Erstellt am: 19. 4. 2013 - 17:53 Uhr
Im Wahldschungel
Bei der ÖH-Wahl treten wieder jede Menge Fraktionen aus den unterschiedlichsten Bereichen an. Wir konzentrieren uns in diesem Überblick auf die Listenverbände, geordnet nach der Anzahl der Mandate, die sie in der Bundesvertretung 2011 erlangt haben. Sollten da noch Listenverbände dazukommen, werden diese natürlich nachgetragen.
AG
Die Aktionsgemeinschaft ist die klassisch-konservative Studierendenfraktion und steht der ÖVP nahe. Sie ist traditionell stark und hat bei den vergangenen beiden Wahlen auch immer die meisten Mandate in der ÖH-Bundesvertretung erlangt.
Aktionsgemeinschaft
Spitzenkandidat ist der 21-jährige Florian Lerchbammer (@FLerchbammer), der in Wien Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Wirtschaftsrecht studiert. Die Aktionsgemeinschaft ist auf Facebook und betreibt einen Twitter-Account.
Die Wahlkampfthemen der AG sind "faire & transparente Zugangsregeln", ein verbindliches Verhältnis von Lehrenden zu Studierenden in ausfinanzierten Studienplätzen, will die Anrechenbarkeit von Lehrveranstaltungen vereinfachen und mehr Studierendenheimplätze, die auch gefördert werden sollen.
Die AG ist die Hauptvertreterin der Denkschule, dass die ÖH vor allem Service für Studierende anbieten soll und sich darüber hinaus nur zu Bildung und Wissenschaft politisch äußert und engagiert.
FEST
Die Fraktion engagierter Studierender war ursprünglich eine reine Liste von Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen, ein Zusammenschluss an FHs und PHs direkt gewählter MandatarInnen. Mittlerweile tritt sie aber auch an Unis und Privatunis an. Die FEST bezeichnet sich als politisch unabhängig, gilt aber als eher links und hat in den vergangenen beiden Legislaturperioden der Bundesvertretung mit der GRAS und dem VSSTÖ, in der aktuellen auch mit den FLÖ zusammengearbeitet.
FEST
Die FEST tritt mit einem SpitzenkandidatInnen-Team an: Anna Lena Bankel (@AnnaLenaBankel) studiert künstlerisches Lehramt an der Angewandten, Bernhard Lahner (@BernhardLahner) macht das Sonderschullehramt an der PH Wien, Michelle Leitgeb ist bereits FH-Baccalaurea der biomedizinischer Analytik, Tobias Dörler hat das Studium künstlerisches Lehramt an der Bildenden abgeschlossen und macht gerade seinen Doktor. Die FEST ist auch auf Facebook.
Ihre Forderungen: Einheitliche Gesetzgebung für alle Studierenden - derzeit gibt es Unterschiede zwischen FHs und PHs auf der einen, und Universitäten auf der anderen Seite, außerdem gelten für Studierende aus Drittstaaten wieder andere Regelungen. Außerdem wollen sie versteckte Kosten an Fachhochschulen eindämmen, die Pädagogischen Hochschulen entschulen und politisch unabhängiger machen sowie die Aufnahmeverfahren an den Kunstunis fairer gestalten.
Alle Infos zur ÖH-Wahl gibt es auf wahl.oeh.ac.at,
auf wahlkabine.at könnt ihr eure Übereinstimmung mit den antretenden Fraktionen überprüfen, und mehr Beiträge zur Wahl gibt es in Kürze unter fm4.orf.at/oehwahl
GRAS
Die Grünen und alternativen StudentInnen stehen den Grünen nahe, betonen aber ihre Unabhängigkeit von der Bundespartei. Unter den linken Gruppierungen waren sie die vergangenen beiden Wahlen die stärkste und auch am Vorsitz beteiligt. Die schwelende Affäre Café Rosa könnte aber diesmal Stimmen kosten - obwohl nur die ÖH der Uni Wien verantwortlich war und das Café auch mit Stimmen von VSSTÖ, KSV-LILI und den FLÖ beschlossen worden ist.
GRAS
Die Gras setzen wieder auf ein Zweigespann an der Spitze: Viktoria Spielmann (@VickySpielfrau) aus Innsbruck und die Grazerin Marie Fleischhacker (@metropolegirl) bestreiten den Wahlkampf zusammen. Es gibt einen allgemeinen GRAS-Twitter-Account.
Das Programm ist in den wichtigen Teilen gleich geblieben: Keine Studiengebühren, keine Zugangsbeschränkungen, keine Studieneingangs- und -orientierunsgphase (STEOP) zur Ausdünnung der Studierendenzahlen. Neu ist die Idee eines "Studium Generale" als Ersatz für die STEOP, das wären zwei Semester freies Studieren im Lehrveranstaltungskatalog der jeweiligen Universität. Erst danach soll man sich für ein Studium entscheiden müssen. Dazu kommen die Themen Mobilität (gratis Öffi-fahren für Studierende, mehr Raum für FußgängerInnen und RadfahrerInnen) und leistbares Wohnen (Mietzinsobergrenze, mehr und günstige Heimplätze, etc.).
FLÖ
Die Fachschaftslisten Österreich sind eine politisch unabhängige Plattform mit Fokus auf den Servicegedanken der ÖH, die sich aber dennoch auch außerhalb der Bildungspolitik zu Wort meldet.
FLÖ
Den Spitzenkandidaten Florian Kraushofer - er studiert Technische Physik an der TU Wien - unterstützen im Wahlkampf Monika Skazedonig, die Publizistik in Klagenfurt studiert, und Elisabeth Geller, Gesangsstudentin am Mozarteum in Salzburg. Die FLÖ sind auf Twitter und Facebook.
Die FLÖ treten gegen Parteipolitik in der ÖH ein, stellen sich also gegen den Einfluss von Parteien auf die HöchschülerInnenschaft. Sie sind für einen offenen Hochschulzugang, für gerechte Studienbeihilfen (was zu einer besseren sozialen Durchmischung der Hochschulen führen soll) und für mehr Geld für den Hochschulbereich - dabei ist auffallend, dass die FLÖ "die zunehmende Privatisierung im Bildungsbereich" ablehnt. Kein Wunder, dass sie nicht an FHs oder Privatunis antreten.
Radio FM4 überträgt die Diskussion der SpitzenkandidatInnen der Listenverbände am 07. Mai aus dem großen Festsaal der Uni Wien live als Video-Webstream und danach on-demand.
VSSTÖ
Der Verband Sozialistischer StudentInnen ist die studentische Variante der SPÖ, eine echte Vorfeldorganisation. Trotzdem ist er in der Vergangenheit immer wieder mit der Parteilinie widersprechenden Positionen aufgefallen.
VSSTÖ
Spitzenkandidatin ist Julia Freidl (@JulieFreidl), die das Bachelorstudium Internationale Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuni Wien abgeschlossen hat und gerade den Master der Volkswirtschaftslehre macht. Der VSSTÖ ist ebenfalls auf Twitter und Facebook.
Aus dem Wahlprogramm des VSSTÖ sticht ihr Modell zur sozialen Absicherung von Studierenden heraus: Vier Säulen sollen gewährleisten, dass man sich studieren leisten kann. Von der Auszahlung der Familienbeihilfe direkt an die studierenden Kinder, über Unterhalt von den Eltern, bis zu Stipendien und Sachleistungen gehen die Forderungen.
Dazu sollen die Toleranzsemester, nach denen StudentInnen ihre Beihilfen verlieren, nicht mehr an die Mindeststudiendauer, sondern an die durchschnittliche Studiendauer angerechnet werden. Das Ende der STEOP, die Ausfinanzierung der Hochschulen und leistbares Wohnen stehen natürlich auch auf dem Programm.
JULIS
Die Jungen Liberalen haben bei der Wahl 2011 mit der Forderung nach Studiengebühren einen Überraschungserfolg eingefahren. Sie sind sowohl Studierendenfraktion als auch Bundespartei und treten bei der kommenden Nationalratswahl gemeinsam mit den NEOS an.
JULIS
Spitzenkandidatin ist wieder Claudia Gamon (@dieGamon), die auch bei den Vorwahlen der NEOS antritt und unter Umständen die erste Person ist, die sowohl in der ÖH-Bundesvertretung, als auch im Nationalrat sitzt. Die Julis sind ebenfalls auf Facebook und Twitter.
Die JULIS setzen weiter auf das Thema, das ihnen 2011 drei Mandate ind er Bundesvertretung gebracht hat: Studiengebühren. Sie plädieren für ein Modell, bei dem man entweder pro Semester zahlt oder ein zinsfreies Darlehen von Staat bekommt. Die Höhe soll zwischen 10 und 30 Prozent der tatsächlichen Kosten eines Studiums liegen und von den Unis selbst festgelegt werden.
Außerdem sind sie für Zugangsbeschränkungen und mehr finanzielle Mittel für Hochschulen, gegen die Zwangsmitgliedschaft bei der ÖH, und möchten, dass die HöchschülerInennschaft ideologiefreier wird und sich hauptsächlich mit Service und Lobby für Studierende beschäftigt.
RFS
Der Ring Freiheitlicher Studenten ist eine Vorfeldorganisation der FPÖ und steht ihr auch im Programm sehr nahe.
ALexander Schierhuber
Spitzenkandidat ist Alexander Schierhuber (@AlexSchierhuber), er studiert Betriebswirtschaftslehre in Wien. Der RFS ist auf Facebook vertreten.
Der RFS wendet sich gegen den Bologna-Prozess, vor allem gegen den eingeschobenen Bachelor-Titel, fordert Studiengebühren für alle Studierenden, die nicht österreichische Staatsbürger sind und eine Inflationsanpassung der Studienbeihilfen. Er hat sich dem "Kampf gegen den militanten Linksextremismus" verschrieben und möchte "Gleichberechtigung statt Genderwahn! Leistung statt Quote!"
KSV-KJÖ
Der Kommunistische StudentInnenverband ist seit 2006 gespalten. Der KSV-KJÖ ist dabei die ältere Fraktion, eng an die Kommunistische Jugend Österreichs gebunden, daher der Zusatz KJÖ.
KSV-KJÖ
Spitzenkandidat ist der 23-jährige Lukas Fasching, der an der Hauptuni Wien Volkswirtschafts studiert. Der KSV-KJÖ ist sowohl auf Twitter als auch auf Facebook aktiv.
Die Kommunisten wollen sich von den anderen linken ÖH-Gruppierungen abgrenzen, fordern Proteste statt Verhandlungen. Sie treten für mehr finanzielle Förderungen von Studierenden und eine Ausfinanzierung der Hochschulen ein. Konkret heißt das: Verpflichtende Bezahlung von Praktika und eine Umverteilung des Vermögens. Kritik gibt es auch an VSSTÖ und AG, die am "finanziellen Gängelband der Bildungskürzer in der Bundesregierung hängen".
KSV-LILI
Der Kommunistische StudentInnenverband - Linke Liste ist die zweite in einem Listenverband antretende kommunistische Fraktion. Als ob die Verwechslungsgefahr nicht schon groß genug ist, gibt es noch weitere Verwirrungen: In Graz etwa tritt der KSV-KJÖ als "KSV-LILI" an, während der KSV-LILI als "Undogmatische Linke" gelistet ist. Seltsam, aber so steht es geschrieben.
KSV-LILI
Der KSV-LILi schickt keine Spitzenkandidatin, keinen Spitzenkandidaten in die Wahl. Statt dessen gibt es ein "Team Öffentlichkeitsarbeit", bestehend aus Klemens Herzog und Jennifer Zach. Der KSV-LILI ist ebenfalls auf Twitter und Facebook unterwegs.
Die Themen der Linken Liste sind hohe Lebenserhaltungskosten, prekäre Nebenjobs, Verschulung und Kommerzialisierung. Sie sehen die immer häufigere Anwesenheitspflicht in Lehrveranstaltungen und Securities an Universitäten als Repression und Überwachung der Studierenden und fordern ganz klassisch "das Ende des kapitalistischen Systems".
Unipiraten
Die Unipiraten sind schon bei den ÖH-Wahlen 2007 angetreten, konnten damals allerdings nicht in die Bundesvertretung einziehen.
Auch die Piraten treten mit einem Team an, Spitzenkandidat ist Marcus Hohenecker (@Marcus_MoD). Sie sind aber natürlich auch als Fraktion auf Twitter und Facebook.
Sie fordern die Möglichkeit eines Masterstudiums für jedeN Bachelor, letzterer soll eher "Mobilitätsschnittstelle" werden, also den einfachen Wechsel an andere Unis ermöglichen. Sie sind gegen Studiengebühren und STEOP, wollen dafür lieber eine unverbindliche Eignungsprüfung. Und natürlich dürfen die klassischen Piratenthemen nicht fehlen: Open Data, mehr Video-Vorlesungen, Open-Source-Software an den Unis, etc. E-Voting halten aber sogar sie für zu unsicher.
Die ÖH-Wahlen auf FM4
Wir laden alle zehn SpitzenkandidatInnen natürlich noch zum ausführlichen Interview ein, senden die von Armin Wolf moderierte Diskussion mit ihnen am 07. Mai als Videostream live und zum danach on-demand schauen und berichten natürlich am 16. Mai live vom finalen Wahlabend aus der ÖH-Zentrale.