Erstellt am: 3. 7. 2013 - 14:49 Uhr
Economy Death Match - "Ankurbeln"
In unserer Serie Economy Death Match lassen wir konträre Ansichten zu wirtschaftlichen Themen aufeinanderprallen. Dieses Vorgehen findet mittlerweile auch unter österreichischen Wirtschaftsjournalisten Nachahmer, auf Facebook. Als am Wochenende, in der Jubiläumsausgabe der Presse, ein Artikel des marktliberalen Ludwig von Mises (einer der einflussreichsten österreichischen Wirtschaftswissenschaftler) aus dem Jahre 1931 abgedruckt war, wurde der von Robert Misik vom Standard und Nikolaus Jilch von der Presse sehr unterschiedlich kommentiert.
Misik: "Historisch betrachtet sieht jeder wie doof die marktradikalen Phantasten sind. Mises aus 1931, zum Niederknien dumm!"
Und Jilch: "Aus dem Jahr 1931 – und immer noch aktuell."
Auf einem ähnlichen Level läuft übrigens auch die Debatte über das jüngst von der Bundesregierung beschlossene Konjunkturpaket ab.
Gute Gelegenheit also für ein Economy Death Match.
Nach dem Konsum die Alpine
Der Baukonzern „Alpine“ ist die größte heimische Firmenpleite seit dem Konkurs der Supermarktkette "Konsum" im Jahr 1995. Tausende Arbeitsplätze sind zumindest gefährdet, große Baustellen liegen brach – und das mitten im Sommer, wo sonst am meisten gebaut wird.
APA/Helmut Föhringer
Für die Bundesregierung, knapp vor einer Nationalratswahl, offenbar ein untragbarer Zustand. Und deshalb wird jetzt Geld in die Hand genommen um ein bisschen staatlich nachzuhelfen, die Löcher auszubessern – ein sogenanntes Konjunkturpaket von 1,6 Milliarden Euro. Wobei die Regierung behauptet , dafür keine neuen Schulden zu machen. Wie sie dieses Zauberstück aber zu Wege bringen will, darüber streiten die Experten.
PRO KONJUNKTURPAKET
Natürlich kann man der Bundesregierung etliche Vorwürfe in dieser Causa nicht ersparen. So muss man etwa festhalten, dass die gesetzten Maßnahmen einerseits zu spät wirksam werden, andererseits auch viel zu vorsichtig dimensioniert sind. Denn eine Pleite dieser Größenordnung ist in vielerlei Hinsicht eine Katastrophe, auch was die Folgen für die Zulieferer betrifft und auch weil die Baubranche eine wichtige Rolle für die Beschäftigungszahlen eines Staates spielt.
Es sagt sich für den zynisch-nüchternen Ökonomen oft leicht, dass eine Pleite auch eine "reinigende Wirkung" habe. Für die betroffenen Arbeitnehmer, Menschen die Leistung erbrachten und sich nichts zu Schulden kommen ließen, ist es wohl eher eine Lebenskrise. Immerhin geben diese Menschen ihren Lohn ja auch aus und schaffen somit Nachfrage und immerhin gibt es gerade im Wohnungsbau immer etwas zu tun.
Ein Arbeitsloser kostet den Staat im Jahr etwa 19.000 Euro. Diese Summe kann man allerdings besser anlegen, indem man die Arbeitslosigkeit bekämpft bevor sie entsteht, mit dem positiven Nebeneffekt, dass auch neuer Wohnraum geschaffen wird.
Es ist eben zu wenig, immer nur die Sparkeule zu schwingen und zu hoffen, dass die USA (die diesbezüglich richtiger handelt) irgendwann die Weltkonjunktur belebt. Mit der Investition in Wohnbau und Jobs trifft man also zwei Fliegen mit einem Schlag und könnte auch Jugendarbeitslosigkeit abbauen, indem man etwa gezielte Programme, gerade in der Bauwirtschaft, setzt.
Seit fünf Jahren ist es neoliberale Agenda die Staatsschulden als eine Art argumentative Massenvernichtungswaffe einzusetzen und mit dem Hinweis auf die Verschuldung immer weitere, soziale Rückschritte in Kauf zu nehmen. Verlierer sind dabei jene, die diese Krise in keiner Weise verursachten. Und dennoch sind das genau jene Arbeitnehmer, die nun immer mehr an realem Lebensstandard verlieren, sprich, die Kosten dieser Krise tragen.
Ich kann mich etwa nicht erinnern, dass Herr Bernhard Felderer, der Präsident des österreichischen Staatsschuldenausschusses, beim Bankenrettungspaket wegen der Schulden abgewinkt hätte.
CONTRA
Es ist im Prinzip ja die gleiche Geschichte wie immer. Staatliche Interventionen führen zu einer Verzerrung am Markt und machen somit immer weitere Verzerrungen notwendig. Und da spreche ich jetzt noch nicht mal vom Wahnsinn der Mainstream-keynesianischen Geldpolitik, sondern wirklich nur mal singulär von der Bauwirtschaft.
Gehen wir das Ganze doch mal durch:
Im europäischen Schnitt ist der heimische Bausektor massiv überdimensioniert, schon längere Zeit hätte der Markt wohl zumindest einen Mitbewerber abgeworfen, hätte nicht staatliche Nachfrage hier das Bild verzerrt. So müssen immer mehr Schulden für allerlei Straßen- und Tunnelbauten gemacht werden, wobei nicht immer alle restlos von der Sinnhaftigkeit dieser Projekte überzeugt sind. Das Angebot am österreichischen Baumarkt entspricht also nicht der tatsächlichen Nachfrage, allerdings kann der Staat in Zeiten von Schuldenkrisen auch nicht endlos aushelfen.
Was bei der Alpine noch dazukommt ist freilich Management-Versagen, und in der Marktwirtschaft gilt halt noch immer die Regel, dass unfähige Manager eine Firma kaputt machen. Der Nebeneffekt dabei ist, dass sie besseren Mitbewerbern damit auch eine Chance bieten, die Nachfrage zu bedienen.
Im Normalfall, also in einer Marktwirtschaft die diesen Namen auch verdient, würde die Alpine nun dicht machen und jene Arbeitnehmer für die Arbeit da ist, einfach zu einer anderen Firma wechseln, während die überzähligen Arbeitskräfte in andere Arbeitsmärkte wechseln müssten und sich der Baumarkt eben bereinigt.
Allerdings sind die Verzerrungen so massiv, dass sich so ein marktwirtschaftliches Gleichgewicht gar nicht einstellen kann. Beispiel Kündigungsschutz. Ist dieser zu streng wird sich wohl jeder Unternehmer zweimal überlegen ob er Angestellte der Konkursfirma übernimmt, denn schließlich wird er sie ja auch nicht los, sollte auch sein Betrieb in Schwierigkeiten kommen. Am härtesten treffen derartige, planwirtschaftliche Unsinnigkeiten übrigens junge und schlecht ausgebildete Arbeitnehmer (Auch kein Wunder warum übrigens jene EU-Staaten mit den schärfsten Kündigungsschutzvorschriften und Mindestlöhnen auch die höchste Jugendarbeitslosigkeit haben.).
Aber noch zum konkreten "Paket". Abgesehen davon, dass es keinem einzigen Alpine-Mitarbeiter etwas bringen dürfte (dafür kommt es zu spät, da bin ich einmal mit meiner gespaltenen Persönlichkeit derselben Meinung), ist es ja eigentlich auch fast zu lustig, gewissermaßen tatsächlich ein Mogelpaket:
Da wird etwa die (ohnehin nötige) Hochwasser-Schadensbekämpfung eingerechnet, da werden (mehr oder weniger sinnvolle) Mega-Tunnel Projekte vorgezogen (einfacher Periodenschwindel, was man heuer ausgibt steht einfach nächstes Jahr nicht mehr zur Verfügung), oder es werden andere (ebenfalls längst geplante) Bauvorhaben früher realisiert.
Wenn man diesem Paket auch irgendwas Gutes nachsagen möchte, dann vielleicht nur, dass es auch keinen maßgeblichen Schaden anrichtet – da die meisten Ausgaben eben ohnehin bereits feststanden.
Der Vollständigkeit halber zum Abschluss: Österreich bezahlt für seine rund 231 Milliarden Schulden über acht Milliarden Zinsen (trotz Minusrekord der Zinsen). Vielleicht sollte man endlich mal so fair sein zuzugeben, dass Kreisky NICHT Recht hatte, als er meinte, Schulden bereiten ihm kein Kopfzerbrechen. Spätestens jetzt, 40 Jahre später, als klar wird, dass auch Staaten ihre Schulden bedienen müssen, sofern ihnen, was ja in der EU durchaus zu begrüßen ist, keine Notenpresse zur Verfügung steht um Geld für allerlei Unsinn zu drucken. Das gilt erst recht in Vorwahlzeiten. Wie wir nicht erst seit dem 29. September 2008 wissen, als mit wechselnden Mehrheiten zusätzliche Belastungen von zwei Milliarden pro Jahr beschlossen wurden.
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