Erstellt am: 10. 7. 2013 - 06:00 Uhr
World Wide Women - Als Frau allein auf Reisen
Ich war 18 als ich meine erste Reise allein angetreten habe. Eine Woche Paris. Keine Weltumrundung, aber immerhin. Mit einem Monat Interrail-Erfahrung, die ich im Jahr zuvor mit zwei Freundinnen gemacht hatte, fühlte ich mich schon wie eine Globetrotterin. Ich hatte alles selbst organisiert und war stolz, mich diesmal allein in den Zug zu setzen.
Meiner Mutter gefiel die Idee nicht so gut. Mit zusammengepressten Lippen und Sorgenfalten auf der Stirn hat sie mir am Bahnsteig noch den Ehering meiner verstorbenen Großmutter in die Hand gedrückt und mir einen Rat mit auf den Weg gegeben: "Wenn dir einer blöd kommt, sag' dein Mann kommt gleich!" Ich habe die Augen verdreht, etwas von "Ich pass' schon auf mich auf" in unsere Umarmung gemurmelt, den Ring dann aber doch angesteckt.
Barbara Köppel
Seither hat mich der Ring auf allen meinen Reisen begleitet, und er steht stellvertretend für einen Harem an festen Freunden und Ehemännern, die ich erfunden habe, wenn es mal heikel wurde oder ich einfach meine Ruhe haben wollte. Denn, ja, selbst wenn frau sich für noch so abgeklärt hält, viel auf ihre Menschenkenntnis gibt und generell nicht auf den Mund gefallen ist, es kann etwas passieren.
In der Pariser Jugendherberge wurde ich also prompt von einem nachmittags noch sehr sympathischen Studenten mit alkoholgetränkten Küssen im Schlaf überfallen. In Kuba musste ich wiederholt richtig ausfällig werden, um selbsternannte Beschützer loszuwerden und Mitreisende, die partout nicht verstehen wollten, warum ich nicht zurückflirte, sind mir auch des öfteren untergekommen.
Wer alleine reist, erobert sich die Welt
Natürlich hatte damals am Bahnhof nicht nur meine Mutter ein mulmiges Gefühl im Bauch, sondern auch ich selbst. Anstatt mich allerdings davon zurückhalten zu lassen, habe ich es als Begleiter akzeptiert, der sich bemerkbar macht, wenn meine Mutter sagen würde: "Nein, der Typ will dir nicht einfach nur seine Wohnung zeigen" oder "Ja, sag' dem Busfahrer lieber doch, er soll warten, bis du vom Klo zurück bist".
All die anderen Erlebnisse, die ich unterwegs gemacht habe, wiegen diese kurzen Momente der Unsicherheit aber tausend Mal auf, und haben mich eigenständiger und selbstbewusster gemacht. Ich war krank, ich wurde abgezockt, ich habe mich verlaufen, gefürchtet, verliebt, verletzt und mich ab und zu auch einsam gefühlt - aber ich habe keine meiner Reisen jemals bereut. Deshalb: Fahrt wohin ihr wollt, Mädels! Bereitet euch einfach gut darauf vor und passt auf euch auf. Hier sind ein paar Tipps:
Packen
Reiseblogs von Frauen
Carina Herrmann bietet alles von der Packliste bis zur Kostenkalkulation einzelner Reiserouten.
Doris Neubauer erzählt wunderbare Geschichten und interessiert sich vor allem für soziale und ökologische Aspekte beim Reisen.
Conni Biesalski ist Backpackerin aus Leidenschaft und kann sich gar nicht vorstellen je sesshaft zu werden.
Francesca Miller radelt solo vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer.
Jeanette Fuchs ist die Jetsetterin unter den Reisebloggerinnen: Trolley statt Rucksack und 5-Sterne-Luxus statt Jugendherberge.
Stephanie Yoder ist verlobt und trotzdem solo auf Reisen. Liest man ihre Artikel, will man sich sofort auf und davon machen.
Die National Geographic Autorin Marybeth Bond hat Gesundheitstipps, Statistiken zu allein reisenden Frauen und jede Menge Erfahrung im Angebot.
Egal, wie lang du unterwegs bist, für eine Reise in wärmere Gefilde reicht ein 55-Liter-Rucksack, in den du nicht mehr als 12-15 Kilo packen solltest. Beschränk' dich aufs Notwendigste. Denn auch wenn es mir schwer fällt, das zu schreiben: Das Klischee vom ganzen Kleiderschrank im Rucksack ist bei manchen nicht ganz von der Hand zu weisen.
Barbara Köppel
Um praktisch und schick unterwegs zu sein, braucht es meist viel weniger als man glaubt. Ein cooler Rock und ein nettes Oberteil sollen also ruhig rein ins Gepäck. Wer sich bei der Schuhfrage unsicher ist - und die ist essentiell, weil Schuhe einfach den meisten Platz wegnehmen - orientiert sich an reisebloggerinnenerprobten Packlisten, und steckt ein Paar Flip-Flops, Ballerinas und feste Sportschuhe ein.
Transport
Kurz und bündig: Fährst du mit dem Zug, setz' dich in den Großraumwagen. Fährst du mit dem Bus, setz' dich möglichst nah zum Fahrer. Nachtfahrten solltest du, wenn möglich, komplett vermeiden, auch wenn du dadurch einen Reisetag verlierst und mehr Übernachtungen zahlen musst. Deine Sicherheit geht vor.
Wohnen
Ob man als Frau solo couchsurfen will, muss jede für sich selbst entscheiden. Es kann unheimlich sein. Hotelzimmer wiederum sind oft teuer. In vielen Jugendherbergen und Hostels gibt es ohnehin mittlerweile eigene Zimmer für Frauen.
Gut untergebracht ist man meistens auch bei Gastfamilien, oder du buchst dir eine private Unterkunft über ein Frauennetzwerk wie "Women Welcome Women World Wide" - funktioniert wie Couchsurfing, allerdings in der "Women-Only-Variante". In beiden Fällen hast du sofort Kontakt zur lokalen Bevölkerung, jemanden, der dich mit den Gepflogenheiten des Landes vertraut macht und sich im Idealfall auch ein bisschen verantwortlich fühlt.
Sag' auf jeden Fall immer jemandem Bescheid, wo du gerade unterwegs bist - persönlich, per Mail oder SMS an deine Freunde oder Familie oder in einer kurzen Nachricht in deinem Hostel.
Hygiene
Wenn du nicht ständig einen Monatsvorrat an Tampons, Slipeinlagen und Binden mit dir herumtragen willst, überleg' dir, auf eine Menstruationskappe umzusteigen. Das ist ein kleiner Becher aus Silikon oder Naturkautschuk, der in die Vagina eingeführt wird und wiederverwendbar ist. Man vermeidet damit jede Menge Müll und ist vor allem in Ländern, wo Hygieneartikel nur schwer aufzutreiben sind, unabhängiger. Probier' aber vorher zuhause aus, ob diese Alternative für dich in Frage kommt.
Nimmst du die Pille, solltest du dir einen genauen Einnahmeplan erstellen. Taschentücher, Kondome und Desinfektionsgel gehören sowieso immer ins Gepäck.
Sicherheit
"The world IS a scary place. We do have a problem, but it has nothing whatsoever to do with travel", schreibt Stephanie Yoder in ihrem Reiseblog, und erinnert daran, dass häusliche Gewalt und fehlender Respekt nach wie vor das größte Problem für Frauen ist.
Neben den gängisten Umgangsformen wie "hallo", "bitte" und "danke", solltest du dir daher auch ein nachdrückliches "Schleich dich" in der Landessprache einlernen. Das schreckt aufdringliche Männer weitaus besser ab als "Bitte lassen Sie mich in Ruhe". Wenn dich jemand belästigt, reicht es aber oft schon, ihn konsequent zu ignorieren.
Im Zweifelsfall: Lauf weg, und hab' immer eine Warnpfeife dabei. Die schrillt auch, wenn dir die Stimme im Hals stecken bleibt, und rettet dich eher als dein imaginärer Ehemann.