Erstellt am: 20. 4. 2013 - 16:12 Uhr
"I Love It" - Ein Abend mit Icona Pop
Letztes Wochenende gab es mal wieder so eine Gelegenheit, denn Icona Pop sollten im "Gretchen" auftreten, da konnte man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Den neuen Club "Gretchen" gibt es zwar schon seit über einem Jahr und angeblich findet dort das beste Booking der Stadt, was Electro, House und Techno angeht, statt. Aber bis jetzt hatte sich noch kein Besuch ergeben und nun würde man bei Icona Pop am neuen Ort sogar mal wieder ein Konzert sehen, zu dem so richtig junge Leute, also Menschen unter 20 gehen. Es könnten sich also durchaus spannende Einblicke in eine Parallelwelt auftun!
Club Gretchen (Berlin)
Der Club "Gretchen" befindet sich an einer ganz und gar unspektakulären Ecke des "falschen" Kreuzbergs 61, dort, wo das Finanzamt Kreuzberg thront, wo sich der größte Biosupermarkt der Stadt fußballfeldgroß ausbreitet, also in einem wenig inspirierenden, aber auch lärmunempfindlichen Gewerbegebiet. In dem gewölbeartigen Saal, mit seinen Säulen und Balustraden ganz der Berliner Festsaalarchitektur verpflichtet, hatten sich am Freitag Abend schon viele junge Leute eingefunden, manche im schönsten Teenageralter von ihren verständnisvollen Müttern begleitet. Düster blickende, anämisch geschminkte Mädchen mit langem Haar, aber auch fröhliche Jugendcliquen in Feierlaune lungerten vor der Bühne herum.
Eva Brunner über das Icona Pop-Phänomen.
Mir selbst war die Gruppe Icona Pop zuvor gar kein Begriff gewesen, erste Recherchen hatten ergeben, dass seit der Veröffentlichung im vergangenen Sommer die Elektro-Hymne "I love it" beim Blog von Dolce & Gabbana eingesetzt wurde, darüber hinaus zum Soundtrack des Computerspiels "Need For Speed: Most Wanted" gehörte und auch in der Teenager-Soap "The Vampire Diaries" zu hören war. Letzteres erklärte vielleicht auch die Anwesenheit der blutleeren Mädchen. Und schließlich tanzen in einem bekannten Werbespot für Cola Light regelmäßig vier urbane junge Frauen zu "I love it" durchs nächtliche Berlin.
Neben dem schwedischen Elektroduo Icona Pop traten an diesem Abend noch zwei andere Acts, nämlich Bitzkids mvt. und Epik auf, was ja ganz natürlich ist, denn in einem so jungen Dance-Pop-Act-Leben kann ja kein Mensch alleine genügend abendfüllende Stücke ansammeln.
Meine Bezugsgruppe und ich hielten uns, wie es der Anstand von älteren Menschen verlangt, im hinteren Teil des Raumes an der Bar auf, das junge Publikum füllte die Reihen. Eine journalistisch tätige Freundin klärte mich darüber auf, dass Icona Pop durchaus für den Third Wave Feminismus stehen könnten, sie bezeichnen sich als Feministinnen und eroberten mit ihrer "Fuck it"-Haltung die Elektropop-Welt. Ihre bekannteste Songzeile Zeile lautet bekanntermaßen "You're from the Seventies, but I'm a Nineties-Bitch."
Jan Wirdeier/HiPi, TIP Verlag GmbH & Co. KG
Glücklich bei der Zugabe
Kennen gelernt haben die beiden sich beim Auflegen als DJs in schwedischen Clubs und würden nun das Konzept von zwei Freundinnen, die zusammen auf der Bühne sind und Spaß haben vermitteln. Das Publikum hatte schon auch Spaß im "Gretchen", wenn es auch nicht übermäßig euphorisch zuging. Alle schienen auf den großen Hit "I love it" zu warten, der aber, strategisch gut platziert, erst zur Zugabe erklang. Da brach dann die Euphorie los, alles stürmte nach vorne, aber auch wir Älteren hinten verstanden, um was es ging: Man musste zu der Band auf der Bühne, dort eine Crowd bilden, glücklich zur Musik tanzen, die Hände zum Himmel strecken und sich dabei gleichzeitig mit dem Mobiltelefon filmen.
Diejenigen, die auf der Bühne keinen Platz mehr gefunden hatten, machten sich derweil schon mal so langsam auf den Weg Richtung Ausgang. Denn auch wenn man jung ist, ist Zeit ein kostbares Gut, und wer früher geht, muss nachher nicht so lange in der Schlange an der Garderobe stehen. Wir hingegen hatten, eher so oldschool, unsere Jacken anbehalten und hörten uns "I love it" bis zu Ende an. Trotzdem standen wir auch sehr sehr lange in den dicht gedrängten Gängen des "Gretchens" herum. Der Auslass dauerte fast so lange wie das gesamte Icona Pop-Konzert. Aber was macht das schon! Um viele neue Sinneseindrücke und Erkenntnisse bereichert, ließen wir uns zufrieden in die Berliner Aprilnacht hinaus quetschen.