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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

31. 5. 2013 - 14:07

Ins Maushirn schauen

Bei den Springsessions des Springfestivals in Graz geht es um Showreels, Deadlines und die Gehirnsubstanz von Nagetieren.

Springfestival 2013

Elektronische Beats beim Springfestival in Graz auf Radio FM4.

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Zukunft, Innovation und Kreativität - mit großen Schlagworten überschreibt das Springfestival seine zweitägige Vortragsreihe Springsessions. Konkret präsentieren professionell Kreative ausgewählte Arbeiten. Sie sagen Sätze wie "I’d like to think of the browser as the new cinema screen" oder auch Allgemeinplätze wie "Engage people creatively, engage people emotionally". Bloß wie?

Mit "Kissing" etwa. Das sprachgesteuerte Videoprojekt reagiert auf die Lautstärke der ZuschauerInnen. Ausgedacht hat sich das Anrick Bregman, Berufsbezeichnung interaktiver Regisseur. Bregman arbeitet bei der Produktionsfirma Unit9 mit Hauptsitz London und kleinen Filialen von Florenz bis Mumbai. Bei allem technischen Knowhow bezüglich Screendesign und Animation steht für Anrick Bregman immer eines im Mittelpunkt: Das Geschichtenerzählen.

"Our brains are wired to remember a good story"

"Cult Web" nennt Bregman Arbeiten, die gegenwärtig gemacht werden und zukünftig jene kollektive Begeisterung und freudige Erinnerung verursachen könnten wie einst Fernsehserien. "Bridge the gap between the virtual and the real", empfiehlt der Regisseur, der etwa "Find your way to Oz" für Google und Disney entwickelt und mit einem Team umgesetzt hat. Und für den Wind, der einen Heißluftballon in einer Szene weiterträgt, hat er ein Maushirn eingesetzt.

Den "Tornado Shader" hat Bregman ein Kollege empfohlen, als sich die Entwürfe eines Designers nicht und nicht animieren ließen. Am Max-Planck-Institut in München schauen Neurobiologen ins Maushirn: Moritz Helmstaedter versucht, die synaptische Verknüpfung zwischen tausenden Nervenzellen in der Großhirnrinde zu kartieren.

Wie in "Die phantastische Reise", jenem US-amerikanischen Science-Fiction Film, wo ein geschrumpftes Team in den Körper eines Menschen eindringt und dort eine Gehirnoperation vornehmen soll - soviel zu Kultfilmen, an die man sich lange erinnert -, geht es durch das Hirn einer Maus. Einer echten Maus. Winzige Gehirnsubstanz wurde in tausende Scheibchen geschnitten, diese Scheiben wurden mit einem Elektronenmikroskop fotografiert und auf dem Rechner wieder zusammenfügt.

Bild eines Mannes unter Glasglocke und der Satz: "Ich kann kein Wort finden, um das zu beschreiben. Advergame? Transmedia?"

Radio FM4

Nicht alle Vorträge bei den Springsessions sind derart aufregend. Bei der Gesprächsrunde zu "Urgency, Art and Consciousness" träumen zwei laut. Wäre doch cool, seine eigene DNA zuhause zu hacken oder Vögel, die Suppe scheißen. Wollen wir unsere Umwelt hacken oder unsere Wahrnehmung?, fragt der eine, der Amerikaner Geoffrey Lillemon und der Moderator fragt zurück: "You're talking about drugs?".

Seriös hingegen gestaltete sich das Gespräch mit den drei jungen Musikern von Aufgang bei einer anderen, ob eines Sponsors bei freiem Eintritt stattfindenden Session im Rahmen des Springfestivals gestern in Graz.

Stehend Klavier spielen

Keiner der drei von Aufgang ist Deutscher. Francesco Tristano ist Luxemburger, Rami Khalifé wurde im Libanon geboren und Aymeric Westrich ist Amerikaner. Am Konservatorium, der Juilliard School in New York, waren Rami und Francesco die ersten, die ein improvisiertes Konzert gaben. Die beiden haben eine klassische Musikerziehung genossen, sind Pianisten, die sich mit Schlagzeuger Aymeric zusammengetan haben. Sie sind auf klassischen wie elektronischen Musikfestivals gern gesehen. Ihr kommendes Album produzieren sie selbst und singen "Aaahs" und auch einmal ganze Lyrics darauf. Live spielen sie die Klaviere im Stehen.

Die drei jungen Musiker von Aufgang sitzen auf einer Couch

Radio FM4

DJs mögen einen verspielten Trial-And-Error-Zugang genießen, doch Musikerziehung erfordert Disziplin. Für Francesco Tristano war der erste Zugang dennoch ein spielerischer: "There is this heavy piece of furniture and there is sound", sagt der junge Mann und erinnert sich an ein Foto, das den Fuß eines Vierjährigen auf einem Klavierpedal zeigt. Wie kam es, dass sie sich als Konservatoriumsschüler für 4-To-The-Floor-Musik begeisterten? "Ab und an schmeckt einem McDonalds", antwortet Rami. "Im Leben braucht man Gleichgewicht. Wir brauchen die Kultur, die Klassik, aber auch die Einfachheit eines schönen Beats. And let your body go with it and flow with it."