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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

6. 6. 2013 - 17:36

Long Live A$AP

Heute im Hip Hop-Lesekreis: A$AP Rocky sagt wenig und stellt viel dar.

Er kommuniziert nicht direkt, sondern über Attitude und Stil. Seine Gesten, seine Raps und seine Turnschuhe sind Referenzen auf eine Geisteshaltung. Rocky weiß, glaube ich, dass er eine von ihm selbst perfekt inszenierte Figur ist - ob er Distanz zu dieser hat oder nicht ist eigentlich egal.

asap

A$AP Rocky ist ein gutes Beispiel dafür, dass man nicht explizit politisch sein muss, sondern auch über die Attitude, mit der man über alles um einen herum spricht, ein Statement zum Stand der Dinge abgibt. Ich kenne, wie wahrscheinlich die meisten von euch, A$AP seit zwei Jahren und dennoch gehören sie für mich zum fixen Inventar des Hier und Jetzt. Rocky ist ein so guter Seismograph und Indikator für das Hier undJjetzt, dass man das Gefühl hat:

a) er wäre immer schon dagewesen,
b) das musste ja so kommen
c) würde es ihn nicht geben, sollte ihn jemand erfinden.

Wenn ich Peso sehe habe ich das gleiche Gefühl wie damals, als ich in den 90er Jahren Harmony Korines Film "Kids" gesehen habe. Und der Geist von Ol Dirty Bastard möge A$AP davor schützen, in den nächsten Jahren zum Lieblingsanalyseobjekt für Hobbysoziologen und Zeitgeistkritiker zu werden.


Auf den Namen des großen New Yorker Rappers getauft, wächst Rakim Mayers im New York der frühen 1990er auf. Zu rappen beginnt er nach eigenen Angaben mit acht Jahren, nach dem frühen Tod seines Bruders nimmt er das Hobby dann auch ernster. Natürlich sind die Diplomats aus dem Heimatbezirk Harlem zu diesem Zeitpunkt die größten Vorbilder, sein Rapnerd-Freund A$AP Yams bringt ihm dann aber auch die Musik der Südstaaten-Kaiser UGK und Three 6 Mafia näher. Aus diesen verschiedenen Ästhetiken, gemischt mit Clams Casinos Hustensaft-Pop-Einfluss, entsteht dann Live.Love.A$AP, das Mixtape, das ihn ins Rampenlicht und aufs Majorlabel bringen sollte.

Auf dem ersten „echten“ Album "Long.Live.A$AP" verfeinern Rocky und seine Produzent die Formel noch einmal: extrem tight synkopierte Reime umspielen deepe 808er Beats, zwischendrin bringt ein Possetrack mit Kollegen der jüngeren Rapgenerationen (Kendrick, Bronsolinho, Yela etc.) ein bisschen rohen Wu-Tang-Geschmack in die ganze Sache.

A propos Wu Tang: wir haben sieben digitale Baseballsammelkarten von A$AP-Mob-Mitgliedern ausfindig machen können, komplett mit Beschreibung der Crewfunktion des genauen Wohnblocks in Harlem und wann und wie sie Teil des Mobs wurden. Ob dieser Mob einmal eine ähnliche Ikonographie wie der Clan aus Staten Island entwickeln wird, wird die Zukunft zeigen…

Wie auch immer: Wir vom HipHop-Lesekreis hören uns diesmal den Titletrack "Long.Live.A$AP" an, eine alptraumhaft verzerrte Post- und Eintrittskarte in Rockys Welt, die all das auf dem Album danach kommende relativiert. "Long.Live.A$AP" ist nihilistische, lebensabgewandte Drogendealer-Poesie: I wonder if they miss me, as long as I make history.

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