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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

20. 4. 2013 - 14:11

Ein Rock-Versprechen

Mister Mark Oliver Everett und seine Eels sind in der himmelhochjauchzenden Phase ihrer aktuellen Tournee angekommen. Mit dabei ist ein Weißclown.

Traininganzüge sind ein Statement - für Slackertum, depressive Zustände oder Elan. Im Fall der Eels ist die Sache sofort klar. Die Eels betreten in dieser Komplettmontur die Bühne des Grazer Orpheums, als ginge es in den Turnsaal. Anstelle an der imaginären Sprossenwand zu dehnen, nimmt Eels-Kopf Mark Oliver Everett die Position des Trainers ein. Statt dem Pfeiferl hat er eine rote Rassel dabei. Mit Respektabstand formieren sich die Kollegen an Bass und Gitarren, The Chet, Koool G Murder und P-Boo. Spitznamen müssen sein. Die Eels werden nach eineinhalb Stunden Spielzeit verschwörerisch die Köpfe zusammenstecken und einander umarmen wie eine Sportmannschaft.

"Wonderful, Glorious", das aktuelle Werk und zugleich ihr zehntes Studioalbum, kommt nahezu vollständig zur Aufführung. Das kann man mit Leichtigkeit mögen. Die Tiefen, die Everett gründlich erkundet hat, sind ausgespart. Ansonsten haben die Stücke alles, was die Eels ausmacht. Live verflacht das Richtung Stampf- und Rock, wenn sich die Eels zu sehr hinreißen lassen. Aktuell ist diese "Gefahr" groß. Da fühlt sich jemand wohl, da lässt jemand mal locker.

Mark Oliver Everett aka Mister E. von den Eels auf der Bühne in Graz

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Mit Folk Metal Ballade

Selbstironie wie -analyse bestimmen E's Schaffen. Wenn man ihn am richtigen Fuß erwischt, rockt er und scherzt. Gestern Abend war dem so. Die "Best International Folk Metal Ballad", für die Everett nie einen Grammy erhalten hat und sich dennoch höchst artig in einem herrlich lustigen Videoscherz bedankt, war auch zu hören. Suche sich jede und jeder aus, welche Darbietung eines Eels-Klassikers die Folk Metal Ballade des Abends war. Live variieren die Eels bekanntlich das Tempo ihrer Songs. "I like Birds" etwa angelehnt an ZZ Top oder Twist and Shout.

Die Eels spielen heute Abend, 20. April, im Posthof Linz und morgen, 21. April, im Gasometer Wien.

1992 erschien mit "A Man Called E" das erste Album der nordamerikanischen Band. Fünf Jahre später schaut ein gezeichnetes Mädchen mit wunderlich großen Augen vom Cover von "Beautiful Freak" und E ist mit Musikerkollegen zu den Eels geworden. Auch wenn die Eels in all den Jahren erfolgreich am Mainstream in den USA vorbeigeschrammt sind, haben sich in zwei Jahrzehnten Bandgeschichte Hits angesammelt. Und die spielen die Eels diesmal mit tatsächlicher Freude daran.

"Beautiful Blues" war zu hören, beim Cover von "Itchycoo Park" verfallen Everett und Schlagzeuger Derek "Knuckles" Brown ins Gröllen.

Eine Hand hält ein Taschentuchpackerl mit einem aufgezeichneten Weißclown und der Aufschrift "Come cry with me"

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Taschentücher gespart.

Psychologie beiseite

Zu Tode betrübt und das aus Gründen kennt man die Eels auf Platte. Selbstmord und lange Krankheiten im höchstpersönlichen Umfeld machen was mit einem. Ganze Dramen hat E in Lyrics gepackt und sich noch bei den letzten Österreich-Konzerten in Stofftücher und Sonnenbrille verhüllt, dass nur noch sein Mund zu sehen war. Das bisschen Rest von Gesicht bedeckte ein langer Bart.

Innen an Außen, die Psychologisierungen beiseite. "Fuzzy und noisy langen diesmal vollends aus. Jemand ist immer so aufgeregt, dass er in den einzigen ruhigen Moment hinein-juhut. Und Everett erneuert sein Rock-Gelübde, die "Rock Vows", wie er es nennt, mit Gitarristen The Chet.

The Eels auf der Bühne: Mark Oliver Everett und Bandkollege The Chet stehen sich gegenüber

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Zehn gemeinsame Jahre und Tourleben - da will das Rock-Gelübde erneuert werden..
Mark Oliver Everett und The Chet umarmen einander

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..und dazu ein Ständchen vom Schlagzeuger: "Wind Beneath My Wings"!

Insgeheim der Mann des Abends

Pünktlichkeit zahlt sich aus. Puddles Pity Party ist von ergreifender Schönheit. Der Über-Zwei-Meter-Mann mit kleinem Hütchen am weißgeschminkten Kopf trat noch vor einer Nicole Atkins auf, die vor den Eels dran war. Gegen den Weißclown allerdings verblassen "Soulsongs". Der Typ interpretiert selbst Celin Dilons "My heart will go on", und es wird nicht nur erträglich. Ein wahrer Weißclown eben.

Weißclown von "Puddles Pity Party" auf der Bühne neben einer Frau mit einer Affenmaske

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"Hey, lonely guy", Puddles Pity Party repräsentiert die Vorstellung von Clown, der man Aufmerksamkeit schenkt. Falls jemand die Melancholie von E vermisst: Bei Puddles Pity Party ist sie gut aufgehoben.