse lauter werden, müsste es eine neue Betriebsstättengenehmigung machen. Und im Falle des Wunsches nach einer neuen Betriebsstättengenehmigung wären eventuelle neue Anrainer zu berücksichtigen. Etwa von den entstehenden Wohnungen am "Pfauengarten", der an den Stadtpark grenzt.
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Das Parkhouse ist ein Anlassfall, der das neue Veranstaltungsgesetz in den Mittelpunkt rückt. Denn auch andere Institutionen sind davon betroffen und zwar in ihrer Existenz. Simon Hafner aka DJ simon/off und Vorstandsmitglied der IG Kultur hat eine konkrete Forderung: Er will eigene Rahmenbedingungen für nichtkommerzielle Projekte und nichtkommerzielle Vereine. "Sie sind die Wurzeln für das, was in Festivals wie dem Springfestival oder dem Elevate oder auch dem steirischen herbst und in internationalen Galerien weiterlebt. Aber Menschen müssen irgendwie in diese Tätigkeiten hineinwachsen. Und dieses Verständnis fehlt der Stadt komplett", kritisiert Hafner.
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Plötzlich abgedreht?
Die Untersagung des Auflegens im Parkhouse an dem Freitag vergangener Woche kam für viele überraschend. Auch für Heidrun Primas, die als Leiterin des Forum Stadtpark den Alltag im Park kennt. "Ich komm' gerade aus Wien und dass das jetzt so vehement abgestellt ist mitten im Sommer, finde ich echt beunruhigend", sagt Primas. Kritik am Parkhouse wäre bekannt. Die StadtparkbenützerInnen, im konkreten Fall junge Menschen, würden als Problem betrachtet.
"recht.kritisch", eine Gruppe Grazer Studierender und JuristInnen, hat sich gefragt: Was darf die Ordnungswache in Graz?
Es gebe Zeichen, die in eine Richtung zeigen, die sich Primas nicht wünscht: Mit dem Spatenstich für den Bau im Pfauengarten, mit der Aufstockung der Ordnungswache. Mit diesen Verboten, die immer strenger auch durchgesetzt würden - zum Beispiel das Radfahrverbot im Park. Dann die Einzäunung des Pavillons und der Zustand des Brunnens. "Das ist ein Aufzeigen von Zustandsveränderungen hier", sagt Primas.
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Und auch im Alltag sind diese Veränderungen spürbar. Heidrun Primas vom Forum Stadtpark versteht, dass sich eine Szene formiert, die fragt, was da los ist. Man müsse jetzt über die Hintergründe nachdenken: Was kommt?
Die Facebook-Gruppe "Occupy Stadtpark" schmeichelt Martin Aichmayer vom Parkhouse, "aber das ist nicht das Parkhouse, das dies macht".
Erst letzte Woche wurde das Parkpflegewerk Stadtpark präsentiert. Es ist ein von der Stadt in Auftrag gegebener Handlungsleitfaden, also ein mögliches Konzept, wie der Stadtpark zukünftig gestaltet werden könnte. Eine Allee könnte fallen, der Spielplatz könnte wandern. Beim Treffen der "Occupy Stadtpark"-Initiatoren regt es viele auf, dass die Stadt nicht offen spiele. Es geht um einen gemeinsamen Lebensraum und man muss ganz klar auf alle Gruppen schauen, so der Konsens der "Occupy Stadtpark"-Beteiligten.
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Begehrlichkeiten
Hat der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl etwas gegen das Parkhouse? "Ganz im Gegenteil", sagt Nagl. "Der Unternehmer hat schlichtweg keine Veranstaltung angemeldet und deswegen hat ihm die Bundespolizei diese Veranstaltung untersagt". Als "Papa der Stadt" werde Nagl "gemeinsam mit dem Unternehmer diesen Fehler wieder gutmachen". Und selbstverständlich solle das Parkhouse ein "Platz der Jugend" bleiben. Weil ein Platz für Senioren fehle, so Nagl, denkt der Bürgermeister nun laut - und erneut - darüber nach, das Forum Stadtpark zum Café zu machen. Das Forum Stadtpark ist aber kein Café. "Man könnte es machen, da die Kunst ja auch immer nach Möglichkeiten sucht, sich zu finanzieren und von Seiten der öffentlichen Hand nicht so viel da ist, wie gebraucht wird, wäre das vielleicht auch eine Chance, betriebswirtschaftlich noch was draufzusetzen, das den Künstlern zu Gute kommen könnte", sagt Nagl im Interview. Vor zwei Jahren wollte die FPÖ einen Biergarten beim Forum anlegen.
"Wir sagen: Gastro ist bekanntermaßen kein öffentlicher Raum, sondern ein Konsumationszwangsort - wenn man so will -, wo wieder Gruppen ausgesperrt und abgegrenzt sind", entgegnet Heidrun Primas. Immer wieder gibt es Begehrlichkeiten um den Ort.
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Erste Forderungen
Von der Sicherheitspolitik der Stadt mit Alkoholverbot in gewissen öffentlichen Straßen und Plätzen über das aufgehobene Bettelverbot und die restriktive Straßenmusikverordnung zum steiermärkischen Veranstaltungsgesetz ziehen kritische Stimmen einen Bogen. Wer legt hier die Normen fest? Das fragt sich Herbert Danzinger, der sich bei "Occupy Stadtpark" einbringt. Forderungen sollen ganz nach anderen Occupy-Vorbildern von jenen Menschen kommen, die sich einbringen. Gestern waren es an die 100 Personen, zwischen "dem dicken Baum" und "der Birke", die keine ist. Das mit den Blättern schaut man sich gern nochmal an. PfadfinderInnenehrenwort.