Erstellt am: 5. 5. 2013 - 16:56 Uhr
Der Feind in meinem Bett
Der Song zum Sonntag auf FM4
Es ist Zeit für ein neues Postpunk-Revival. Oder ein ganz anderes. Savages sind eine aufregende, gefährliche Band. Dieses englische Quartett meint es ernst. Savages haben ihre Musik von modischem Schnickschnack, Pose und Weichheit - wie sie von so manch so genannter Post-Punk-Revival-Band gerne betrieben werden - befreit und stechen stattdessen lieber mit kalter Hand ins dunkle Herz. Neu erfunden wird aber auch bei Savages nichts, hier hallen die späten 70er und die frühen 80er Großbritanniens immer deutlich nach, Krise und Industrieruinen.
Hier wird jedoch nicht bloß eine zickige, nervöse Klangästhetik in ein funky Kostümchen gesteckt, "to make girls dance", bei Savages sprechen immer Isolation und Zerrüttung aus der Musik, genauso Aufstand, Revolution und Kampf. Tendenziell "schwierige" Bands wie Wire oder die Pop Group sind hier herauszuhören, Bauhaus, die unvermeidlichen Joy Division und, immer wieder, drüben aus New York, Patti Smith. Musik mit Agenda.
Savages
Gerade ist das schon mit harter Ansage "Silence Yourself" betitelte Debütalbum (dazu demnächst mehr) der Band um Frontfrau Jehnny Beth erschienen, schon auf dem Albumcover - in schwarz-weiß - prangt ein Manifest: Da beklagen die vier Musikerinnen - ganz im Sinne des Albumtitels - das ständige Informationsgeklingel der Welt, den Datenlärm, den andauernden elektronischen Entertainment-Terror.
Auch machen Savages auf ihrer Website klar, dass ihnen das ständige Geleuchte und Gefilme von Mobiltelefonen auf Konzerten gar nicht gut gefällt. Naja, darüber müsste man sich vielleicht noch einmal ein paar Gedanken machen, über so eine ein bisschen angestaubte Rockspießigkeit - man merkt jedoch immerhin gleich, dass hier eine frische, junge Band in die Welt kommt, die mit Attitude, Identität und Idee ausgestattet ist.
Diesbezüglich ist die Nummer "Husbands" - die erste, die Savages im vergangenen Jahr überhaupt veröffentlicht haben - vielleicht immer noch die eindringlichste der Band. Auf dem elf Stücke starken, nicht ganz vierzig Minuten langen Debütalbum ist "Husbands" jetzt, vor einer - in musikalischer Hinsicht - fast schon versöhnlichen, mitunter gar balladenhaften Abschlussnummer am Piano, als vorletztes Stück platziert: Ein knappes, gehetztes Stück, das noch einmal verdeutlicht und in wenigen Zeilen verdichtet, dass wir es hier mit einer Band zu tun haben, der es um etwas geht.
"Oh God, I wanna get, get rid of it: My House, My Bed, My Husbands, Husbands, Husbands." singt Jehnny Beth. Entfremdung und die Entscheidung, sich aus einer unbefriedigenden Gesellschaft, aus einer unerträglich gewordenen - im engeren und weiteren Sinne - Beziehung zu verabschieden. Hier werden Ehe und Haushalt aufgelöst, insgesamt werden in "Husbands" aber natürlich ganze von Männern dominierte Systeme zu Grabe getragen. So muss es sein. Dass hier von Ehemännern im Plural die Rede ist, gibt dem Song nur eine zusätzliche spannende Drehung, weist aber auch die Erzählerin im Stück eindeutig als diejenige aus, die hier in control ist.
Es ist aber auch schon ein Song, zu dem man tanzen kann und soll. Gitarren sägen, ein schlanker Drumbeat, ein Basslauf. Schon lange nicht mehr hat die klassische Gitarrenband-Besetzung so wichtig geklungen. Ein hartes Stück Musik, zu Recht und zum Glück.