Erstellt am: 10. 5. 2013 - 14:46 Uhr
Troika ohne IWF?
Die sogenannte Troika, also der zwecks Krisenbewältigung einberufene Bürokraten-Konsens aus EZB (Europäischer Zentralbank), EU-Kommission und eben dem Internationalen Währungsfonds IWF, rangiert in Sachen Beliebtheit im europäischen Durchschnitt zwischen Nagelpilz und Neurodermitis. Abgesehen von den durch die Troika mehr oder weniger „besachwalteten“ Staaten Südeuropas, wie Griechenland oder Spanien, dort würde man dermatologische Notfälle der Troika sogar fallweise vorziehen.
Immerhin gibt die Bevölkerung dieser Länder den so organsierten Entscheidungsträgern eine gewaltige Mitschuld an ihrer misslichen Lage. Und auch wenn man natürlich anmerken kann, dass weder IWF noch die EZB etwa Griechenland zwangen, ein Paradies für Staatsdiener zu erschaffen, ist der Zorn der Menschen auf die politische Kaste – und damit vor allem auch auf die von außen oktroyierten Entscheidungen der EU – zumindest nachvollziehbar.
http://www.flickr.com/photos/poolie/
Immerhin wird den Menschen dort der Eindruck vermittelt, „ausländische Mächte“ würden mittels immer härterer Sparauflagen alles aus ihnen pressen, und tatsächlich sank der durchschnittliche Lebensstandard der betroffenen Länder seit dem Ausbruch der Schuldenkrise dramatisch.
Im Kreise des Triumvirats ist der IWF In Sachen globaler Unbeliebtheit selbstverständlich am erfahrensten, und zwar nicht erst, seit DSK die Hormone übermannten.
Nach dem Krieg hat das sogenannte Bretton-Woods Abkommen den IWF als Gegenstück zur Weltbank erschaffen, und bald war es Usus, dass der IWF das europäische Gegengewicht zur Schwesternorganisation Weltbank stellt – der oder die Chef/in des IWF kommt traditionell aus Europa, während die Weltbank fest in US-Hand ist.
Das Licht, in dem sich dieses duale System in den fetten Jahrzehnten nach dem Krieg etablierte, war dabei immer jenes der globalen Leitwährung: Des Dollars. Insofern kann man beide Organisationen natürlich auch als Bewahrer dieser Hegemonie sehen – daran hat sich auch nichts geändert, als etwa erstmals lautstark Kritik am „Konsens von Washington“ geäußert wurde.
Und obgleich der IWF auch in der Eurokrise mit der EU und der EZB an einem Strang zieht, wurden in diesen hektischen, letzten Jahren auch die schiefen Töne lauter. Was vor allem daran liegt, dass zwei durchaus unterschiedliche Modelle derzeit um Lösungen konkurrieren. Neben der EU/EZB, die noch immer über weite Strecken auf Konsolidierung durch Sparen setzen, haben die USA mit mehreren Wellen sogenannter „Quantitative Easing“ Programme einen anderen Weg beschritten – und es vergeht kein Tag, an dem nicht ein keynesianischer US-Ökonom, aber eben auch vereinzelte IWF Stimmen, Europa auffordern, auf den US-Kurs zu schwenken.
Das dürfte vor allem jenen Kräften in EU und EZB, die dies für einen Irrweg halten (etwa die deutschen Falken) ein Dorn im Auge sein, und wenn man damit auch ein Stück weit an der Dollar-Hegemonie (die ja durch IWF und Weltbank mitgefestigt wird) kratzen kann, umso besser. Nicht wenige dieser Kritiker schätzen die Stabilität des Euro, eben durch all die Vorsicht, wesentlich höher als jene des dauer-inflationierten US$ ein.
http://commons.wikimedia.org/wiki/User:MartinJost.eu
So ist eventuell auch der jüngste Vorstoß des deutschen EZB-Direktors Jörg Asmussen zu sehen, wie das Wallstreet Journal berichtet: Sobald der ESM zu einer Einrichtung der EU-27 werde und damit ein vollwertiger Ersatz für den IWF sein kann, sieht der smarte Banker mit der Glatze das Mandat des IWF als abgelaufen an.
Künftig sollen dann also, wenn es nach Asmussen und ähnlichen Stimmen in der EZB geht, die Kommission, die EZB und der ESM – mit stärkerer Kontrolle des EU-Parlaments (die fehlende, demokratische Legitimation, selbst des ESM, ist eines der dringlichsten europäischen Probleme) – die finanziellen Geschicke der EU lenken. Auch der EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sieht dies als Chance.
Wenn nun also Asmussen den IWF – und damit einen Pfeiler der Dollar-Hegemonie – aus der europäischen Krisenbekämpfung werfen will, ist das eine Sache. Vielleicht sollte man Asmussens Vorstoß auch ein bisschen als Konter auf die ewigen US-Einmischungen in die Eurokrise verstehen, vielleicht auch ein bisschen als neues Selbstbewusstsein einer Währung die so schlecht nicht dasteht, vor allem im Vergleich zum US-Dollar.
Das Ende des IWF, wie von Terry Lynn hier besungen, scheint jedenfalls nicht unmittelbar vor der Tür zu stehen.