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Marc Carnal

Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, hat die bessere Luft. Lach- und Sachgeschichten in Schönschrift.

30. 4. 2013 - 11:25

Tagebuch zum Jahr der Pflicht (17)

Notizen aus Istanbul / Abstimmung Mai - Kategorie Essen

Abstimmung Mai - Kategorie Essen

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Notizen aus Istanbul

● Seit Jahren echauffiere ich mich über das Geschäft "Eck Meck", an dem ich regelmäßig vorüberschreite, -eile oder -wanke. Anstoß meiner Entrüstung war stets der blöde Name, nicht das Sortiment. Nun lerne ich, dass "ekmek" schlicht Brot bedeutet und verstehe also auch den liebenswürdigen Wortwitz bei der Benennung des zuvor verspotteten Ladens. Als Geste der Reue und Einsicht werde ich nach meiner Rückkehr ehemöglichst ein Eck Meck-ekmek erstehen, versprochen!

● Wäre es nicht ein bisschen lieb, den Kopfpolster fortan Ohrensessel zu nennen?

marc carnal

Kann man schauspielerische Fähigkeiten hinreichend beurteilen, wenn man die von den Schauspielern gesprochene Sprache nicht beherrscht? Anscheinend schon, dieses Foto demonstriert erstens, dass meine Handykamera bei Nacht und maximalem Zoom an Photoshop-Artistic-Filter gemahnende Bilder schießt und gewährt zweitens exklusive Einblicke in die Dreharbeiten für eine türkische Fernsehproduktion am Ufer des Bosporus. Die Darstellerinnen hatten einen Streit aufzuführen. Sie spielten sehr schlecht, stiegen dann in das rote Auto links im Bild und fuhren davon.

● Die drei goldenen Regeln, um in Istanbul beim Speisen Touristenfallen zu entgehen:

  • Es steht kein Keiler vorm Lokal.
  • Es wird kein Wort Deutsch und kaum Englisch gesprochen.
  • Es wird kein Alkohol ausgeschenkt.

● Als ein Spaziergang durch die übermütige Idee, den gesamten Stadtteil Fatih zu umrunden, etwas reizlos wird, weil wir uns zwischen Bahngleisen und einer Umfahrungsstraße durch Gestrüpp eine Schneise bahnen, steht plötzlich ein einarmiger Typ mit Pistole in der verbliebenen Hand vor uns. Der erste Schreck verflüchtigt sich, als er uns anbietet, für 20 Kuruş pro Schuss auf runzlige Luftballone zu schießen. Die Schießpause wird mit Begeisterung in Anspruch genommen. Ich treffe keinen einzigen Ballon. Die Frage, warum sich der Einarmige den denkbar unattraktivsten Standort für sein etwas lächerliches Ballerangebot ausgesucht hat, soll uns für die Marschfortsetzung Spekulations-Nährboden sein.

marc carnal

"Sooo genau wollt ich das gar nicht wissen" sagen manche Leutln, wenn man ihnen Explizites erzählt. Für diese Leutln, die es nie so genau wissen wollen, wurde nun eine Süßigkeit entwickelt.

● In Istanbul gibt es viele Straßen, in denen mehrere Geschäfte hauptsächlich ein Produkt verkaufen. In der Nähe des Hotels zähle ich in einem kurzen Gässchen ganze sieben Waagen-Verkäufer. Fragt sich, ob des Gässchens Waagen-Marktpotenzial schon ausgeschöpft ist oder noch Platz für einen achten Waagenhändler wäre. Ich wage keine vage Waagen-Prognose.

● Möchte Kollegen Josef gerne eine Postkarte mit Istanbul-Schüttelreimen schicken, scheitere aber ziemlich:

An jedem Eck ein schöner Tandler,
und auch so mancher Dönerstandler.
Und kauft man etwas am Basar,
zahlt man anstatt mit Visa bar.

Na-ja....

● Wort mit zwölf Buchstaben auf Schild entdeckt, das sich zu fünfzig Prozent aus Üs zusammensetzt.

● Schön, mal nicht permanent Internet am schlauen Telefon zu haben. Fragen uns zum Beispiel, warum in der Nacht die Lichter einer weit entfernten Stadt zu flackern scheinen, ein Effekt, der bei am Meer gelegenen Städten noch stärker aufzutreten scheint. Erklären uns das Phänomen mit der unterschiedlichen Lichtbrechung der sich überlagernden Luftschichten. Zurück im Hotel wird gegoogelt und sich gefreut, weil die selbstgemachte Erklärung richtig war.

● Achso. Der eine Stadtteil heißt Kadiköy und der andere Karaköy. Mit einer späten Erkenntnis klären sich dutzende Irrtümer auf.

marc carnal

Falls man spontan Lust auf ein augenrollendes Gegenüber hat: Einfach zum Buz Buz Bufe gehen und fragen: "Do you have Coke?"