Erstellt am: 18. 4. 2013 - 17:56 Uhr
Laserkanonen werden einsatzreif
Bei der Premiere Anfang April hatte die US Navy nicht mit Superlativen gespart. Der Abschuss eines unbemannten Zielflugzeugs durch einen Hochenergielaser an Bord eines Kriegsschiffs wurde von den für das Programm Verantwortlichen sogar mit der Erfindung des Schießpulvers verglichen.
Dieser erste große Protoyp einer Laserkanone befindet sich an Bord des Zerstörers USS Dewey, eingesetzt wird sie zur Verteidigung in buchstäblich letzter Sekunde. Diese Laser sollen extrem niedrig fliegende Anti-Schiffsraketen, die äußerst schwierig zu bekämpfen sind, erfassen, und durch Hitze zur Explosion bringen. All das spielt sich im Bereich von weniger als zehn Kilometern ab, innerhalb von zwei bis drei Sekunden muss die anfliegende Rakete daher erfasst und zerstört werden.
Erster Einsatz 2014
Der Ablauf sollte inzwischen Routine sein, denn dieser Abschuss unter Gefechtsbedingungen war der letzte Test, bevor die vom US-Rüstungsunternehmen Raytheon konstruierte Waffe für den operativen Einsatz freigegeben wurde. Anfang 2014 wird das erste derartige System an Bord des Zerstörers USS Ponce an den Persischen Golf geschickt.
Auf dieser letzten Meile der Verteidigung diente bis jetzt das letzte, herkömmliche Geschütz, das noch an Bord moderner Kriegschiffe zu finden ist. Dabei handelt es sich um kleinkalibrige Maschinenkanonen, die bis zu 10.000 Projektile pro Minute hinausjagen können. Ansonsten gibt es nur noch Lenkwaffen und Raketen an Bord.

US Navy
Von Zielerfassungsgeräten aller Art angefangen kommen auch bei anderen Waffensystemen immer mehr kombinierte Lasersysteme zum Einsatz. Hochenergielaser entwickelt neben Raytheon auch die Rüstungsfirma General Atomics.
Ein Dollar pro "Schuss"
Die Laserkanone hat eine ähnliche Wirkung wie die Maschinenkanone, ihre "Projektile" sind aber gebündelte, hochenergetische Lichtimpulse im Mikrosekundentakt. Das Gerät soll trotz über 30 Millionen Dollar Anschaffungskosten im Betrieb weitaus billiger sein, als jede andere Waffe zur Luftabwehr.
Ein "Schuss" mit dieser Laserwaffe komme nicht einmal auf einen Dollar - so pries die Navy ihr neues System. Wieviele "Schüsse" pro Minute möglich sind, wurde hingegen nicht näher ausgeführt. Ebensowenig wurde angegeben, wie lange es braucht, um die Waffe wieder aufzuladen, das sind nämlich die beiden großen Schwächen des Systems.
Betriebsspannung 500.000 Volt
Alle bisher bekannten, derartigen Laserwaffen, etwa das im Frühjahr getestete System der deutschen Rüstungsfirma Rheinmetall, leisten zwischen 50 und 100 Kilowatt. Über den Stromverbrauch schweigen sich alle Hersteller zwar aus. Dass der extrem hoch sein muss, liegt angesichts der benötigten 500.000-Volt-Spannung aber auf der Hand.
Nur an Bord von Kriegschiffen ist für eine solche Waffe genug Energie vorhanden, deshalb waren frühere Tests mit Boden- oder Flugzeug gestützten Laserkanonen auch nicht weitergeführt worden. Alleine die Stromversorgung des "Taktischen Hochleistungslasers" benötigte zum Transport sechs überschwere LKWS.
Das ebenfalls von Rytheon gebaute "Active Denial System", eine Art Strahlenflammenwerfer, sollte 100.000 Watt auf 95 GHz über eine Antenne feuern, die einer flach gepressten Sat-Schüssel ähnelt. Dieses System sollte gebündelte Millitermeterwellen auf Angreifer abstrahlen, wurde jedoch nie eingesetzt. Die Gründe waren der enorme Stromverbrauch der Waffe und Ladezeiten von 16 Stunden.
Neue Ausschreibung
Die Test an Bord der USS Dewey müssen aber jedenfalls ѕo erfolgreich gewesen sein, dass man diese vor mehreren Jahren abgebrochenen Versuche gerade wieder aufgenommen hat.
Am 26. April endet eine diesbezügliche Ausschreibung, ebenfalls im Auftrag der US Navy, für ein "bodengestütztes, bewegliches System zur Luftverteidigung mittels gerichteter Energie". Es sei nicht geplant, ein fertiges System anzukaufen, vielmehr gehe es darum, einzelne Komponenten zu entwickeln, die diesen Vorgaben entsprächen, heißt es in der Ausschreibung.
Die Dimensionen des Systems
Anhand der darin geforderten Spezifikationen für ein zukünftiges mobiles System an Land lässt sich in etwa abschätzen, wie weit man technisch damit fortgeschritten ist. Primäre Spezifikation ist eine angestrebte Feuerdauer von 120 Sekunden. Die Aufladezeit zur Wiederherstellung von 80 Prozent der Feuerkraft dürfe 20 Minuten nicht überschreiten, heißt es weiters dazu.
Das ist das Hauptprobleme sämtlicher Systeme, die mit extrem hohen Spannungen arbeiten: Sie brauchen erstens außerordentlich lange, bis sie in Betriebsbereitschaft sind. Zum Zweiten sind sie extrem groß und schwer, die schiffsbasierten Laser sind alle in der Klasse um zehn Tonnen angesiedelt. Die Stromversorgung ist dabei aber nicht mitgerechnet, sie ist jedenfalls ein Vielfaches der Waffe selbst.

US Navy
Geplante Miniaturisierung
Das geplante neue Mobilsystem soll bei einem Maximalgewicht von nur 1.250 Kilo mindestens 25 Kilowatt leisten, also ein Viertel des schiffsgestützten Lasers bei einem bloßen Zehntel des Gewichts.
Dass vor wenigen Jahren abgebrochene, gleichartige Projekte landgestützter mobiler Abwehrsysteme jetzt wieder aufgenommen und dabei gleich so ambitionierte Ziele gesteckt werden, lässt nur eine Annahme zu: Bei irgendeiner der Technologien, auf denen das Projekt aufbaut, hat es in der Zwischenzeit einen Durchbruch gegeben.
Das nunmehr neu ausgeschriebene System "Ground-Based Air Defense Directed Energy On-The-Move" soll in einem LKW Platz haben.
Keine Schönwetterwaffe
Höchstwahrscheinlich betrifft das die Optik, die den Laser bündelt und fokussiert. Das ist stark von der Witterung abhängig, zumal Licht nun einmal an Wassertröpfchen oder Staub in der Luft reflektiert oder gebrochen wird. Auch gebündeltes Licht, also Laser, wird durch diese Faktoren mehr oder weniger stark gedämpft.
Hier dürfte ein Durchbruch gelungen sein, denn offenbar wurde ein Problem gelöst, das derartigen Laserkanonen, mit denen seit gut 30 Jahren experimentiert wird, den Ruf ein Schönwetterwaffe eingebracht hatte.
Optik und Sensorik
In der Ausschreibung für ein zukünftiges, mobiles System wird betont, das Equipment müsse sowohl in Meeresnähe wie in der Wüste für Kampfeinsätze tauglich sein. Das ist ein klares Indiz dafür, dass man diese hochempfindliche Technologie sowohl auf Wüstenklima mit reflektierenden Staubpartikeln in der Luft tunen kann, wie in von Wasserdampf geschwängerten Umgebungen.
Dafür braucht es eine eigene Sensorik um den momentanen Zustand von Luftschichtungen, Feuchtigkeit und Brechungsgrad usw. vor Ort auszumessen und den Laser darauf einzustellen. Dann steht ein Abwehrsystem zur Verfügung, das mit Lichtgeschwindikeit auf Angriffe reagiert, naturgemäß ist es damit weitaus schneller im Ziel als jede der herkömmlichen Abwehrraketen. Die aber kosten zwischen drei und 15 Millionen Dollar pro Stück.
Abgefackelte Boote
Warum das erste Exemplar an den Persischen Goölf geschickt wird, hat wiederum weniger mit dem Abschuss von Flugkörpern zu tun, sondern eher mit der Abwehr angreifender Schnellboote. Auf den Videos der Navy von Tests ist auch mehrfach zu sehen, wie Motoren von kleinen Booten durch den Laser abgefackelt werden.
Im Jahr 2000 war der Zerstörer USS Cole von Selbstmordattentätern aus dem Al-Kaida-Umfeld im Hafen von Aden angegriffen worden. Ein mit Sprengstoff beladenes Schnellboot hatte die "Cole" mitschiffs getroffen, 17 Angehörige der US Navy kamen dabei um.