Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The Heat Goes On"

Christian Pausch

Irrsinn, Island, Ingwer.

22. 6. 2013 - 15:51

The Heat Goes On

FM4 am Donauinselfest, Tag 2: Auf HipHop folgt Indie-Rock und Punk, die Sonne ist immer noch da und das ist gut so.

Der FM4-HipHop-Abteilung steht es noch in die zufrieden lächelnden Gesichter geschrieben: Der Abschluss des ersten Tages auf der FM4/Planet Bühne am Donauinselfest war zu schön um wahr zu sein: Zwanzig Jahre Texta wurden da gefeiert. Fett!

Mittlerweile ist Tag 2 im vollen Gange. Vor der Bühne werden die wenigen Schatten-spendenden Plätze mit eiserner Miene verteidigt, aber die Stimmung ist - nicht nur wegen der Hitze - schon wieder am Brodeln.

dif

Christian Stipkovits

Foto: Christian Stipkovits
14:00-14:30 Cornflex (2nd ROCK THE ISLAND-Contest Alternative/Elektronik)
14:40-15:15 Die Eternias
15:30-16:00 My Name Is Music
16:15-16:55 Plaided
17:10-17:40 Laura Rafetseder (FEMOUS Award ROCK THE ISLAND-Contest)
18:05-18:55 Catastrophe & Cure
19:20-20:20 Jeans Team
20:55-22:05 Naked Lunch
22:40-00:00 Maximo Park

Do The Monkey

In Ganz-Körper-Anzügen betreten Die Eternias die sowieso schon glühende Bühne. Im Publikum wird gerätselt, ob sie da drunter noch was anhaben, oder die ganze Band eigentlich nackert ist. Aber unter der Kleidung sind wir ja alle nackt. (Wurde mir gesagt.) Doch Die Eternias haben sich diese Outfits ja selbst ausgesucht, Mitleid ist also nicht notwendig und noch dazu sind die fünf ja echte Rocker_innen und geprobt in Extremsituationen. Mit ihrem Singalong-Punk spielen sie sich direkt in die Beine des Publikums. Den Affen hat zwar nicht wirklich wer gemacht, obwohl ich das echt gern gesehen hätte. Perfekter Start in den zweiten Tag hier am Donauinselfest. Kommen Sie herbei!

My Name Is Music

Wenn der Name "My Name Is Music" ist, dann ist der Name nicht "Music", obwohl das der Name suggeriert. Alles klar? Ist auch nicht so wichtig, denn bei dieser Band zählen ganz andere Dinge: die superbe Musik zum Beispiel! Perfekte Dance-Hits werden uns da am blau-schimmernden Servierteller präsentiert. Blauschimmernd ist nämlich auch die Perücke von Frontfrau Phoebe Hall. Eine Perücke! Bei der Hitz! Aber wie gesagt, für den Rock'n'Roll muss man auch Opfer bringen. Und vielleicht habe ich mich geirrt und es sind eh echte Haare? My Name Is Music gehören ja eigentlich in eine verrauchte Disco mit Stroboskoplicht, aber heute haben sie sogar den hellichten Tag bezwungen.

Plaided

Das bedeutet "People Lying Around In Dirt Every Day" - jeden Tag ist vielleicht übertrieben aber heute beherzigen das vor der Bühne schon so manche. Staubiger Boden ist aber auch Rock'n'Roll, sagt man. Plaided bringen die Insel so richtig zum Kochen. Die Mischung aus hartem Punkrock-Schlagzeug, lauten Gitarrenriffs und der Stimme von Sängerin Veronika Eberhart überzeugen nicht nur die versammelte Fangemeinde der Band. Ein Wunsch von mir: Bitte noch öfter als eh schon Open-Air auftreten! A match made in heaven.

dif

Alex Wagner / FM4

FM4 Moderatorin Nina Hofer hat anscheinend den gut verborgenen Kirschen-Hain auf der Donauinsel entdeckt. (siehe Foto) Jetzt hat sie noch gut Kirschenkauen, ab 21Uhr ist sie zusammen mit Natalie Brunner live On Air von der FM4/Planet Bühne am Wiener Donauinselfest. Ich muss mir jetzt auch ein paar Kirschen stibitzen, inzwischen übernimmt Kollegin Derntl.

Daniela Derntl über Catastrophe & Cure

Jaja, in der FM4 Morning-Show haben Catastrophe & Cure noch groß geredet, dass sie einen Wasserwerfer mit auf die Bühne nehmen, um das Publikum abzukühlen. Aber nix da, der Nimbostratus über der Donauinsel hat diese Aufgabe für sie übernommen, wenn auch, zum Glück, nur zögerlich. Es tröpfelt leicht, als sie die Bühne betreten und statt dem versprochenen Feuerwehrschlauch haben sie neue Songs mit im Gepäck, die sich nahtlos in ihr mal verträumt-zurückhaltendes, mal tanzbares Indie-Pop-Set einfügen.

Catastrophe&Cure sind heute wahrscheinlich die fleißigste Band auf der FM4-Bühne. Denn gleich nach ihrem Auftritt düsen sie dem drohenden Gewitter entgegen, zum Ute-Bock-Benefiz beim Böllerbauer in Haag. Mal schauen, ob dort der Steckerlfisch genauso gut ist wie hier auf der Donauinsel.

Naked Lunch im Backstage

Unser Fotograf Christian Stipkovits hat währenddessen Naked Lunch im Backstage getroffen und was ist dabei herausgekommen? Ein sehr experimentelles Werk, welches den Titel tragen sollte: "Uns ist fad im Backstage, lasst uns endlich auf die Bühne!"

Kein Gott, Kein Staat, Kein Gewitter!

Daniela Derntl über Jeans Team: Zwei Takte Musik und schon ist man um 13 Jahre jünger. Herrlich! Verantwortlich für diese Zeitreise ist das zum Duo geschrumpfte Jeans Team. Sie eröffneten mit „Keine Melodien“ in der Maximum-Overdrive-Version, gefolgt von „Das Zelt“ und „Oh Bauer“ ihr Set und diese drei Evergreens sorgen für ordentlich Stimmung. In gelber Plastikhaut tanzt das Publikum im Nieselregen und drei Nummern der neuen Platte „Das ist Alkommerz“ reichen, um das wieder aufziehende Wetter zu vertreiben.

Das neue Album ist ja nicht unumstritten und lässt manche Zuhörer ratlos zurück. Es ist eine Partyplatte, mit Pikachu-Pop und Schlumpftechno, der zwischen der neuen deutschen Welle eines Stephan Remmlers, Bierzelt und Ballermann taumelt. Meinen die das denn Ernst?

„Wir meinen das mit dieser Musik total ernst, sonst hätten wir das nicht gemacht und das ist die Musik, die wir richtig geil finden. Uns ist das auch egal, was die Leute sagen. Kinder lieben diese Platte. Da kannst du jetzt sagen, Kinder haben keine Ahnung von Musik oder die sind noch zu dumm. Aber ich sage, Kinder haben noch irgendein Gefühl und diese ganzen Musikliebhaber und Leute, die sich mit Musik auskennen, sind völlig abgestumpft.“

Hmm. Bekanntlich sind Geschmäcker verschieden und dem Publikum hat´s gefallen. Wie singt das Jeans Team: „Scheißdrauf? Scheißdrauf!“

Naked Lunch

Die Insel hilft!
Die Hochwasseropfer brauchen noch immer unsere Hilfe.
5 Euro mit SMS "INSEL" an: 0664 66 0 99 99

Geschmäcker sind verschieden, da hat Kollegin Derntl Recht, aber auf Naked Lunch können sich anscheinend alle einigen. Die schmusenden Pärchen, die großen Freundesgruppen und die stolzen Einzelgänger, alle stehen sie vereint im Bann der Band vor der Bühne. Alte Hits funktionieren genauso gut wie neue Songs und dann als es gerade richtig dunkel geworden ist, bringen Naked Lunch das Licht wieder zurück und spielen zum Abschluss „The Sun“. Mah.

Bei Maximo Park werfe ich mich ins Getümmel, immerhin war ich während ihrem Debut schon großer Fan. Daniela Derntl findet im Gegensatz zu mir, dem der Mund nur noch offen steht, die richtigen Worte:

Maximo Park

„So präsent muss man sein als Sänger!“, sagt die Dame vor mir. Ihr nebenanstehender Bekannter erwidert: „Ja, aber der könnte auch in einem Musical tanzen“.

Ich hasse zwar Musicals, aber irgendwie kommt diese Beschreibung schon hin. Im Guten, wohlgemerkt, denn diese flirrende, fiebrige Energie ist auf einem ebenso hohen Level, wie Sänger Paul Smith mit gegretschten Beinen springen kann. Seine großen Gesten und exaltierten Posen verstreut der Mann mit Hut wie die haarigen, weißen Flugschirme des am Bühnenrand gesichteten Löwenzahns. Metaphorisch spannen sie sich über das Publikum und tragen es davon.

Maximo Park beginnen das Konzert mit „The National Health“, der titelgebenden Nummer des aktuellen Albums, das sehr persönliche und romantische Gefühle mit gesellschaftlichen Themen koppelt: das Private ist Politisch! Die Soul-Brothers der Indie-Rock-Klasse Jahrgang 2005 können es nach vier Alben immer noch: Begeistern!

Gute Nacht Donauinsel! Morgen sehen wir uns wieder!