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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

22. 5. 2013 - 13:45

Die Waschmaschinentragödie

Als kleines Kind war ich verrückt nach Waschmaschinen. Während die anderen Kinder sich Animationsfilme anschauen wollten, brauchte ich mich nur vor die Trommel zu setzen.

Mit Akzent

Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov. Jeden Mittwoch in FM4 Connected (15-19h) und als Podcast.

Ich hatte schon Angst, dass obwohl das Ende der Welt nicht gekommen ist, die Maya uns stattdessen einen ewigen Winter gebracht hätten. Doch nun ist es über der mittleren Donau endlich wieder warm geworden. Die Onkels aus dem benachbarten Park haben ihr Kartendeck heraus geholt und sitzen da wie immer. Burschen aller möglichen Ethnien rennen in den Käfigen der Stadt dem Ball nach, auf dem Weg zum neuen Alaba. Aufgewacht vom Winterschlaf, bereiten sich die Stadt und seine multikulturellen Bewohner auf das neue Leben vor. Der Rad des Lebens hat sich wie eine Waschmaschine gedreht.

Kind sitzt vor Waschmaschine

cc by Flickr-User foilman

Als kleines Kind war ich verrückt nach Waschmaschinen. Während die anderen Kinder sich Animationsfilme anschauen wollten, brauchte ich mich nur vor die Waschmaschine hinzusetzen. Ich fühlte mich wie hypnotisiert. Ich konnte meinen Blick nicht von der magischen Trommel der Waschmaschine lösen. Deshalb war ich sehr stolz, als ich mir zum ersten mal eine Waschmaschine kaufte. Ich kaufte sie meinem Freund Slobodan ab. Slobo ist ein freier Künstler, der außerdem als Waschmaschinendealer arbeitet.

Heutzutage ist es nicht leicht Bilder zu verkaufen. Bei den Waschmaschinen ist es aber anders. Sein Nachbar Goran kauft kaputte Waschmaschinen aus irgeneiner Fabrik in Serbien, repariert sie und verkauft sie weiter in Wien. Goran hat aber ein kleines Problem. Er spricht Deutsch mit einem fürchterlichen Akzent. Das macht ihn automatisch zu einem dubiosen Händler für die Österreicher. So kommt Slobodan ins Spiel. Slobo lebt in Wien seit seinem zehnten Lebensjahr und spricht Deutsch besser als jeder Bewohner Simmerings. Er hat sich einige Geschichten ausgedacht um die Waschmaschinen besser zu verkaufen – zum Beispiel ist seine Mutter nach einer heißen Latinoromanze plötzlich nach Portugal abgereist und deshalb verkauft sie ihren ganzen Haushalt sehr billlig.

So kaufte ich meine erste Waschmaschine von Slobodan und Goran. Ich war sehr stolz auf mich. Noch nie hatte ich mir etwas Größeres gekauft. Außerdem war die Waschmaschine sehr günstig, was mich noch stolzer gegenüber meinen Mitbewohnern machte. Wir brachten sie mit Schweiß auf der Stirn in unsere kleine Küche. Da ich als kleines Kind immer die Waschmaschinen beobachtet habe, hatte ich keine Probleme sie mühelos zu installieren. Ich rief sogar meine Eltern in Sofia an um mit der Waschmaschine zu protzen. Nach dem zweiten Waschen ist sie kaputt gegangen. Ich versuchte Slobodan und Goran zu finden, aber egal wie oft sie mir vor dem Einkauf versichert haben, dass wenn etwas schief geht, sie es sofort wieder reparieren würden, waren die beiden Waschmaschinenhändler wie von der Erde verschluckt.

Man sagt, dass die bulgarische Wirtschaft in den Jahren vor der Krise mit dem gewaschenen Geld der Kommunisten gewachsen ist. Ich habe keine Ahnung wie man Geld wäscht. Ich stelle mir ernsthafte Männer vor, die in ihren schwarzen Anzügen vor den Waschmaschinen stehen, so wie ich früher und hypnostisiert auf die Trommel schauen. Das gewaschene Geld, so erzählt man, haben sie in Banken in Zypern und in Österreich deponiert. In Zypern sollen sie viel verloren haben, was mit dem Geld in Österreich passiert, werden wir noch erfahren.

socken zum trocknen aufgehängt

cc by flickr-user zimpenfish

Man sagt, dass Geld nicht stinkt. Meine Socken aber haben schon angefangen zu stinken. So ist es nicht gut. Meine Waschmaschine ist kaputt. Es bleibt mir nicht anderes übrig als sie von Hand zu waschen. Zumindest kommt der Sommer und die Socken trocknen schneller.