Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Zwischen Vision und Spekulation"

Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

11. 4. 2013 - 16:46

Zwischen Vision und Spekulation

Bitcoins im Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar sind bereits im Umlauf. Extreme Kursschwankungen sorgen für Enthusiasmus und Panik.

Angesichts Eurokrise, Bankenrettungen oder unlängst der Enteignung von Sparguthaben in Zypern steigt hinsichtlich des Themas Geld die Skepsis vieler Menschen. Die Zentralbanken, die sich seit der Krise mehr um die Konjunktur als um stabiles Geld sorgen, halten die Zinsen künstlich fast bei null. Dies und die steigende Inflation bewirken, dass Geld durch Sparen weniger statt mehr wird. Die Alternativen: die Investition in Immobilien, Kunst und Edelmetalle wie Gold. Oder seit ein paar Jahren auch eine Internetwährung: Bitcoins.

Bitcoins werden "geschürft"

Vor zwei Jahren lag der Kurs für ein Bitcoin knapp unter einem US-Dollar. Gestern konnte man ein Bitcoin für 260 Dollar verkaufen. Und aktuell liegt der Kurs bei etwa 130 US-Dollar. Im Gegensatz zu jenem Geld, hinter dem immer eine Zentralbank steht, ist Bitcoin eine dezentrale Währung.

Zwei Gold-Bitcoins in der Hand

CC flickr.com/photos/zcopley

Nur in der Photoshop-Montage kann man Bitcoins in die Hand nehmen. In echt ist die digitale Währung nicht zum Angreifen.

Weil Gold als Blaupause von Bitcoin dient, muss auch die digitale Währung "geschürft" werden - allerdings nicht mit der Spitzhacke, sondern mit dem Computer. Auf ihm installiert man einen Bitcoin-Client. Dieser errechnet Kryptographie-Schlüssel, aus denen das Geld quasi besteht. Gültige Bitcoinschlüssel auszurechnen wird immer schwieriger, je mehr Bitcoins es bereits gibt. Mittlerweile kann es deshalb bereits über ein Jahr lang dauern, einen funktionierenden Schlüssel für einen neuen Bitcoin zu finden. Der dabei verbrauchte Strom ist dann - je nach Kurs - unter Umständen teurer als der Bitcoin wert ist. Die Erfinder von Bitcoin allerdings sagen, dass eine dezentrale digitale Alternativwährung heute dringender notwendig ist als je zuvor - und dass auch das herkömmliche Bank- und Finanzsystem Unmengen an Strom verbraucht.

Schürfzombies

Dass man Bitcoins schürfen kann, hat in den letzten Wochen nicht nur ehrliche User auf den Geschmack gebracht. Banden von Cyberkriminellen, die sich bisher darauf spezialisiert haben, Computer mit Viren zu infizieren und dann für den Spam-Versand fernzusteuern, haben sich nun darauf verlegt, diese Botnetze zum Errechnen von Bitcoin-Schlüsseln einzusetzen. Die Computer zigtausender ahnungsloser User verwandeln sich also in geldschürfende Zombies, deren Prozessoren an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht werden.

Von diesen kriminellen Nebeneffekten des Hypes abgesehen hat die Internetwährung Bitcoin nun aber auch demonstriert, wie instabil sie sein kann: Gestern lag ihr Kurs auf einem Rekordhoch von 266 US-Dollars. In der Nacht ist Bitcoin abgestürzt auf 105 Dollar. Zu dieser Stunde schwankt der Kurs im Minutentakt zwischen etwa 105 und 130 Dollar. Interessant ist dabei, wie der extreme Absturz zustande kam: Ein technisches Manko in Verbindung mit der Medienöffentlichkeit der letzten Wochen war der Auslöser. Mit dem rasanten Kursanstieg im heurigen Jahr kamen täglich tausende neue User auf die Idee, in Bitcoins zu investieren. Das bescherte gestern dem weltweit größten Bitcoin-Händler Mt Gox überlastete Server. Die Aussetzer aber lösten bei vielen Bitcoin-Besitzern Panikverkäufe aus, in deren Folge der Kurs abstürzte.

Bitcoin-Münzen

CC flickr.com/photos/zcopley

Kritik und Wachstum

Kritiker sprechen von einer aggressiven Spekulationsblase und davon, dass die Währung nur mehr gehortet und nicht ausgegeben wird. Trotzdem bieten aber auch immer mehr Händler die Bezahlung mit Bitcoins für ihre Produkte an. Früher waren das hauptsächlich kleine unabhängige Software-Entwickler oder dubiose Plattformen wie Silk Road, auf denen man eher illegale Dinge - von bewusstseinsverändernden Substanzen bis zu Schusswaffen - erwerben konnte. Heute kann man dagegen auch ganz legal Babykleidung einkaufen oder sein Tonstudio reparieren lassen.

Erwerben lässt sich das Internetgeld am besten bei Plattformen wie Bitcoin24, Bitstamp oder dem schon ewähnten, weltweit größten Händler Mt Gox. Auch sie haben die volle Aufmerksamkeit von Cyberkriminellen: Einige Onlinehändler haben in den letzten Jahren schon öfters unangenehme Bekanntschaft mit virtuellen Einbrüchen gemacht.

Werden Bitcoins von einem Server gestohlen, lässt sich aufgrund der aufwändigen Verschlüsselung nicht feststellen, wer der Dieb ist. Aufbewahren sollte man Bitcoins am besten auf dem eigenen Computer - der hat dann die Funktion eines Geldbörsels oder privaten Safes. Verliert man allerdings die Daten - etwa aufgrund eines Fehlers auf der Festplatte oder ähnlicher Pannen - dann ist das Geld weg. Bitcoin ist kein gesetzliches Zahlungsmittel. Trotzdem steht es grundsätzlich jedem frei, das Internetgeld als Gegenwert anzunehmen. Aufgrund der Neuartigkeit von Bitcoin existieren allerdings viele ungeklärte rechtliche Fragen. Auf jeden Fall sind Gewinne aus dem Rücktausch von Bitcoins in Zentralbankgeld wie jedes Geschäft dem Steuerrecht unterworfen.