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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

6. 5. 2013 - 14:55

Laserpointer werden Drohnenabwehrwaffen

Die neue Generation frei erhältlicher starker Laserpointer brennt Löcher durch dickes Plastik und kann kleinere Drohnen zum Absturz bringen. Das ist zwar illegal, aber leider auch einfach.

Eine permanentes "Auge am Himmel" sei eine "großartige Idee" für den nächsten Marathon, sagte Ed Davies, der Polizeipräsident von Boston nach den Bombenanschlägen im Zielraum der Veranstaltung.

Mit dieser Ansicht ist Davies nicht allein. Seit Juni 2012 melden vom Katastrophenschutz bis zu den Strafverfolgern immer mehr Behörden Testprojekte für den Einsatz von Drohnen bei der US-Luftfahrtbehörde FAA an. In 37 der 52 Bundesstaaten laufen Gesetzesinitiativen, um die Rechtsgrundlage für Einsätze unbemannter kleiner Flieger im zivilen Luftraum zu erstellen.

Dazu kommt eine rapide wachsende Zahl an Selbstbauenthusiasten, immer mehr Firmen bieten Bausätze für kleine Helikopter mit vier oder acht Rotoren an. Und es gibt auch eine wachsende Anzahl kommerzieller Anbieter, die herkömmliche Modellflieger mit billigen Arduino-Chipsets, GPS und allerhand Sensoren zu Robotfliegern hochüsten.

ein quadrocopter

(CC BY 2.0) flickr.com: quadrocopter

Drohnen, das "nächste große Ding"

Konservativ gerechnet müssen mindestens 100.000 solcher Fluggeräte in den USA bereits in privaten Händen sind. Nicht wenige der Enthusiasten haben bereits Businesspläne, denn private Drohnen gelten in den USA längst als das "next big thing", sowohl als Gadgets im Konsumentenbereich wie auch im Dienstleistungsbereich.

82 Milliarden Euro Umsatz werden im Sektor "unbemannte Luftfahrt" für den Zeіtraum 2015 bis 2025 prognostiziert, vorausgesetzt, dass der zivile Luftraum bis dahin in Teilen für Drohnen freigegeben wird.

In einer solchen Pionier- und Startup-Atmosphäre spielt der Sicherheitsgedanke naturgemäß eine untergeordnete Rolle. Sicherheit steht lediglich im Zusammenhang der Verträglichkeit von Drohnen mit den Sicherheitsregeln der Zivilluftfahrt im Zentrum der Diskussion.

Angreifbarkeit

Auch in den EU-Staaten drängt die Rüstungsindustrie darauf, unbemannte Flieger zur Überwachung der Außengrenzen, bei Großereignissen und für kommerzielle Zwecke zuzulassen. In Deutschland wurde das Zivilluftfahrtgesetz bereits 2011 abgeändert, um einen Testbetrieb mit Drohnen zuzulassen, in Österreich wartet man noch ab.

Da der gesamte Luftverkehr immer noch auf analogem Sprachfunk basiert, ist die Kommunikation der Fluglotsen mit den digitalen Robotfliegern ein noch weitgehend ungeklärtes Problem. Der wohl prominenteste Kritiker an der geplanten Zulassung von Drohnen im zivilen Luftraum ist Eric Schmidt, der Chairman von Google (siehe unten).

Überhaupt nicht diskutiert wird jedoch, dass diese privaten und polizeilichen Langsam- und Niedrigflieger vom Boden her leicht angreifbar sind, alle dafür nötigen drei Basiskomponenten sind schon massenhaft und billig vorhanden. Die geschilderte Kombination aus den drei Technologien ist natürlich illegal und kann außerordentlich gefährlich werden.

Im Moment gefährdet man damit kleine Quad- oder Oktokopter, die rechtlich keine "unbemannten Fluggeräte" sondern Modellflieger sind, und je nach Land bis zu 150 Meter hoch fliegen dürfen. Militärische Drohnen sind mit solch primitiven Angriffen nicht zu beeindrucken. Die eigentliche Gefahr besteht darin, dass Drohnen, die militärische Sicherheitsstandards erfüllen, ein Vielfaches einer nicht "gehärteten" Drohne kosten.

Bis jetzt haben aber alle US-Regierungen immer dann die Hürden besonders niedrig gelegt, wenn eine neue Technologie vor dem Durchbruch stand. Es ist also davon auszugehen, dass 2015 in dieser Hinsicht mit viel zu niedrigen Standards in den zivilen Luftraum der USA gestartet wird.

Die Komponenten

Es fängt mit einem alten, leicht modifizierten CB-Funkgerät an, um die manuelle Steuerung der Drohnen durch deren "Piloten" aus der Ferne lahmzulegen. Dazu kommen die jahrelang in enormen Stückzahlen vertriebenen, illegalen GPS-Störsender, die im LKW-Transportgewerbe und von Autodieben verwendet werden.

Mit diesem primitiven Set-Up lassen sich sowohl manuelle Steuerung der Drohnen wie auch die GPS-Navigation lahmlegen.

Die größte Community für Selbstbaudrohnen DIY Drones wird vom ehemaligen Wired-Redakteur Chris Anderson angeführt. Anderson hat seinen Journalistenjob aufgegeben und ist nun CEO einer Startup-Firma für zivile Drohnen.

Zu diesen beiden Abfallprodukten des Mobilitäts- und Kommunikationszeitalters kommt noch der gute alte "Laserpointer". Die ehemalige Zeigehilfe für Vortragende hat sich mittlerweile zu einer regelrechten Laserwaffe ausgewachsen. Wie bei den Drohnen mangelt es auch hier nicht an Technikenthusiasten, die aus frei erhältlichen Bauteilen selber "Ray Guns" mit mehr als zwei Watt Leistung bauen.

Wenn die Powerpoint-Folie brennt

Mittlerweile gibt es bereits einige Unternehmen in den USA, die solch schicke, blaue Laser mit einem Watt Leistung um weniger als 300 Dollar frei verkaufen. In militärischen Begriffen ausgedrückt, ist das die dritte Komponente eines ziemlich effizienten Luftabwehrsystems zur Bekämpfung niedrig fliegender, nicht gehärteter Drohnen im urbanen Raum.

Ein Einsatz einer solchen "Ray Gun" als Laserpointer in einem Vortragsaal würde zum sofortigen Abbrennen der Leinwand führen, ein Schwenk durchs Publikum hätte zumindest schwere Augenschäden direkt Getroffener zur Folge. Wie gefährlich diese Laser sind, die im Nahbereich dickes Plastik schneiden können, zeigt der Umstand, dass gerade gestandene Hardwarehacker vor leichtfertigem Einsatz warnen.

Laser gegen Drohnen bei den Militärs

Die US-Militärs haben inzwischen starke Laserkanonen zur Abwehr von Lenkwaffen serienreif entwickelt. Angreifende Einwegdrohnen - nichts anderes sind ja Lenkwaffen - werden mit einem extrem starken, gepulsten Laser in Lichtgeschwindigkeit getroffen und durch Hitze zur Explosion gebracht.

Das erste System zur Abwehr von Lenkwaffen durch gebündelte Lichtimpulse wird schon Anfang 2014 an Bord des Zerstörers "USS Ponce" am Persischen Golf eingesetzt.

Mit Laserwaffen in privater Hand lassen sich derart spektakuläre Abschüsse natürlich nicht erreichen, den Absturz einer kleinen bis mittleren Drohne - ob privat oder von der Polizei betrieben - können sie aber allemal herbeiführen. Das ist die Crux, wenn zwei konträre militärische Technologien - unbemannte Flieger und starke Laser - gleichzeitig in der Zivilgesellschaft ankommen.

Ausblasen von Sensoren

Die wichtigsten Sensoren dieser Drohnen, Objektive von Videokameras, laserbasierte Höhenmesser usw., arbeiten ebenso wie die "Ray Guns" mit Licht. Wenn extrem gebündeltes Licht alias Laser aber in die offene Optik einer Videokamera trifft, hinter der Lichtverstärkungsmodule werken und eine äußerst sensible Elektronik die Bilder berechnet, dann wird dieser Kamera das Licht für immer ausgeblasen. Ebenso ergeht es allen anderen laserbasierten Sensoren, die nach unten "sehen" müssen, wie jene der Bodenabstandsmessung.

Laser

wicked lasers

Der 1,4 Watt starke blaue Laser der obersten Gefahrenklasse IV von Wickedlaser ist um 299 Dollar im freien Verkauf erhältlich. Auf den Websites der Laserbastler finden sich bereits Selbstbaulaser, die zwei und mehr Watt leisten. Etwas kleinere Laserpointer sind auch in Österreich frei erhältlich.

GPS-Jammer

Mit der zunehmend lückenlosen Überwachung der LKW-Transporte haben sich immer mehr Fernfahrer GPS-Störgeräte zugelegt, die in zahlreichen Webshops um weniger als 50 Dollar erhältlich sind.

Systematisch eingesetzt werden diese illegalen Geräte, wenn die Transportfirma selbst verhindern will, dass nicht registrierte Fahrten, oder Abkürzungen über nichterlaubte Routen im Flottenmanagement dokumentiert werden. Zudem werden diese "GPS-Jammer" im oberen Segment des gewerblichen Autodiebstahls routinemäßig verwendet, um ein gestohlenes Fahrzeug an der Übermittlung seiner Position zu hindern.

"GPS-Störungen" sind also weitaus häufiger als man gemeinhin denkt und um 50 Dollar überall im Web erhältlich. Das ist die nächste Militärtechnologie, denn Störung der gegnerischen Kommunikation war immer schon in der Domäne der Militärs.

Wesentlich komplexer, als die Steuerungssysteme einfach lahmzulegen, aber ebenso möglich ist es, der Drohne über einen entsprechenden Sender falsche GPS-Daten unterzujubeln. Die manuelle Steuerung der Drohne über ein modifiziertes CB-Funkgerät zu übernehmen und eine Drohne zu entführen ist wiederum recht einfach, sobald man die Befehle kennt.

Verfünffachte GPS-Störleistung

Ein GPS-Jammer kommt im Fahrzeuginnenraum mit einer Behelfsantenne aus, um den Empfang der GPS-Signale an Bord lahmzulegen. Schließt man (doppelt illegal) stattdessen jedoch eine frei erhältliche oder einfach selbst zu bauende Richtantenne für den GPS-Bereich an, dann verfünffacht sich die tatsächlich abgestrahlte Leistung.

In einem Winkel von 45 Grad rund um die "Schussrichtung" der Antenne wird jeder GPS-Empfänger lahmgelegt, da ein gerichtetes Störsignal aus ein paar hundert Metern Entfernung eben stärker ist als es die GPS-Signale aus 300 Kilometern sind, die ein Satellit abstrahlt. Der Kollateralschaden ist, dass von Autonavigation bis zur Synchronisation von Handymasten, Fertigungsanlagen eine Unzahl völlig verschiedener GPS-gesteuerter Anlagen in der Umgebung zeitweilig "geblendet" wird.

Manövrierunfähig

Ein leicht modifiziertes, altes CB-Funkgerät mit einer entsprechend abgestimmte Antenne genügen dann, um die manuellen Steuerungsbefehle der schwächlichen Steuerkonsole der "Drohnenpiloten" zu verblasen.

Die Steuerkanäle für Modellflugzeuge wie für die meisten derzeitigen Drohnen sind im oberen Kurzwellenbereich direkt neben den CB-Frequenzen angesiedelt. Damit ist die Drohne manövrierunfähig und leichtes Ziel für einen "Ray Gun"-Schützen.

Eric Schmidt, Drohnenkritiker

Wie weit die Drohnen bereits in die Zivilgesellschaft vorgedrungen sind, zeigt etwa der Umstand, dass am "College for Journalism and Mass Communication" an der University of Nebraska bereits ein "Drone Journalism Lab" eingerichtet wurde.

Der wohl prominenteste Kritiker am bevorstehenden Einsatz von Drohnen in der Zivilgesellschaft und vernehmlichste Rufer nach staatlicher Regulation der privaten Drohnenfliegerei ist ausgerechnet Eric Schmidt. Seit Jahresbeginn warnt der Chairman des global größten Sammlers personenbezogener Daten Google vor Verletzungen der Privatsphäre und der Militarisierung der Gesellschaft durch eine solche Aufrüstung mit Kriegsgerät.

Zwar deckt sich Schmidts Position hier mit der von Bürgerrechtlern wie der American Civil Liberties Union, die Motivlage aber dürfte erheblich differieren. Prominente wie Schmidt sind natürlich erstes Ziel von Paparazzi, die mit den Leichtfliegern über ein leistungsfähiges, neues Instrument verfügen.

Zum anderen besitzt Schmidt zusammen mit den beiden Google-Gründern Larry Page und Sergei Brin einen der weltgrößten Flugzeugparks in Privathand. Schmidt selbst pilotiert selbvst bevorzugt einen schicken Gulfstream-Jet, wie er auch von der saudischen Königsfamilie benutzt wird.

eine gulfstream hebt ab

cc: flickr.com wbaiv

Piloten und Drohnenbastler

Nicht nur die Drohnenbastler haben einen ausgeprägt emotionalen Zugang zu dieser Art von Fluggerät, sondern auch Piloten. Deren Zugang ist dem der Bastler freilich diametral entgegengesetzt, es ist nämlich abgrundtiefe Verachtung gegenüber fliegendem Spielzeug, das "echten" Fliegern beim Landeanflug sehr gefährlich werden kann. Wenn dann in Erdnähe auch noch mit starken Lasern "Krieg der Drohnen" gespielt wird, so werden auch eingefleischte Wirtschaftsliberale wie Schmidt zu Verfechtern staatlicher Regulation.

Mit Verboten von Lasern, die aus vielen Industriezweigen nicht mehr wegzudenken sind, aber wird man sich extrem schwer tun. Das gilt besonders für die USA, wo in einzelnen Bundesstaaten sogar die Verwendung scharfer Schusswaffen durch Vorschulkinder unter Aufsicht erlaubt ist.

Was militärische Drohnen unterscheidet

Militärischen Drohnensystemen, die allerdings um ein Vielfaches teurer sind, ist mit solch primitiven Mitteln - wie geschildert - überhaupt nicht beizukommen. Sie sind mit zusätzlichen Sensoren ausgerüstet, die den Boden nach gefährlichen Signalen oder Lichtquellen absuchen und gefährdete Sensoren zwischendurch abschalten.

Militärisches GPS ist gegen solche Störungen völlig resistent, die manuelle Steuerung der Drohnen erfolgt über verschlüsselte Funkkanäle, die ebensowenig angreifbar sind. Dazu kommen weitere Navigations- und Fallbackroutinen samt Radarsensoren und entsprechende Anti-Kollisionsprogramme, um Hindernissen auszuweichen.

Wenigstens diese Bedingungen aber müssten erfüllt sein, dass eine Drohne überhaupt als grundsätzlich "airworthy" oder lufttauglich für den zivilen Flugraum befunden wird.