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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

15. 4. 2013 - 10:50

Einmal Zartbitter, Bitte

Das düstere Electro-Pop-Quartett Ghost Capsules ist der FM4 Artist of the Week.

Ghost Capsules sind unsere Artists Of The Week.

Falls die Werbe-Abteilung von Wien Tourismus neue Testimonials sucht, würden sich zum Beispiel der britische Produzent Tim Simenon und die spanische Sängerin Laura Gomez eignen:

Clemens Kogler

Das Cover des gleichnamigen Debüt-Albums Ghost Capsules

Die beiden teilen nicht nur ihre Begeisterung für Musik, sondern auch für die Stadt, in der sie gemeinsam mit Schlagzeuger Roman Lugmayr und Keyboarder Georg Lichtenauer in der Hexenküche des Wiener Kulturzentrums Werk eine schwere Melasse aus Synthie-Klängen und Plucker-Beats in ein Album gegossen haben. An diesem Sirup kann man sich genußvoll betrinken, sich darin wohlig suhlen und benommen in dunkle Sphären tanzen.

Geister und bittere Pillen

Weltpremiere: erstmals live zu sehen sind Ghost Capsules auf der FM4 Bühne am Linzfest.

Die vier MusikerInnen nennen sich Ghost Capsules und sind allesamt keine Unbekannten: Tim Simenon ist als Sample-Virtuose und DJ Bomb the Bass seit den Achtziger Jahren aktiv. Sein Bug Powder Dust kennt man in Österreich spätestens seit der Kiffer-Entschleunigung von Kruder&Dorfmeister. Er war auch Produzent und Remixer von Depeche Mode, David Bowie, Neneh Cherry und U2.

Laura Gomez singt bei der Band Haiku Dandys und Roman Lugmayr und Georg Lichtenauer spielen in Wiener Formation Valesta.

Ghost Capsules

Ghost Capules im Studio

Kennengelernt hat sich die Y-Chromosomen-Fraktion der Band bei einem gemeinsamen Konzert-Abend, an dem die Idee der musikalischen Zusammenarbeit geboren wurde. Doch erst, als man bei der von Simenon veranstalteten Party-Reihe We are Robots im Wiener Fluc Laura Gomez singen gehört hat, nahm das Ziel der musikalischen Reise konkrete Form an.

Das Ticket wurde in Richtung Düsterwald gelöst, dort, wo die Geister auf bitteren Pillen sind. Es handelt es sich hierbei aber nicht um Anti-Depressiva. Die hat die Band trotz Songtiteln wie "I Am Dead" nicht nötig: Im Interview sind Laura und Tim gut drauf und lachen viel. Sie stehen einfach auf akustisches Zartbitter, wie Laura Gomez in Interview erklärt:

"The Guys are joking all time about that: 'When you want all the People out of the Party, just let Laura play the Music.' Because I like sad and melancholic music."

Die Ghost Capsules sind aber nicht das einzige heiße Eisen im hell lodernden Feuer von Tim Simenon. Im Mai bringt er sein nächstes Bomb the Bass-Album mit Paul Conboy heraus, "In the Sun" wird sich hauptsächlich um 303er-lastigen Acid und frühen Manchester Sound drehen. Erscheinen wird es wie das Ghost-Capsules-Album auf seinem eigenen Label O*Solo Recordings.

Das selbstbetitelte Debüt-Album der Ghost Capsules, wird aber keine Parties leeren. Ganz im Gegenteil! Die emotionsgeladenen Electronica bestehen weitgehend aus Uptempo-Arrangements, über denen die Stimme von Laura Gomez mal sanft streichelnd, mal schneidend weht. Inspiration für die Songs sind Science-Fiction und Fantasy-Geschichten, wie zum Beispiel Game of Thrones oder Morgan le Fay. Es bleibt einem gar nichts anderes übrig, als die Augen zu schließen und sich von dieser Brise ins Nachtasyl des Kopfkinos oder auf den Dancefloor tragen zu lassen. Für Clubtauglichkeit sorgen auch die Remixes von Lupo, Komaton und Makossa & Megablast.

Die Zusammenarbeit der Band erweist sich als so fruchtbar, dass sie schon am Nachfolger arbeiten, obwohl das Debüt-Album gerade erst herausgekommen ist. Die Live-Premiere feiern die Ghost Capsules auf der FM4-Bühne beim Linz Fest zu Pfingsten, wo neben der aktuellen Platte auch eine Vorschau auf die zweite präsentiert wird.