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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

16. 6. 2013 - 14:44

Videospiele für unterwegs. Zehn neue Tipps!

Autos am Mond, puzzelnde Piraten, kreative Todesarten, fliegende Maulwürfe, herabfallende Kugeln und Krabben im Weltall.

All das Gerede über die kommenden Konsolen hat uns völlig den Kopf verdreht und vom Tagesgeschäft der aktuellen Spiele abgelenkt. Weil wegen des frühzeitigen Deathmatchs Xbox One vs. PlayStation 4 vielerorts die Dritte im Bunde, die recht verschlafene Wii U, ebenso frühzeitig totgesprochen wurde, habe ich mich kürzlich erbarmt und sie wieder mal eingeschaltet.

Das Ergebnis war ein gefühlt 30 Minuten langes System-Update und ein gewohnt träges Wechseln zwischen den einzelnen Menüpunkten. Während der Wartezeit habe ich auf meinem Tablet herumgetappt und wusste sofort wieder, wie schön unmittelbar Videospiele 2013 doch sein können. Das nostalgische Schwelgen in Erinnerungen an die gute, alte Steckmodul-Ära (Spiel rein in die Konsole, einschalten, los geht's), das derzeit vielerorts praktiziert wird - die mobilen Geräte haben diese Direktheit in die Jetztzeit gerettet. Touch and play!

Scurvy Scallywags (iOS)

Wer erinnert sich an "The Secret of Monkey Island"? Eh jede/r. Ron Gilbert, der Mann dahinter, hat erst kürzlich wieder durch das erzählerisch unterhaltsame, aber spielerisch etwas durchwachsene "The Cave" von sich hören lassen. Jetzt hat er ein mobiles Game fertig, das "Scurvy Scallywags" heißt, und wo es sich mal wieder um Piraten dreht. Da gibt es nautisch-kriminelle Gesänge, kuriose Kostüme und jede Menge Kram, der am Strand und auf den diversen Inseln verstreut herumliegt. "Scurvy Scallywags" ruft wohlige Erinnerungen an die humorvollen Tage von "Monkey Island" hervor. Absurderweise ist das Spiel aber ein Match-3-Puzzle. Also so etwas wie "Bejeweled" oder "Zoo Keeper", wo man auf einem Raster aus 8 mal 8 Feldern jeweils drei gleiche Gegenstände horizontal oder vertikal zueinander schieben muss.

Ähnlich wie in "Puzzle Quest" geht es hier aber nicht nur um das Verschieben der Gegenstände, sondern diese haben immer auch eine Funktion. Drei Schwerter bringen mehr Kampfkraft, drei Goldhaufen bringen mehr Geld, und so weiter. Unsere Figur, ein/e etwas untersetzte/r Pirat/in, ist auch am Spielfeld, ebenso wie einige Gegner, die wir bekämpfen müssen, wenn wir neben ihnen zu stehen kommen. Das Verschieben der Gegenstände sollte also taktisch geschickt erfolgen, so dass wir nicht unvorbereitet in den Kampf gehen. So lustig die Texte und Gags in "Scurvy Scallywags" auch sind und so hübsch die Grafik ist: Es täuscht nicht über die Tatsache hinweg, dass das Match-3-Puzzle mittlerweile ein auffallend abgelutsches Spielprinzip ist. Ron Gilbert ist ein Garant für amüsante Geschichten und schlaue Sprachakrobatik. Aber wenn es ums Game Design geht, sollte man ihm eine zweite Person zur Seite stellen.

Little Luca (Android, iOS)

"Little Luca" ist ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem wir als weiße Kugel die vom Himmel gefallenen Sterne wieder aufsammeln müssen. Ein bisschen spielt sich das wie intergalaktisches Minigolf. Auf den ersten Blick sieht alles aus wie ein charmantes, aber leicht unbeholfenes Spiel im 8-Bit-Look. Aber nach der ersten Konfusion über das seltsame Spielprinzip kippt man schnell in die netten, kleinen Geschicklichkeitstests hinein.

Die Welt in "Little Luca" steht aufrecht und unser weißer Ball fliegt von oben durch die Gravitation nach unten - so wie im echten Leben. Direkt steuern können wir den Ball nicht, aber es gibt bunte Plattformen, die meist so aussehen wie Halbmonde aus Kinderbüchern. Tappt man zur rechten Zeit auf den Bildschirm, schießt die Plattform unseren Ball wie ein Trampolin wieder nach oben. Neben den Plattformen kommen später auch Gravitationsumkehrer, Schleusen und Windströmungen hinzu, die uns den Weg zum Ziel versperren. Schon nach den ersten paar Levels ist viel Geschick nötig, um den Ball in der Luft zu halten. "Little Luca" ist kein großer Wurf, aber ein nettes, kleines, ungewöhnliches Game für zwischendurch.

1968 (iOS)

"The moon is made of cheese!" ist eine alte Kinderweisheit, ein fancyful believe, wie die englische Wikipedia es nennt. Um einen Käse herzustellen, der so groß ist wie der Mond, würde es aber mehr Milch brauchen, als allen Kühen auf der Welt lieb ist. Die Geschichte mit dem Mond und dem Käse ist aber ein nettes Bild und bleibt einem oft ein Leben lang im Kopf hängen. Warum also nicht ein Spiel daraus machen? In "1968" vermischt man das dann passenderweise mit der Mondlandung aus dem selben Jahr. Es wird behauptet, das damals ein Auto auf den Mond geschossen wurde - nur, um Käse einzusammeln.

Für unser Mondmobil, das ein bisschen so aussieht wie ein alter VW Käfer, ist die geringe Gravitation aber nicht nur ein Vorteil. Jede Beschleunigung sollte gut geplant sein, sonst purzeln wir unkontrolliert in der Gegend herum. Unser Auto hat kein Vorne und Hinten, insofern gibt es auch keinen Rückwärtsgang. Wir können uns immer entscheiden, ob wir nach rechts oder links fahren. Oft ist vom Gas gehen und einfach von Plattform zu Plattform schweben der Schüssel zum Erfolg. Denn wenn nicht alle Käsestücke gesammelt sind, kommen wir auch nichts ins nächste Level. "1968" ist in Grautönen gehalten und bietet gemeinsam mit dem Soundtrack eine schicke Retro-Präsentation. Die Levels mit all ihren Loopings, Plattformen und versteckten Käseteilen sind manchmal gar nicht so einfach zu meistern - glücklicherweise kann man sie auf Wunsch überspringen. Auch super: "1968" ist gratis und ohne In-App-Käufe gut spielbar.

Impossible Road (iOS)

Im virtuellen Raum können Straßen bunt und verschlungen sein, Loopings nehmen, halsbrecherische Manöver herausfordern und physikalische Gesetze komplett außer Kraft setzen oder sie zumindest remixen. Passiert leider viel zu selten. Zeit also, das Smartphone aus der Tasche zu ziehen und ein bisschen auf kühnen Fantasiestraßen zu fahren. "Impossible Road" sieht abstrakt und minimalistisch aus: weißer Hintergrund, eine weiß-blau gezackte Straße voller Drehungen und Windungen. Wir steuern eine Kugel diesen verschlungenen Pfad hinunter, indem wir nach links und rechts steuern. Am Anfang klappt das gar nicht gut, wir stürzen in Sekundenschnelle ab.

Die Kugel fällt und fällt in den Abgrund, gleich ist die Runde vorbei ... oder doch nicht? Was ist denn jetzt los, unsere Kugel ist noch da, sie ist irgendwo weiter unten wieder gelandet. Es geht weiter. "Impossible Road" nimmt es mit den Regeln nicht so genau, Cheating ist Teil des Systems. Gerade wegen seines Minimalismus ist "Impossible Road" faszinierend und fordert immer wieder einen weiteren Versuch heraus. Jede/r versteht sofort, worum es geht und wie sich das Spiel steuert. Es zu meistern ist natürlich eine andere Sache.

Dumb Ways To Die (iOS)

"Dumb Ways to Die", ursprünglich als Sicherheitskampagne für die Metro Trains in Melbourne entwickelt worden, hat sich im vergangenen Herbst schnell zum sympathischen Meme für jedermann entwickelt und steht nun bei rund 50 Millionen "Klicks auf YouTube", wie es die Mainstream-Presse so gerne formuliert.

Die lustigen, bunten Figuren, die ein bisschen so aussehen wie eine Mischung aus Pokémon und Barbapapas, sind eigentlich immer schon perfekt für ein Spiel geeignet gewesen. Das, was es jetzt tatsächlich unter dem selben Namen "Dumb Ways To Die" zu spielen gibt, ist aber kein Game für angehende Sadisten, denn wir müssen die gefährlich lebenden Monster ja beschützen und nicht bewusst töten. Das Ganze läuft ab wie in den "Wario Ware"-Spielen von Nintendo. Es gibt einige Minispielchen, wo jede Szene nur ein paar Sekunden lang dauert. In "Dumb Ways to Die" müssen wir zum Beispiel Luftballone zu einer Hand ziehen, Wespen erschlagen oder Piranhas wegscheuchen, damit sie einem nicht ins Gemächt beißen. Ganz so viele Szenen wie bei "Wario Ware" gibt’s nicht, aber da "Dumb Ways to Die" gratis ist, kann man sich wirklich nicht beschweren.

McPixel (Android, iOS, Windows, Mac, Linux)

Wer sich auf "McPixel" einlässt, gibt sich voll dem Slapstick hin. Es geht darum, Bomben zu entschärfen. Der Spaß besteht aber nicht in erster Linie darin, die Lösung herauszufinden, sondern vor allem in den vielen kuriosen Todesarten. "McPixel" ist schon im Vorjahr erschienen, weil aber das Game in diesem Rahmen noch nicht erwähnt worden ist, sei hiermit eindringlich und empfehlend darauf hingewiesen.

Ein unbekannter Held steht in grob gepixelter Grafik irgendwo herum. Ein indischer Tempel, ein Krankenhaus, die Antarktis. Eine Bombe ist überall versteckt, und finden können nur wir sie, getreu dem sinnfreien Motto "McPixel - saves the day!" Jedes Level besteht aus sechs unterschiedlichen Szenen, und in jeder Szene haben wir nur 20 Sekunden Zeit, eine Aktion auszuführen. Ist es die falsche, wird alles in die Luft gesprengt - aber das ist egal, das Spiel geht trotzdem weiter. Scheitern und sich dabei gut unterhalten, darum geht’s in "McPixel". Das Spiel kommt fast gänzlich ohne Text und gesprochene Sprache aus. Die Gags und Geschichten werden rein durch Grafik und Animationen erzählt. Das führt hin und wieder dazu, dass man nicht wirklich begreift, was gerade passiert, in anderen Situationen lacht man dafür umso lauter drauflos.

Spaceteam (iOS)

"Spaceteam" is a cooperative party game for 2 to 4 players who shout technobabble at each other until the ship explodes. Soviel zur kurzen, klaren Selbstbeschreibung. Aber sind deine Nerven stark genug, dass du auch bei heulenden Sirenen und zusammenbrechenden Schaltpulten noch die Ruhe bewahren kannst? "Spaceteam" ist der Gewinner des A MAZE. Indie Award 2013 und hat auch sonst einige Preise und Auszeichnungen erhalten. Es ist trotz oder wohl eher wegen seiner simplen, aber effektiven Spielidee eines der derzeit besten - und kostenfreien! - Party-Games.

FM4 Touch & Play

Besprechungen zu aktuellen Smartphone- und Tablet-Games gibt es immer wieder in der FM4 Morning Show (täglich von 6 bis 10) und auf fm4.ORF.at.

Auf jedem Gerät sind einige Schalter und Knöpfe mit seltsamen Bezeichnungen angebracht. Oben wird immer eine aktuelle Instruktion eingeblendet, was wir drücken oder drehen müssen. Das Problem ist nur, dass es meistens eine/r der anderen Spieler/innen ausführen muss und nicht wir selbst. Wir müssen uns also die jeweiligen Anweisungen gegenseitig ansagen. Zwischendurch stoßen wir auch auf Wurmlöcher oder Asteroidenfelder - dann müssen alle Geräte gedreht oder geschüttelt werden. Neben guter Konzentration sollte man auch darauf achten, dass die eigene Aussprache klar genug ist und man nicht nuschelt. Jedes Mal nachfragen kostet Zeit und bringt unser Raumschiff ein paar Sekunden näher Richtung Explosion. "Spaceteam" ist zu zweit noch einigermaßen übersichtlich, mit drei oder vier Spieler/innen bricht aber das fortgeschrittene Chaos aus. Wenn die Situation brenzlig wird, beginnen unsere virtuellen Knöpfe und Regler dann auch noch zu wackeln, verformen sich oder lösen sich aus der Fassung - als wenn es nicht so schon hektisch genug wäre.

Crabitron (iPad)

Weil nach langem Darben jetzt tatsächlich quasi der Sommer da ist, ziehen auch mobile Spiele mit und bieten einige Titel an, die sich mit Sandstrand und Meer beschäftigen. Manche Games bieten auch Tiere in und am Wasser. Da gibt es zum Beispiel "Mr. Crab", der im gleichnamigen Spiel wendeltreppenartig einen riesigen Turm besteigt. Oder da ist das neue Spiel der "Fruit Ninja"- und "Jetpack Joyride"-Entwickler: Es heißt "Fish Out Of Water" und versammelt ein paar unterschiedliche Fische, die von uns geworfen werden wollen. So, wie ein Kieselstein über die Wasseroberfläche tanzt, hopsen auch die Fische darüber.

Der seltsamste, aber gleichzeitig faszinierendste Vertreter unter den aktuellen Sommerspielen für Smartphones und Tablets ist jedoch "Crabitron". Dabei steuern wir die Scheren einer Riesenkrabbe im Weltall mit je zwei Fingern unserer Hände. Wir schnappen nach ahnungslosen Weltraumtouristen, fiesen UFOs und anderen Wesen und Fortbewegungsmitteln. "Crabitron" ist als mobiles Spiel mit über 4 Euro zwar etwas teuer, für experimentelle iPad-Besitzerinnen und -Besitzer aber trotzdem eine Empfehlung.

They Need To Be Fed 2 (Android, iOS)

Dieses Mal sind wir kein/e Held/in, sondern steuern stattdessen eine kleine Figur, deren einziges Ziel darin besteht, sich selbst zum Futter für eine fleischfressende Pflanze zu machen. Neben dem unkonventionellen Setting ist interessant, wie "They Need To Be Fed 2" abläuft, nämlich in alle Himmelsrichtungen und auf großen und kleinen Plattformen, auf denen man herumhüpft. Es ist sehr ähnlich wie "Super Mario Galaxy", nur nicht in 3-D, sondern in einer flachen 2-D-Welt.

Wir springen auf Kreise, Vierecke und andere Formen, und jede dieser Formen hat ihre eigene Gravitation. Es gibt auch Sprungfedern, die uns in weiter weg gelegene Areale bringen und Diamanten, die Punkte bringen. Am Ende läuft es aber immer darauf hinaus, dass wir uns selbst dem gierigen Maul der Pflanze opfern müssen. "They Need To Be Fed 2" kommt in klaren Linien und starken Farben daher. Der visuelle Stil wirkt schick und aufgeräumt, ebenso wie das Spiel allgemein sehr zugänglich ist. Man darf sich aber von den ersten Levels nicht täuschen lassen. Später erschweren Stacheln, Monster und andere Hindernisse den Weg - und wer dann nicht den genau richtigen Absprungpunkt erwischt und die Gravitation zu seinen Gunsten ausnutzt, wird nicht weiterkommen.

Badland (iOS)

In "Badland" steuern wir eine seltsame Mischung aus fliegendem Igel und Maulwurf durch einen hübschen, aber ebenso tödlichen Wald. Da gibt es spitze Stacheln, explodierende Knollen und scharfe Zahnräder. In täuschend harmlosem Kontrast dazu strahlt die Morgensonne durch die wunderbar frühlingshafte Waldlandschaft, doch einige Details trüben die Harmonie. Eine Art Abfallcontainer speit diversen Schrott auf den weichen Moosboden und auf einmal liegen auch wir da: eine fluffige Kugel, die zu fliegen beginnt, wenn wir auf den Bildschirm tappen.

Wir wissen nicht, was hier los ist, aber es ist klar, dass wir mal schauen sollten, dass wir weiter kommen. Unsere Igel-Maulwurf-Kreuzung bahnt sich ihren Weg durch Steine, Stacheln und verrostete Metallgegenstände, die tödlich sind, wenn wir zu heftig mit ihnen kollidieren. Wir können nur bestimmen, ob wir aufsteigen oder sinken - die Landschaft bewegt sich automatisch von links nach rechts. Bleibt unser Tier wo stecken, müssen wir es nochmal versuchen. Zwischendurch finden wir im bizarren Wald auch merkwürdig leuchtende Kugeln. Die lassen uns wahlweise größer oder kleiner werden oder beschleunigen oder verlangsamen die Fluggeschwindigkeit. Manchmal finden wir auch Klonkugeln, und dann müssen wir nicht nur einen Igelmaulwurf steuern, sondern zwei, drei oder gleich ein ganzes Dutzend. "Badland" ist visuell als auch spielerisch herausragendes - vielleicht sogar das Beste, das dieses Jahr für iPhone, iPad und iPod Touch erschienen ist. Es gibt auch einen grandiosen Mehrspielermodus, bei dem bis zu vier Spielerinnen und Spieler auf einem Gerät gegeneinander antreten - perfekt für lange, laue Sommerabende!