Erstellt am: 29. 5. 2013 - 15:02 Uhr
Ich und mein Omahandy
„Du hast aber so ein Omahandy!“, sagte die 12-jährige Ana, als sie mein schäbiges Kommunikationsmittel sah. Ana hat schon seit zwei Jahren ein Smartphone. Sie ladet sich sämtliche Apps runter und kann sie exzellent bedienen. Oder sicherlich besser als ich. Jeder aus Anas Klasse hat so ein Ding. Und ich bleibe weiter mit meinem Omahandy.
Ich war so beeindruckt als Kind am Anfang des Jahrhunderts in Berlin, als ich die Straßenreiniger in Berlin beim Telefonieren mit ihren Handys sah, während sie sich bückten, um die Zigarettenkippen von der Straße einzusammeln. Zu dieser Zeit waren in Bulgarien die Mobiltelefone so teuer, so dass sich nur die Gangster eins zu besitzen leisten konnten. (Das Volk hat das Wort „Mutra“ erfunden, was eigentlich ein verzehrtes Gesicht bedeutet, um diese kriminelle Typen mit großen Muskeln und niedriger Stirn zu kategorisieren. Somit hießen ihre Telefone „Mutrafone“)
In zehn Jahren hat sich die Lage geändert. Wenn jetzt ein Straßenputzer in Bulgarien nicht am Handy redet, habe ich Sorge, dass er vielleicht einsam ist.
Die Diskussion um das Handyverbot in österreichischen Schulen ist sinnlos. Die Schüler sind so von ihrem teuren elektronischen Zeugs besessen, so dass die „echte“ Kommunikation in den Pausen kaum mehr besteht, alarmieren Direktoren und Lehrer. Die Wichtigkeit des Mobiltelefons als Statussymbol ist so enorm, dass die Schüler nur zur Schule gehen, um mit ihrem neuen Handy anzugeben. Wer kein Smartphone hat, ist kein Mensch mehr.
epa
Vielleicht wird jetzt jemand sagen, dass informiert zu sein heutzutage das Wichtigste sei. So ist es auch. Ohne Facebook ist für vielen das Leben unvorstellbar. Die Schüler kommunizieren online miteinander. Sechs der ersten 25 meist gesuchten Begriffe im Google sind mit den sogenannten „Inhalte für Erwachsene“ verbunden. Das Interesse zum anderen Geschlecht ist normal, aber bringt uns der leichte Zugriff auf diese „Inhalte für Erwachsene“ weiter? Sind Smartphonebesitzer auch smarter?
Anas Physiklehrer ist empört, dass auf den Hefte der Schüler halbnackte Frauen statt Archimedes zu sehen sind. Vielleicht erwartet auch der Englischlehrer, dass auf dem Englischheft Virginia Woolf statt Lady Gaga lacht. Die Massenkultur ist allmächtig. Die Frage ist, wie viel davon wir zu uns lassen sollen. Vor einigen Tagen beobachtete ich eine Gruppe japanischer Touristen, die den Stephansdom besuchten. Jeder von ihnen hatte eine Kamera in der Hand. Ihr Reiseleiter zeigte nach rechts und jeder bewegte seine Kamera nach rechts. Danach zeigte er nach oben und zig Kameras guckten nach oben. Recht, links, ein, zwei, drei. Keiner der Touristen löste seinen Blick vom leuchtenden Display seiner Kamera und sah sich die Kirche mit seiner eigenen Augen an.
Meine lieben Touristen! Es ist ein wunderbares Gefühl in dieser Kirche gleichzeitig das Gewicht und die Leichtigkeit des Steins zu spüren! So befindest du dich außerhalb der Zeit, du wirst gar ein Teil davon. Findet ihr das gleiche Gefühl in euren Aufnahmen?
Ich verwende mein Handy. Ich habe keine andere Wahl. Jedoch träume ich oft von unserem Haus im Balkangebirge, ohne Handyempfang und ohne Internet.