Erstellt am: 18. 4. 2013 - 15:43 Uhr
Fußball-Journal '13. Eintrag 12.
Das ist das Journal '13, meine regelmäßige Web-Äußerung in ungeraden Jahren. Im Gegensatz zu 2003, '05, '07, 2009 und 2011 heuer nicht täglich.
Heute wieder mit einem Eintrag ins Fußball-Journal 13 und der communityseits geforderten Anwort auf aktuelle Fragen.
Das ist im übrigen deshalb Eintrag 12, weil Eintrag 11 schon fixfertig dastünde, ich ihn aber wegen der Rapid-Aktualität noch ein, zwei Tage auf Eis lasse, und weil ich Echtheit der Chronologie schätze.
Was bringt die Schöttel-Entlassung?
Was kann der Neue bewirken?
Was bedeutet diese Entscheidung für die Zukunft von Rapid Wien?
ad 1) Nichts. Die These dass neue Besen gut kehren, dass frische Trainer Punkte bringen ist statistisch widerlegt. Womöglich gibt es eine kurzfristigen Effekt beim nächsten, nicht ganz unwichtigen Match, dem Wiener Derby gegen die Austria.
ad 2) Den üblichen 'Zurück zum Start'-Effekt bei einigen Spielern; vor allem denen, die zuletzt nicht zum Zug kamen.
ad 3) Nichts. Weil ja keine inhaltliche Entscheidung getroffen, sondern nur bereits vorhandenes Personal verschoben wurde.
Wie fast immer ist eine solche Trainer-Entlassung reine Symbol-Politik. Präsidium, Manager, Verantwortliche demonstrieren damit Fan-Basis, Medien und Öffentlichkeit ihre Betroffenheit, signalisieren Bedenken & Sorge und wollen Handlungsfähigkeit ausstrahlen.
Damit diese fußballerisch-rituellen Automatismus den als Langfrist-Lösung installieren Peter Schöttel erwischen, dazu bedurfte es einer schlimmen sportlichen Minus-Serie in Kombination mit groben Unstimmigkeiten zwischen der (gut organisierten) Fan-Basis und der (schlecht organisierten) Vereins-Führung. Vor allem der jüngst annoncierte mögliche Verkauf des Stadion-Namens erzeugt massiven Unmut, der die ohnehin schon schwach spielende Mannschaft noch mehr unter Druck setzte.
Dazu kam eine zunehmend schwächer werdende Leistung von Schöttel, was Planung. Strategie und Taktik betrifft. abseits.at hat hier Schöttels katastrophale Fehler im Cup-Match gegen Pasching aufgelistet, bei 90minuten wird hier Schöttels Schmäh-Zugang zum modernen Fußball abgehandelt. Schwächen, die vor allem in der deutlich herausfordernderen Euro-League deutlich sichtbar waren und Schöttel damit zu einer Art Anti-Stöger machen.
Zoran Barisic, von Peter Pacult abmontierter ehemaliger guter Co-Trainer, zuletzt für die Amateure zuständig, kann mit kreativer Aufstellung (Vorschläge? Schimpelsberger ins Abwehrzentrum, Wydra/Schaub als offensive Außenverteidiger, Burgstaller als Zehner, Alar als Flügel, Prager im Zentrum...) Überraschungs-Punkte sammeln - die aktuelle Rapid-Krise wird das nicht beheben.
Dazu bedürfte es eines über eine Saison-Vorbereitung lang eingeübten Systems, das (wie das 4-3-3 von Stöger oder das 3-3-3-1 von Ried, vor mir aus auch dem 4-1-4-1 das Salzburg aktuell so spielt) seinem Namen auch Ehre macht, also einer Abkehr von halbherzig gespielten Routinen.
Das kann Barisic bis zum nächsten Matchtag, aber auch für den Rest der Saison nicht schaffen, da er nicht das Spielermaterial für etwas anderes als ein System mit unkreativer Doppel-Sechs hat.
Leider haben weder Schöttel, noch die vielkritisierten Ebner/Kuhn/Edlinger und auch nicht der viel zu kurz installierte Schulte diesen Knackpunkt erkannt. Auch nicht andere, wie die überkommene (und überalterte) Spielmacher-Besetzung. Und anstatt einen Kreativspieler neuen Typus hinter der/den Spitze/n zu installieren, wurde im Winter ein morader Altstar angeschafft, um einen anderen zu ersetzen/unterstützen.
Die sportlichen Probleme Rapids sind durch das aktuelle Revirement also nicht in den Griff zu kriegen - sie können maximal glücklich übertüncht werden, und würden dann in der nächsten Krise wieder aufpoppen. Denn über den Schatten der Verpflichtung eines unabhängig denkenden Nicht-Ex-Rapidler (vom bösen Ausländer gar nicht erst zu reden) wird der visionslose Vorstand nicht hüpfen.
Letztlich, und das ist der Vereinsführung am allermeisten anzulasten, sind diese Probleme dieselben wie in der Endphase Pacult, und die waren schon dieselben wie in der Endphase Hickersberger: ein altbackenes System, mit deutlich zu wenig spielerischer Substanz in der defensiven Zentrale; simplistisch ausgerichtet auf Steffen Hofmann. So hat sich vor allem Pacult jahrelang um Arbeit gedrückt.
Bei Rapid hat sich seit Jahren nichts bewegt, man befindet sich noch im vorigen Jahrhundert. Peter Schöttel hat bei seinem Amtsantritt erkannt, dass es reicht, ein wenig über neue Systeme zu reden um als "modern" durchzugehen, umgesetzt hat er kaum etwas davon.
Mit dem Instinkt-Coach Barisic (und auch dem weitgehend ideenfreien Carsten Jancker) wird/kann sich hier nix verbessern. Andererseits: jeder von außen neu hinzugezogene Feuerwehrmann könnte genausowenig ausrichten.
Noch wichtiger als die Reperatur der Mannschaft wäre es allerdings, die Brösel zwischen Vereinsführung und Fan-Basis zu beseitigen. Denn: Solange die Ultras die Gesamtlage Scheiße finden, wird die Stimmung leiden; und es werden etwaige Verbesserungen nicht durch eine euphorische Eigendynamisierung greifen können.
Der Fan-Missmut zieht alles in eine Spirale nach unten.
Das ist also die zentrale Rapid-Baustelle; die kleine Trainer-Rochade ist nur ein Nebenschauplatz von minderer Bedeutung. Bestenfalls ein Ablenkungsmanöver für Kurzdenkende.