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Rainer Sigl

Spiel, Kultur, Pop im Assoziationsblaster.

26. 4. 2013 - 15:56

Berliner Games-Underground

Die A MAZE Indie Connect in Berlin bietet zum zweiten Mal der internationalen Independent-Games-Szene eine sympathische Bühne.

Die Welt des Gamings ist groß, aber auch die deutsche Bundeshauptstadt ist riesig genug, um fast zeitgleich zwei ganz unterschiedliche Veranstaltungen zum Thema Spiele zu beherbergen. Wie schon letztes Jahr teilen sich auch heuer mit der Business-Konferenz Quo Vadis und der das zweite Mal stattfindenden A MAZE - Indie Connect zwei recht unterschiedliche Events mit dem Schwerpunkt Videospiele in derselben Woche die Berliner Bühne. Auf der einen Seite also das große, "erwachsene" Gamesbusiness samt hochoffizieller Vergabe der Branchenpreise LARA und des Deutschen Computerspielpreises, auf der anderen Seite jene junge Veranstaltung, die als europäisches Pendant zu den großen Independent-Veranstaltungen in den USA antreten will und unabhängige Gamesentwickler aus aller Welt zum fantasievollen Stelldichein samt Vergabe des "Most AMAZING Game" Awards bittet.

Menschen sitzen bei schönem Wetter außerhalb des Berliner Veranstaltungszentrums "Urban Spree".

Robert Glashüttner

Neue Location mit noch mehr Underground-Credibility: A MAZE am "Urban Spree"
Indie Connect, Tag 1

Mit der Wahl einer neuen Location zeigt sich die vom 24. bis 26. April abgehaltene Indie-Veranstaltung 2013 noch eindeutiger als Kind des Punk: Das "Urban Spree" bietet dem Games-Underground heuer das angemessen räudige Umfeld, in dem nicht nur Talks und Workshops stattfinden, sondern auch die für den Award nominierten Spiele zum Ausprobieren bereitstehen und das erweiterte Abendprogramm - ein Picknick, Performances sowie Live-Acts und DJs - Konferenzteilnehmer und Indiefreunde von der Pop-Vitalität des Games-Undergrounds überzeugt.

Neue Zuversicht

Dass 2012 ein "Banner Year for Indie Games" war, ist auch der A MAZE anzusehen: War die letztjährige Keynote von Indie-Wunderkind Jonathan "Cactus" Soderström noch eine leicht resignative Warnung vor der Kommerzialisierung des Untergrunds, so scheint heuer diese Gefahr vernachlässigbar. Kein Wunder, schließlich freut sich die unabhängige Entwicklerszene nicht nur über ihre zunehmende Bedeutung und ihren wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch über den wachsenden Respekt der gesamten Branche.

Dass bei der Vorstellung der Next-Gen-Konsole PS4 im Februar neben den zu erwartenden Triple-A-Größen auch Jonathan Blow, "Braid"-Macher und Independent-Posterboy, mit seinem Indie-Puzzlespiel "The Witness" auf die große Bühne durfte, zeigt diese Anerkennung genauso wie der umwerfende Erfolg der Independent-Fraktion bei den Preisverleihungen der diesjährigen GDC. Und auch bei der Vergabe des deutschen Computerspielpreises hatte sich mit Daedalic Entertainments "Chaos auf Deponia" ein Indie-Titel als "Bestes Deutsches Spiel" in die heiligen Hallen des "großen" Gamesbusiness eingeschlichen.

Niklas Nygren auf der Bühne des A MAZE. Indie Connect in Berlin 2013.

Robert Glashüttner

Nicklas Nygren alias Nifflas

Statt vor Ausverkauf zu warnen, konzentrierte sich der heurige Keynote Speaker Nicklas Nygren, Schöpfer der sympathisch versponnenen "Knytt"-Reihe, auch demonstrativ auf das, was Indies besonders gut machen: Nicht das Große, Bombastische bewegt, sondern das Neue, Interessante, aber auch das Obskure. Geheimnisse, Glitches und versteckte Easter Eggs, wie sie besonders in Independentproduktionen Teil des intimen Gesprächs zwischen Entwickler und Konsument seien, sind ein wichtiger Teil jeder Games-Faszination und tragen dazu bei, die Spieler emotional zu erreichen.

Sexy Underground

Dieses selbstbewusste Bekenntnis zum weniger Offensichtlichen, Abwegigen bestätigte sich nicht nur in den restlichen Lectures - unter anderem sprachen bereits am ersten Tag Michael Brough, Sos O. Sosowski und Jonas Kyratzes -, sondern auch in den als Showcase ausgestellten Titeln sowie bei den ebenfalls ausgestellten Nominierten: Neben bereits bekannteren Namen wie Dan Pinchbecks großem "Dear Esther" oder "Knytt Underground" bewiesen sich die originellen Titel zwischen Retrocharme und versponnenen Interface-Experimenten sowohl in der Exhibition als auch an den geselligen "Local-Multiplayer"-Picknicks, an denen abends vor der Location auf großen Wandprojektionen Multiplayer-Games wie "Samurai Gunn" oder "Spin Wars" Gelegenheit für geselliges Spielen und Abhängen boten. Mit "Of Light & Shadow" ist übrigens auch ein österreichisches Spiel im Teilnehmerfeld nominiert.

Vor dem Berliner Veranstaltungszentrum "Urban Spree": zwei Männer sitzen auf einer Bank, daneben ist eine große bemalte Wand, die einen Computerspiel-Controller darstellt.

Robert Glashüttner

Schon beim zweiten Anlauf zeigt sich also in der erneut gut besuchten A MAZE in neuer Location die neue, selbstverständdliche Gelassenheit jenes Games-Undergrounds, der sich mit dem stetig umkämpften Begriff "Independent" nur unzulänglich beschreiben lässt. Und doch sind an den beiden Tagen in Berlin Definitionsfragen völlige Nebensache. Statt darüber zu diskutieren, ob mit dem Etikett "Indie" Ökonomisches, Ästhetisches oder gar Philosophisches gemeint sein könnte, freut sich die sich hier zusammenfindende Gesinnungsgemeinschaft über den wachsenden eigenen Erfolg und über ein erneut gelungenes Get-together - mit diesmal noch besser passender Location.