Erstellt am: 9. 7. 2013 - 15:02 Uhr
Von Männern und Monstern
9/13. Eigentlich kein schlechtes Ergebnis beim Can you guess the shirtless "Teen Wolf"-stud?-Quiz. Dennoch bin ich ein wenig enttäuscht, hätte ich doch Gift drauf genommen, den wohl definierten Oberkörper von Hauptdarsteller Tyler Posey aus allen anderen heraus kennen zu können. Da ist er schon passiert, der Kardinalsfehler, alles nur auf seine Oberfläche zu reduzieren. Aber es hat tatsächlich eine Zeit gedauert, bis ich bis zu den nicht-fleischlichen Qualitäten von Teen Wolf vorgedrungen bin.
MTV
Die ersten paar Folgen wähnte ich mich in einer betont niederschwelligen Melange aus Hollister-Katalog, Highschool-Komödie und dem MTV aus meiner Jugend, das noch Musikvideos gespielt hat. Irgendwann haben die wechselweise hintersinnig komisch bis brachial blöd geschriebenen Episoden der ersten Staffel dann aber trotzdem etwas bei mir hinterlassen.
Was genau, weiß ich immer noch nicht.
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Premium Fun
Als Skeptiker des "Premium TV"-Booms, der sich immer noch gegen die ideelle Gleichschaltung von Fernsehen und Kino wehrt und der bei der immer wieder durch die Feuilletons geisternden Feststellung, so was wie "The Wire" wäre die Fortsetzung des Bildungsromans im 21. Jahrhunderts, das erbrochene Frühstück wieder hinunter schlucken muss, liegt mir so ein schrilles Entertainment-Vehikel natürlich. Ich würde auch jederzeit und ohne zu überlegen zwanzig Coco Rosies gegen eine Lady Gaga eintauschen.
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Aber an Teen Wolf ist dann doch mehr dran als die reine Oberfläche. Beefcakes, die sich in Werwölfe verwandeln, gab es schon in den Twilight-Filmen. In Teen Wolf erwischt es den 16-jährigen Scott McCall (Tyler Posey), einen gut aussehenden Jugendlichen, den das Drehbuch als Außenseiter definiert, vermutlich aber nur um seine Transformation in einen agilen Werwolf ausdrücklicher festzuhalten. Als primäre Vertrauensperson steht der tatsächlich Big Bang Theory-nerdige Stiles an seiner Seite, der daraufhin all jene Dinge tun darf, die in klassischen Dramaturgie-Entwürfen (und im der Serie zugrunde liegenden Film mit Michael J. Fox) eigentlich amourös vernebelten Frauenfiguren vorbehalten bleiben. Nämlich als erster in das Geheimnis eingeweiht zu werden und den BF (best friend /boyfriend) fortan auf seiner schwierigen und gefährlichen Selbstfindungsreise zu begleiten.
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Bodies in Motion
Wie bei jedem guten Werwolfstoff transformiert das Drehbuch tatsächliche Lebenserfahrungen und Entscheidungsnöte in fantastische Elemente: dass die lupine Spontanbehaarung das Tierische im jungen Mann symbolisiert, ist dabei nur der offensichtlichste Symbolismus. Interessanter wird’s dann schon, wenn Scott - ein begeisterter Lacrosse-Spieler (!) - seine Mitspieler beschnüffelt um dadurch heraus zu finden, welcher von ihnen ein falsches Spiel spielt. Oder wenn er mit seinem besten Freund Stiles in einem Schwulenclub untertaucht, um dort ein ausgesprochen glitschiges Reptilienmonster davon abzuhalten, einen der zahllosen tanzenden Oberkörper zu verschlingen.
Freunde von sexueller Metaphorik und queeren Unterströmungen finden in Teen Wolf tatsächlich endlich wieder jenen Stoff, von dem sie während der sieben Staffeln von Buffy abhängig geworden sind. Nämlich eine zeitweise raffinierte und dann doch wieder nur solide Teenager-Seifenopernkomödie mit Horror-Elementen, die sich Erwachsenen als bloßer Pulp darstellt, für Jugendliche und alle, die sich noch an ihre Jugendzeit erinnern können, aber sehr viel richtig macht. Und damit mein ich gar nicht die ganzen Jungs, die in kurzen Hosen durch den Wald jagen.