Erstellt am: 1. 5. 2013 - 16:28 Uhr
"Geld hat kein Mascherl"
Unabhängig wollen sie sein, die Fachschaftslisten. Das heißt keine Finanzierung durch eine Mutterpartei, kein zusätzliches Geld für den Wahlkampf: Die FLÖ sind ein loses Netzwerk lokaler Listen. Das macht die Koordinierung nicht gerade einfach. Trotzdem: Bei der letzten ÖH-Wahl haben die FLÖ 15 Mandate ergattert und waren zweitstärkste Fraktion. Zusammen mit GRAS, VSSTÖ und FEST haben sie die ÖH-Exekutive bestellt. Werden sie bei der ÖH-Wahl 2013 wieder so gut abschneiden?
Ich habe einen der Spitzenkandidat_innen der FLÖ interviewt. Florian Kraushofer ist 21 Jahre alt und bereits im Masterstudium Technische Physik an der TU Wien. Seit 2011 ist er im Bildungspolitischen Referat der TU tätig und außerdem Mandatar der ÖH-Bundesvertretung. Florian Kraushofer ist also trotz seines jungen Alters kein Unbekannter in der HochschülerInnenschaft.
Tobias Fellinger
Warum trittst du gerade für die FLÖ an?
Ich bin da irgendwie geschichtlich über die #unibrennt-Bewegung an der TU Wien reingewachsen. Ich wüsste nicht, warum ich woanders antreten sollte.
Ich habe versucht, ein bisschen etwas privat über dich herauszufinden, habe aber nur dein Facebook-Profil gefunden, das ziemlich geschlossen und restriktiv ist. Dort ist nur ein Foto von dir zu finden. Andere Spitzenkandidat_innen haben Twitter-Accounts oder öffentliche Homepages, wo sie sich selbst präsentieren. Warum ist das bei dir nicht der Fall?
Prinzipiell finde ich hat das nicht viel im Wahlkampf zu suchen. Ich bin kein großer Fan vom Personenkult allgemein im demokratischen System. Und dazu kommt noch, dass die Fachschaftslisten sehr lokale Wahlkämpfe in erster Linie führen und dieser Bundeswahlkampf für uns jetzt nicht so das primäre ist. Das heißt, es liegt nicht so an mir, wie bei den anderen Fraktionen.
Dennoch, irgendwie musst du dich ja präsentieren, du willst ja auch gewählt werden. Du bist 21 und jetzt schon im Masterstudium Technische Physik. Da gibt es ja auch das Vorurteil, die an der TU brauchen Social-Skills-Kurse, damit sie sozial erträglicher und verständnisvoller für alle werden. Warum bist du prädestiniert als Spitzenkandidat in dieser Hinsicht und hast du solche Social-Skills-Kurse gemacht?
Nein, Social-Skills-Kurse habe ich nicht gemacht. Ich glaube auch nicht, dass ich ein Defizit an Social Skills habe. Ich würde mich weniger als Nerd, als - wenn überhaupt in eine Schublade - zu den Strebern stecken lassen. Das wäre wahrscheinlich ganz berechtigt. Warum Spitzenkandidat? Weil ich sehr in der Materie drinnen bin, weil ich die letzten zwei Jahre in diesem Bereich sehr viel gemacht habe und gesagt habe, es interessiert mich. Und offenbar gibt es innerhalb meiner Fraktion das Vertrauen, dass ich das gut mache und das reicht mir.
ÖH-Wahl auf FM4
Vom 14.-16. Mai finden an Österreichs Fachhochschulen und Universitäten die ÖH-Wahlen statt. Wir stellen euch alle Fraktionen und deren Anliegen vor.
Radio FM4 überträgt die Diskussion der SpitzenkandidatInnen der Listenverbände, moderiert von Armin Wolf, am 7. Mai ab 19 Uhr live als Video-Webstream aus dem großen Festsaal der Uni Wien und ihr könnt ihn euch danach 7 Tage on Demand anschauen.
Alle FM4-Stories unter
Weitere Infos zur ÖH-Wahl gibt es auf wahl.oeh.ac.at und auf wahlkabine.at könnt ihr via Fragebogen herausfinden, welche Fraktion eure Meinung am ehesten vertritt.
Ein kurzes Zitat von eurer Homepage: "Von 14. bis 16. Mai dieses Jahres finden wieder ÖH-Wahlen statt. Schon jetzt merkt man da und dort etwas vom aufkommenden Wahlkampf. Erste Fraktionen tauchen wieder aus der Versenkung auf und suggerieren Aktivität an manchen Universitäten obwohl man lange nichts mehr von ihnen gehört hat." - Das ist ein Eintrag von Anfang Jänner 2013. Ihr habt in diesem Jahr bisher etwa fünf Einträge gemacht. Davor gabs zwei Jahre lang nichts zu lesen. Von euch hat man auch nichts gehört, zumindest nicht auf eurer Homepage.
Ja als Fraktion. Wir versuchen während dieser zwei Jahre dieses ganze Fraktions-Hick-Hack ein bisschen draußen zu halten und inhaltliche Arbeit zu machen, als ÖH, als gewählte aktive Vertretung bzw. als Opposition. Medienwirksam ist man in Wahrheit sowieso nicht, wenn nicht gerade ÖH-Wahlkampf ist. Also versuchen wir uns darauf zu konzentrieren, dort zu arbeiten. Als Fraktion während der Periode aufzutreten, halten wir für relativ kontraproduktiv (...). Dass wir nicht bei ÖH-Projekten versuchen den FLÖ-Stempel draufzusetzen und das auf unserer Homepage zu vermarkten, finde ich spricht eher für uns. Ich halte es für sinnvoll, dass man während dieser zwei Jahre versucht, dieses "Das haben wir gemacht" und "Da sind wir besser als die anderen" ein bisschen draußen zu halten. Das ist auch für die Zusammenarbeit nicht gut.
Die GRAS bekommt etwa 40.000 Euro von der Mutterpartei, von den Grünen, als Finanzierung. Ihr habt es da etwas schwerer, ohne Partei, die hinter euch steht. Ihr müsst Schafe ausschneiden aus Holz und versucht so Wahlkampf zu machen. Und ihr habt wahrscheinlich auch die wenigsten Wahlplakate. Kann man so die stärkste Fraktion werden, wird man so gewählt?
Ja das ist ganz interessant. Unser Wahlkampf ist eben überhaupt nicht auf Bundesebene aufgezogen, bzw. hat auch keinen Schwerpunkt darauf. Alle Unigruppen machen ihr eigenes Ding, auch auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Es gibt ja auch Unis, an denen von den FLÖ-Gruppen mehr plakatiert wird. Man kann offensichtlich auch so gewählt werden, sonst wären wir nicht zweitstärkste Fraktion. Ich denke, es ist auch ein bisschen dem Umstand zu verdanken, dass wir momentan kein direktes Wahlrecht der Bundesvertretung haben und dass die Leute auf den Universitätsvertretungen dann schon auch die gute Arbeit sehen, die dort gemacht wird und dann auch diese Listen wieder wählen, obwohl sie vielleicht nicht den wahnsinnigen Wahlkampf machen. Was natürlich nicht heißt, dass wir gegen eine Direktwahl sind. Die wollen wir unbedingt wieder haben, auch wenn das wahrscheinlich dazu führen wird, dass wir etwas schrumpfen.
Was ist für dich der wichtigste Punkt in eurem Programm?
Für mich persönlich liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der Bildungspolitik. Ich denke, die größte politische Forderung ist natürlich die nach der Ausfinanzierung der Universitäten, aber das ist nicht so einfach umzusetzen. Kurzfristig finde ich ein sehr gutes Ziel die Forderung nach einer Einbeziehung der Lehrveranstaltungsevaluierungen in die Finanzierung. Es gibt ja momentan indikatorgebundene Budgets und wenn man da die Outcomes von Evaluierungen von Lehrveranstaltungen einfließen lassen würde, dann würde es vielleicht auch für Universitäten zu einer Priorität werden, dass wenn jemand schlechte Lehre macht, man den entweder didaktisch weiterbildet oder die Lehre jemand anderen machen lässt.
Diese Evaluierungen kennen wir alle am Ende eines Semesters. Vielleicht haben wir einen schweren Professor gehabt, der eine fiese Abschlussprüfung macht. Ich gebe ihm am Ende des Semesters eine schlechte Bewertung. Heißt das dann, dass ihm die Mittel gestrichen werden?
Prinzipiell muss ich sagen entspricht es nicht meiner Erfahrung, dass die Leute, die fiese Prüfungen machen, automatisch total schlechte Bewertungen bekommen. Es ist schon so, dass gerade in den oberen Beurteilungsgraden ein bisschen ein Beliebtheitscontest herrscht. Aber das könnte man auch mit einer Adaption des Bewertungssystems abfedern, zum Beispiel wenn man sagt, man hat eine Beurteilung von 1 bis 5, dann ist 1 bis 3 egal und bei 4 und 5 fängt das System an zu greifen. Ich komme selbst aus einem Studium mit einigen eher schwierigen Prüfungen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, wenn die Lehrenden didaktisch gut sind, dass sie dann auch nicht in Grund und Boden beurteilt werden, sondern zumindest im mittleren Bereich landen.
Ein zentraler Bestandteil eures Programms ist das Erhöhen der Beihilfen, die ja seit Jahren nicht inflationsangepasst sind und die Abschaffung der Altersgrenzen. Wie soll das finanziert werden?
Bei der Anhebung der Beihilfen sind sich innerhalb der ÖH ja alle ziemlich einig. Also zumindest bei der Familienbeihilfe, dass das zumindest wieder bis 26 Jahre gehen soll. Dass das für uns ein Anliegen ist, dass das auch länger funktioniert, ist denke ich relativ klar. Als Vertretung der Studierenden sollte man sich dafür einsetzen. Ich sehe nicht ein, warum jemand, der vor dem Studieren etwas anderes gemacht hat, von diesen Beihilfen automatisch ausgeschlossen sein soll. Es ist natürlich eine Budgetfrage und die Regierung sagt dann immer, wir haben kein Geld für sowas. Ich denke, es ist seitens der Regierung auch immer eine Frage der Prioritäten. Mehr Geld für Universitäten wär denke ich furchtbar wichtig, genauso wie Geld für Beihilfen für Studierende. Weil wir wollen ja, dass mehr Leute studieren und einen Abschluss machen. Dieser Mangel bei den Beihilfen führt dazu, dass total viele Leute, die es eigentlich interessiert und die es eigentlich schaffen würden, abbrechen müssen, weil sie sich das Studium einfach nicht mehr leisten können. Und das ist eine Unsinnigkeit sondersgleichen.
Woher soll das Geld kommen?
Da gibt es den sehr schönen Spruch "Geld hat kein Mascherl". Prinzipiell kann ich mir sehr viele Wege vorstellen, wie die Regierung Geld einsparen könnte. Ich will aber ganz ehrlich nicht sagen "Macht´s Vermögenssteuern, damit wir mehr Geld für Universitäten haben!" oder sowas. Weil das ist erstens eigentlich nur Populismus und zweitens degradiert es die Frage des "Wir brauchen Geld für Bildung", weil es reduziert wird auf eine Neiddebatte. Haben wir für das eine oder für das andere Geld? Und das ist nicht die Situation, in der wir sind. Es kann nicht so schwer sein für den Staat Österreich, eine Milliarde mehr für den Hochschulsektor aufzustellen.
Eine absolute Mehrheit ist für die FLÖ nicht in Sicht. Eine Koalition mit dem RFS, dem Ring Freiheitlicher Studenten, hast du im Vorfeld bereits ausgeschlossen. Die AG und die Julis plädieren für Studiengebühren, ihr seid dagegen. Aber eine Koalition hast du mit denen nicht ausgeschlossen. Würdest du in Richtung Studiengebühren wackeln und bei einer Koalition auch für Studiengebühren sein?
Nein auf keinen Fall. Die Forderung ist für uns fix, die können wir nach der Wahl nicht aufgeben. Prinzipiell kann ich mir gerade bei der AG vorstellen, dass sie durchaus bereit ist, auf uns zuzukommen. Das wird man nach der Wahl sehen, was für Zugeständnisse gemacht werden können. Bei den Julis habe ich meine Zweifel, aber gut, das sind die Julis.
Das heißt, wenn es zu einer Dreierkoalition aus Julis, AG und FLÖ käme, glaubst du, dass zwei Fraktionen wirklich auf ihre Forderung, Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen einzuführen bzw. zu stärken, verzichten würden?
Sonst würde es zu dieser Dreierkoalition nicht kommen. Und ja, ich halte das auch für sehr unwahrscheinlich.
Das ganze Interview mit Florian Kraushofer von der FLÖ
Die Interviews mit den Spitzenkandidat_innen der ÖH-Wahl gibt es auch im Interview Podcast.
Wie schätzt Florian Kraushofer die Arbeit seines Vorgängers Martin Schott ein, der aktuell für die FLÖ in der ÖH-Exekutive ist? Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Koordinierung der einzelnen lokalen Listen? Kann man in einer Koaltion mit GRAS und VSSTÖ, wie das bisher der Fall war, seine Parteiunabhängigkeit überhaupt bewahren?
Über die Ausfinanzierung der Hochschulen, den Vorschlag, die Bundesimmobiliengesellschaft soll die Unterrichtsgebäude an die Universitäten überschreiben, über Florian Kraushofers Wunschkoalition und warum die Zusammenarbeit mit Wissenschaftsminister Töchterle so problematisch war und Kraushofer sich wünschen würde, dass nach den Nationalratswahlen ein neuer Wissenschaftsminister im Amt ist - all das kann man im vollen Interview anhören.
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