Erstellt am: 9. 6. 2013 - 15:51 Uhr
Urcoole Rockdisco
Groß war die Aufregung, als bekannt wurde, dass Daft Punk für ihr aktuelles Album anstatt an Drum-Machines und Samplern plötzlich mit echten Musikern an echten Instrumenten arbeiten und sich musikalisch so an handgespielter Disco-Musik der späten 70er und überschwänglichem Soft- und Yacht-Rock der frühen 80er bedienen würden. Aufregend war daran höchstens, dass das Ganze von ein paar Ausnahmen abgesehen ("Touch"!) nicht besonders gut und schon gar nicht so revolutionär neu war, wie vielerorts überrascht getan wurde.
Etliche unbekanntere Acts und Bands spielen sich schon seit Jahren unter unterschiedlichen Vorzeichen an diesem Referenzsystem ab, begnügen sich dabei aber nicht damit, bloß eine Ästhetik nachzustellen, sondern denken sich auch gute Lieder aus: Die Phenomenal Hand Clap Band, Twin Shadow, Leute aus dem Stall von DFA, das New Yorker Disco-Projekt Escort, Toro Y Moi und viele mehr.
The Preatures
The Preatures aus Sydney sind nun eine Band, die ihre Musik aus einem ähnlichen Zeichenvorrat versorgt – man muss hier also ebensowenig auf die Revolution warten – die aber dennoch durch die Anordnung der Komponenten die eine oder andere interessante Opposition anrichtet: Auf seinen bislang erschienenen, zugegebenermaßen noch nicht gar so durchschlagenden zwei EPs hat das Quintett jugendlich-trotzigen Garagenrock mit Soul und Funk durchsetzt und so geschmeidig geformt, psychedelischen Orgel-Pop mit leichtem Gothic-Geschmack und Girlgroup-Glamour aus den Sechzigern mit Mopedrockabilly mit viel Schmalz in der Tolle zusammengeführt.
Die Preatures bieten ein schönes, überzeugendes Pop-Modell an, in dem Eleganz, modisches Risiko und eine ein bisschen vorgegaukelte Räudigkeit in einem elektrisierenden Verhältnis zueinander stehen. Gefahr, Luxus und dunkle Poesie.
Der neueste Song der Preatures, den leicht affigen Namen wollen wir ihnen verzeihen, ist jetzt ein Welthit. Auf "Is This How You Feel?" verschieben sich die musikalischen Vorzeichen nun leicht, hier geht die Idee von Punk weich in den bunt blinkenden Lichtern der Disco auf. Wir befinden uns in dem Zwischenreich, in dem der pompöse, perfekte, auf Haufen von Kokain gebaute Pop von Fleetwood Mac und der funkelnde arty Wave von Blondie sowieso eins sind. Rocker-Sein, das heißt hier wie auf der – immer noch makellosen – ersten Platte der Strokes, mit kunstvoll unfrisierten Haaren in einer speckigen Lederjacke mit viel Geld in den Taschen unter der Glitzerkugel teure Cocktails zu trinken.
Das Lied besingt ganz schlicht die Unsicherheiten des Verliebtseins. Neben der immer wieder wiederholten, dem Song den Titel gebenden Zeile singt Frontfrau Isabella Manfredi zum Beispiel auch Dinge wie: "Is it real for you like it's real for me?". Die verwirrenden Gefühle im Kopf und das Brummen im Bauch werden in "Is This How You Feel?" mit einer komischen, entwaffnenden Mischung aus Verzagtheit, Verletzlichkeit und absolutem Selbstvertrauen dargebracht.
Die Zerrissenheit und die Freude – bei gleichzeitigem Zweifel – am wilden Leben zeigt sich besonders deutlich in den folgenden Zeilen: "Too young to quit, Too young to quit, but I gotta get clean". Zum Aufhören womit ist Isabella Manfredi, sind wir zu jung? Mit dem blöden Verliebtsein? Den Drogen, irgendeinem ungesunden Lebenswandel? Der grundsätzlichen Selbstzerstörung und -ausbeutung? Aufhören können wir morgen, wir sind in diesem Leben doch immer viel zu jung. Für all die ganze Liebe viel zu jung.