Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Sunnenfinsternis"

Daniela Derntl

Diggin' Diversity

4. 5. 2013 - 18:31

Sunnenfinsternis

Die Suuns sind super, Darkstar auch. !!! enttäuschen. So war die Freitag Nacht beim Donaufestival Krems.

FM4 Festivalradio

Alle Stories vom Donaufestival in Krems unter

Nach einer Nacht der alten Männer geht es am Freitag mit junger, zeitgenössischer Musik weiter. Zum Glück!

Darkstar

Darkstar machen jetzt Musik für die ruhigen Momente des Tages. Für James Young ist das die Zeit zwischen Frühstück und Mittagessen, aber auch als Opener für die Freitag Nacht funktioniert ihre Musik ausgezeichnet. Statt Dubstep machen die Londoner jetzt sphärische und melodie-verhangene Synthie-Sounds. Es ist aber nicht so, dass sie jetzt keinen Bock mehr auf Clubmusik haben, auch wenn sie jetzt weniger weggehen als früher. Sie wollten sich einfach musikalisch weiterentwickeln, sagt Aiden Whalley. Das Konzert ist ein tiefes Luftholen und Innehalten, bevor die Beats, Bässe und BMP-Zahlen in der Halle 2 nach oben schnellen.

Donaufestival

David Visnjic

Die neue musikalische Ausrichtung steht Darkstar ausgezeichnet. Während andere Bands dem Dubstep nachlaufen, weil man damit eventuell viel Geld verdienen kann, wendet sich die zum Trio gereifte Formation poppigen Ambient für die Slo-Mo-Disco zu. Die Musik erinnert an Animal Collective und Selected Ambient Works von Aphex Twin. Man schließt die Augen, wippt ein bisschen und jagt seinen Träumen nach. Ein wunderbarer Einstieg in einen spannenden Konzertabend.

Eva Brunner über How To Dress Well

Der 27-Jährige Tom Krell alias How to Dress Well liebt R&B, liebt D'Angelo, Janet Jackson, TLC und R. Kelly und steht zu hundert Prozent dazu. R. Kellys Track "I Wish" covert er auf der Bühne mit geschlossenen Augen, singt im ätherischen Falsett und switcht ständig zwischen zwei Mikrofonen.

Donaufestival

David Visnjic

Krells Sound berührt mit seiner äußerst sympathischen Art auch den härtesten Noise-Fan – selbst wenn der es nie zugeben würde. Den Sound von How To Dress Well "Hipster R&B' Sound" zu nennen ist ein bisschen gemein. De facto schafft es der derzeit in Köln lebende Krell 90iger R&B trotz der innewohnenden schmalzigen Romantik mit Noise-Attüden und avantgardistischen Soundkompositionen gekonnt ins heute zu katapultieren. Schön!

David Pfister über Thunderdrone

Während am zweiten Tag des zweiten Donaufestival-Wochenendes also auch mal wieder Popmusik aufgeführt wird, die sich an klassischen Formeln orientiert, wie zum Beispiel die Kinder der inzwischen aufgelösten Electro-Rocker Bunny Lake – die Rede ist von der Wiener Formation HVOB – steigt in der Halle 3 so etwas wie die Fortsetzung des Witch House-Schwerpunkt des ersten Wochenendes des Donaufestival. Eine Formation aus Österreich namens Thunderdrone hantiert mit der bewährten Formel des Black Metal, ohne soundtechnisch auch nur irgendetwas mit diesem Genre zu tun zu haben. Es geht um die Betonung von Schnelligkeit und perkussiven Elementen. Macht man den Rhythmus zum alles dominierenden Manifest und schraubt man die Geschwindigkeit immer mehr auf die Spitze, löst sich der infernalische Terror in beruhigendem Ambient auf.

Donaufestival

David Visnjic

Thunderdrone alchemisiert mit diesem Geheimnis, bricht aber vor der letzten endgültigen Konsequenz ab. Die BesucherIn lässt er somit in einem Spannungsfeld aus Aggression und Angenehmheit pendeln. Manchmal schimmern sogar auch Ahnungen von Throbbing Gristle in ihren Disco-Momenten durch. Disco soll hier aber bitte nur als sardonische Koketterie verstanden werden. Ein paar mehr Innovationen würden den Sound wohl abgründiger machen, aber die sture Verbissenheit, die sich auch in einem an Sparsamkeit nicht mehr zu toppenden Bühnenauftritt manifestiert, führt zu einer klaren Standortbestimmung.

Eva Brunner über Suuns

Die Post-punkigen Experimental-Rocker SUUNS aus Montreal haben am Freitag ihr großartiges, zweites Album „Images du Futur“ live im Stadtsaal vorstellen. Die verschnupfte Stimme von Sänger Ben Shemie orientiert sich am entschleunigten Sound seiner instrumental versierten Bandmitglieder. Die Suuns schaffen es in der einen Minute beim Publikum eine komplette Orientierungslosigkeit hervorzurufen und trotzdem kann man in der anderen darauf vertrauen, dass die Kanadier musikalisch immer die Zügel in der Hand halten.

Donaufestival

David Visnjic

Die vier studierten Jazzmusiker aus Montreal verwirren gekonnt mit ihrer Mischung aus New Psychedelic, Post und Art-Rock. Zuerst lullen die Suuns mit tiefen Bassnoten und dem dahinplätschernden Rhythmus einer leisen Hi-Hat ein, wie in „Edie’s Dream“. Dann machen sie einem mit flirrenden Synthesizern, verhallten Kuhglocken und gruseligen Vocals in Zeitlupen-Geschwindigkeit unbequem. Jede Note, jedes Soundelement ist durchdacht und funktioniert live wie auf Platte. Das Konzert beim Donaufestival ist der perfekte Soundtrack für die hoffnungsvolle, teils von Frust geplagter Aufbruchsstimmung der Gegenwart. Ein definitives Highlight am Donaufestival.

The last Band standing

! ! ! können nicht wirklich überzeugen. Das ist Schade. Ihr neues Album Thr!!!er ist weniger eine Hommage an Michael Jackson, sondern ihr Versuch, eine Platte voller Hits zu machen, sagt Sänger Nic Offer. Doch diese Messlatte liegt viel zu hoch.

Donaufestival

David Visnjic

Live springt der Funke nicht wirklich über, in der Indie-Disco zappeln nur Wenige. Sänger Nic Offer macht den Hampelmann und turnt in Boxershorts auf der Bühne herum. Was als vermeintlich coole "I dance like nobodys watching"-Performance oder als Publikums-Einheizer gedacht war, wirkt deplaziert und eigenartig. Dazu spult die Band Weißbrot-Funk ab und macht damit unfreiwillig deutlich, warum sie eine der letzten großen Funk-Punk-Bands sind. Das LCD-Soundsystem ist Geschichte und auch von The Rapture hat man schon länger nichts mehr gehört. Der Zug für diese Musik ist schon aus dem Bahnhof Krems abgefahren. Sänger Nic Offer sagt über das Phänomen, die letzte Funk-Punk-Band zu sein: "I don´t know what they found better to do. There is a Reason to get up there and give the best show that we can. I don´t know, why the hunger is still there."

Heute Nacht freuen wir uns auf Death Grips, The Gaslamp Killer, Ghostpoet und Omar Souleyman.