Erstellt am: 30. 3. 2013 - 12:59 Uhr
Durchgezappt
Nun ist also Ostern, kein Grund zur Überschwänglichkeit, denn die Osterzeit ist eigentlich auch immer eine problematische. Selten gibt es so viele Feiertage am Stück zu bewältigen: Karfreitag, dann Samstag, Ostersonntag, Ostermontag - es nimmt kein Ende.
In Berlin bleiben ja dieses Jahr sämtliche Oster- und Frühlingsgefühle aus. Kein Grün nirgends, dafür sich überlagernde Eisschichten auf Straßen und Gehwegen - Höchsttemperaturen um den Gefrierpunkt und dazu der allgegenwärtige fiese Ostwind. Es ist der kälteste März seit 130 Jahren, wenn nicht gar seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1881.
Wie immer wenn es eiskalt und ungemütlich ist, heißt auch Ostern 2013 die Devise: In der Wohnung bleiben und fernsehen.
Zum Glück bietet das Osterfest jedes Jahr verlässlich die beliebten Klassiker und Monumentalschinken. "Ben Hur", "Spartacus" und "Die Zehn Gebote" laufen praktisch täglich auf irgendeinem Sender, die Regionalprogramme, besonders das Bayerische Fernsehen, zeigen gerne religiöse Historienfilme, der neue Papst gibt Anlass zu der ein oder anderen spannenden Vatikan-Doku.
Und auch wer die Technicolor-Osterschinken schon zehn oder zwanzig Mal gesehen hat - sie sind doch auch immer wieder schön und der Cineast kann sich jedes Jahr auf ein anderes filmisches Detail konzentrieren.
Paramount Home Entertainment
Die vielgerühmten frühen Special Effects der "Zehn Gebote" wie die Rote-Meer-Teilung und der Tanz ums goldene Kalb können nicht genug bestaunt werden, gendertheoretisch betrachtet lassen sich bei Moses und seinen GefährtInnen prima Geschlechterstereotype der Fünfziger Jahre herauslesen, auch eine geo- oder biopolitische Interpretation ist möglich.
Bei Ben Hur - 3,5 Stunden ebenfalls in Technicolor - könnte man dieses Jahr mal wieder nach den angeblichen Filmfehlern suchen. Es hält sich ja hartnäckig der Mythos, einer der Wagenlenker oder Fanfarenbläser trage eine Armbanduhr, manchmal wird auch behauptet, irgenwo im alten Rom parke seitlich ein roter Ferrari.
Ganz bestimmt aber lassen sich jede Menge historischer Ungenauigkeiten und Fehler entdecken, zum Beispiel bei der berühmten Galeerensequenz. In der Antike gab es nämlich keine Galeerensklaven, römische Kriegsschiffe wurden von gut ausgebildeten und gut bezahlten Seesoldaten gerudert. Da es viel Geschick und hartes Training erfordert, eine große Galeere gleichmäßig zu rudern, hätte sich die professionell organisierte römische Armee doch niemals auf ungeübte Ruderbesatzungen aus Sklaven verlassen. Die in "Ben Hur" ausführlich dargestellten Peitschenschläge und die karge Kost hätten die Kraft und Ausdauer des Galeerenpersonals ja noch mehr eingeschränkt.
Aber "Spartacus", "Die Bibel", "Die Zehn Gebote" und "Ben Hur" machen noch kein erfülltes Osterwochenende aus. Deshalb bietet das Fernsehprogramm auch jede Menge sogeannter "Spielfilm-Highlights". Wer allerdings über 35 ist und ab und an ins Kino geht, wird alles schon mal gesehen haben.
Viele der "Highlights" sind zudem recht unterkomplex gestaltet und wer sich da nicht tödlich unterfordern will, sollte zwei bis vier Filme prallel anschauen.
Trotz der kreativen Körpersprache könnte Samstag Abend Johnny Depp bei "Pirates of the Carribean 2" (20.15 Uhr Sat 1) bald langweilen, da schaltet man ab und zu zur "Päpstin" (Frau wird Papst, ARD) rüber.
Um 23.30 Uhr lässt sich der zuweil recht statische "Krieg der Welten" in der ARD sehr gut mit dem Bruce Willis-Action-Krimi "16 Blocks" (23.20 Uhr Sat 1) kombinieren, wer will kann noch den Psycho-Thriller "The Experiment" (23.25 Uhr Pro7) dazu nehmen und den Ostersamstag mit dem lieben Horrorfilm "The Hitcher" (1.15 Uhr Pro7) ausklingen lassen. Sonntag morgen heißt es dann aber früh raus, denn der päpstliche Fernsehsegen "Urbi et Orbi" wird Sonntag morgen ab 10.15 Uhr vom Petersplatz in Rom live auf ORF 2 übertragen. Wird der neue Papst Franziskus auch beim Ostersegen seine unnachahmliche Bescheidenheit ausstrahlen? Das ist die spannende Frage am Ostersonntag.
Abends heißt es stark sein, Sat 1 zeigt "Kokowääh".
Warner Bros
Wer bislang der Versuchung widerstehen konnte, ein Regiewerk des nuschelnden Til Schweigers mit ihm als Hauptdarsteller und der Hälfte seiner Sippschaft im Kino zu sehen, hat jetzt die einmalige Gelegenheit. Die schreckliche deutsche Komödie lässt sich wahrscheinlich nur zusammen mit dem Weltuntergangsdrama "2012" (Pro7) von Roland Emmerich aushalten, zur religiösen Erbauung und Erheiterung kann man sich dann zur gleichen Zeit mit "Rapunzel, neu verföhnt" (ORF eins) oder "Harry Potter und der Gefangene von Askaban" (RTL2) ablenken.
Wer am Ostersonntag seinen Frieden mit Til Schweiger gemacht hat, sollte Montag gleich mit "Keinohrhasen" nachlegen und parallel den Münchner "Tatort" (ORF 2) aber auch das spannende Bergsteiger-Drama "127 Hours" verfolgen, in dem ein eingeklemmter Arm die Hauptrolle spielt.
Und dann ist Ostern 2013 schon fast überstanden und wir können entspannt auf den überfälligen Frühling warten.