Erstellt am: 26. 3. 2013 - 12:55 Uhr
Strände & Banken
Ganz so groß, wie gestern teilweise kolportiert, war die Überraschung ja eigentlich doch nicht, dass in der Nacht auf Montag noch ein Rettungspaket geschnürt wurde. Der zyprische Regierungschef wurde kurzerhand in ein belgisches Militärflugzeug gesetzt und nach Brüssel geflogen, die Nacht war dann eine lange.
Um am Ende dann doch noch jenes Ergebnis zu erzielen, das gestern recht ausführlich durch die Medien ging. Um es noch einmal kurz zusammen zu fassen: Neben dem obligaten Sparpaket, das ohnehin an den EU-Hilfen klebt wie der Putzerfisch am Hai, soll nun vor allem der monströse Bankensektor umstrukturiert werden, um die 10 Milliarden von EU und IWF fließen zu lassen.
Die zweitgrößte Bank Zyperns, die Laiki Bank, wird abgewickelt – soll heißen, sie wird in einen gesunden und einen kaputten Teil aufgespalten. Während die giftigen Bestände in eine „Bad Bank“ überführt werden, sollen die funktionierenden Teile der Bank in das größte Institut, die Bank of Cyprus, überführt werden.
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Das bedeutet im Klartext, dass erstmals seit Ausbruch der Krise auf Anweisung von Brüssel eine größere Bank aufhört in ihrer bisherigen Form zu existieren. Das darf nach Jahren voller Steuergeld für Zombie-Banken durchaus als Wendepunkt verstanden werden.
Die Einlagensicherung allerdings, also jene kostbare Währung des Vertrauens, die man letzte Woche so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat, bleibt nun voll erhalten – für alle Einlagen bis 100.000 Euro, die nun eben zur Bank of Cyprus wandern. Alle anderen werden sich künftig als Kunden einer Bad Bank wieder finden und um ihre Einlage fürchten müssen.
Aber auch die Kunden der Bank of Cyprus kommen, so sie mehr als diese 100.000 Euro am Konto haben, nicht ungeschoren davon. Ein Abschlag von 30% ist vorgesehen, dieses Geld soll so in Aktien umgewandelt werden, dass die Eigenkapitalquote der Bank die 9% erreicht.
Währenddessen ist noch nicht ganz klar, wann die Banken nun tatsächlich wieder öffnen. Derzeit liegt der Maximalbetrag der aus den Bankomaten kommt bei 100-120 Euro, und wenn man auch künftig mit derlei Beschränkungen rechnen muss (um nur ja keinen Bankrun zu ermöglichen), ist das natürlich Gift für das Geschäftsleben einer Volkswirtschaft. Was bereits feststeht, ist ein massives Polizeiaufgebot rund um die Bankfilialen am Tag, an dem sie öffnen.
Im Prinzip könnte man diese Entscheidung der EU in Verhandlungen mit Zypern als wegweisend bezeichnen: Erstmals werden neben den Kunden auch die Anleihenbesitzer und Aktionäre an der Rettung einer Bank oder eines ganzen Bankensektors beteiligt. Und auch der neue Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, spricht bereits davon, dass das zyprische Modell Schule machen könnte. Nachdem er dies in der Financial Times anklingen ließ und daraufhin die Börsen „nervös“ wurden hat er seine Aussage allerdings schnell wieder relativiert.
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Dennoch bleibt festzuhalten: Während in den USA seit dem Lehman-Kollaps 500 Banken abgewickelt wurden, ist die Laiki Bank in Zypern nun die erste der Eurozone – und somit schon einen fetten Eintrag im Kalender der Schulden- und Bankenkrise wert.
Welche Frage bleiben nun aber, neben jener nach der Öffnung der zyprischen Banken?
Nun, relativ kalt lassen sollte die EU das Säbelgerassel aus Russland, de facto wird es Putin und Medwedew kaum stören, wenn ihre reichen Steuerflüchtlinge nun eine Destination weniger haben.
Am problematischsten wird sicher die Situation in Zypern selbst, wo nun harte Jahre ins Haus stehen. Neben einer heftigen Erhöhung der Arbeitslosigkeit, dem Griff in die Pensionskassen und einem radikalen Sparkurs blüht dem kleinen Land der Zusammenbruch ihres wichtigsten Wirtschaftszweigs, der Finanzwirtschaft. „Außer Strände und Banken gibt es dort nicht sehr viel“, meinen viele Experten – und wenn das Geschäft mit den Banken nun wegbricht, dürfte nur mehr der Tourismus bleiben. Vielleicht aber auch eine Warnung an jenes „britische“ Modell, das immer dachte, auch ohne gesunde Produktionswirtschaft erfolgreich sein zu können.
Und schlussendlich bleibt noch eine heikle Frage unbeantwortet: Selbst Ex-OENB Gouverneur Liebscher konnte sich gestern im Rahmen einer TV-Diskussion nicht erklären, wie es sein kann, dass angeblich auch in den vergangenen Tagen der totalen Bankensperre erhebliche Summen aus Zypern nach London, Griechenland und Russland überwiesen wurden. Die Rede ist derzeit davon, dass hohe Beamte ihren Informationsvorsprung nutzen konnten. Aber auch die FAZ berichtet davon, dass in diesen Tagen mehr Geld aus Zypern ins Ausland transferiert wurde, als in den Wochen davor – als die Banken noch geöffnet waren. Der Verdacht besteht also, dass Nikosia Überweisungen in Milliardenhöhe durchgewinkt hat.
Sollte sich das bewahrheiten, könnte die Erleichterung über den Umstand, dass endlich auch „die Reichen“ an den Kosten einer Rettung beteiligt werden, so schnell in sich zusammenbrechen wie die Hoffnung, dass eine Finanztransaktionssteuer das „globale Finanzcasino“ zähmt.