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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

29. 4. 2013 - 10:20

Master Of Puppets

New York State Of Mind. Eine lose FM4-Homebase-Serie über NYC-Persönlichkeiten. Am 29.04. mit dem Medienkünstler Tony Oursler und einem Geist namens David Bowie und für 7 Tage on Demand.

Weitere New York State Of Mind Folgen u.a. mit David Byrne, Justin Vivian Bond, Occupy Wall Street, Chris Taylor, Daptone Records und Laurie Anderson unter fm4.orf.at/nysom

LES Boheme

Die Neighborhood stellt Tony Oursler mit "very low" und "very east" vor. Sein Atelier liegt am südöstlichen Rand der Lower East Side von Manhattan. Geografisch hat er sich also präzise ausgedrückt, auch wenn der Multimediakünstler auf etwas anderes anspielt. Die Lower East Side ist historisch das sumpfige Wasteland des alten New York. Ein Hort der niedrigsten Stände und Instinkte. Hier strandeten Einwanderer und Glücksritter aus der Alten Welt - vor allem Iren, aber auch Italiener und Deutsche. Später etablierten Chinesen das noch heute stark expandierende China Town. In der Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges war die Lower East Side die Spielwiese der Gangs Of New York, später des italienischen und jüdischen Mobs und noch später die der Punks, Pimps und Dealer.

Tony Oursler

Christian Lehner

Tony Oursler, Manhattan 2013

In der sechziger, siebziger und achziger Jahren bildete die kurz LES genannte Lower East Side gemeinsam mit dem nördlich gelegenen East Village und dem westlich angrenzenden SoHo das Dreieck des "Downtown Cool" rund um Figuren wie Lou Reed, Alan Vega, Joey Ramone und Richard Hell, etwas später Arto Lindsay und Lydia Lunch und noch später Carlos D und Karen O, um bloß einige Musiker zu nennen.

Heute wälzen sich Frat-Boy-Scharen und Touristenhorden durch Downtown Manhattan und über den nahe gelegenen Broadway. Ourslers Atelier schlummert abseits der Trampelpfade zwischen kosher Metzgereien und riesigen Wohnsilo-Kooperativen, die vor allem von jüdischen Immigranten mehrerer Generationen bewohnt werden.

Oursler-Video: Sonic Youth "Tunic (Song For Karen)" - 1990.

Video ohne Bildschirm

Oursler gilt der Kunstkritik als jener Künstler, der das Video vom Bildschirm befreite. Er projiziert Filme auf found objects oder selbst entwickelte Skulpturen. In den frühen Neunzigern begann er mit Puppen und Dummies zu arbeiten. Diese Werke zählen heute zu seinen bekanntesten. Im Fokus stehen Gesichter, ihre mediale Darstellung und Deformierung. Es sind Zerrbilder, Fratzen und funny faces, die uns entgegenblicken. Sie wirken wie nach außen gestülpte Psychosen oder Drogen induzierte Träume. Sie sind abstoßend, monströs aber auch komisch, manchmal sogar niedlich anzusehen.

Oursler ist ein einladender und humoriger Zeitgenosse. Für New-York-Verhältnisse, wo es wichtiger ist, Zeitknappheit vorzutäuschen, als tatsächlich unter Zeitknappheit zu stehen, hat er sich ungewöhlich lange für uns frei gemacht. Der Kollege und ich durften ihn sogar bei der Arbeit filmen. An die fünf Mitarbeiter schupfen den Laden und koordinieren die zahlreichen internationalen Aktivitäten. Oursler war und ist auf allen wichtigen Schauen der Welt vertreten - ein made man sozusagen.

Über die sündhaft verschwenderischen Flächen der zwei Stockwerke sind tausende Skulpturen, Nippes- und Spielzeugfiguren, sowie Plastiken, Büsten und Holzmännchen verteilt. Oursler scheint jedes einzelne seiner Objekte persönlich zu kennen und er führt auch immer wieder Gespräche mit ihnen.

Im Keller befindet sich der Workshop, wo eine seiner jüngsten Arbeiten entstanden ist. Ourslers Freundschaft zu David Bowie hat bereits in den Vergangenheit zu intensiver Zusammenarbeit der beiden geführt. Doch dieses Mal rückte Tony mit seinem Video zu David Bowies Comeback-Single Where Are We Now so richtig in den Fokus der internationaler Bowiemanie (die mysteriöse Frau neben dem Thin White Duke ist Ourslers Frau, die Malerin Jacqueline Humphries). Noch immer liegen einige Teile der Kulisse von diesem Shoot im Studio herum.

Im folgenden Gespräch war Bowie, der bis vor wenigen Tagen jede öffentliche Stellungnahme zu seinem Comeback und dem neuen Album "The Next Day" verweigert hat, präsent wie einer von Ourslers Dummies - a ghost in residence.

Alles und vieles über die Zusammenarbeit von Bowie und Oursler, Post Punk und New Wave in New York und die Kunst des Master Of Puppets gibt es am 29. April in einer weiteren Ausgabe von New York State Of Mind zu hören und für 7 Tage on Demand.

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1. Yeah Yeah Yeahs Yeah New York (Interscope/Fiction)
2. Sonic Youth Tunic (Song For Karen) (DGC)
3. DNA Blonde Red Head (American Clavé)
4. David Bowie The Stars (Sony Music)
5. David Bowie Where Are We Now (Sony Music)
6. David Bowie Sons Of The Silent Age (RCA)
7. Certain General Back Downtown (Soul Jazz Records)
8. Pulsalama Ungawa Prt 2 (Soul Jazz Records)
9. David Bowie Heroes (RCA)