Standort: fm4.ORF.at / Meldung: ""Der Schwarze stirbt zuerst?""

Ali Cem Deniz

Das Alltagsmikroskop

23. 3. 2013 - 18:51

"Der Schwarze stirbt zuerst?"

Wieso setzen noch heute so viele Filme auf rassistische und sexistische Klischees?

"Ein Film kostet viel Geld und da wagen es Regisseure und Produzenten nicht immer eine Rolle gegen den Typ zu besetzten", erklärt Casterin Eva Roth. Sie arbeitet unter anderem für Ulrich Seidl. Als Casterin hilft sie Regisseuren bei der Auswahl von (Laien-)SchauspielerInnen. Besonders, wenn es um Laien geht, geht es auch um die Frage der Authentizität und Glaubhaftigkeit. Zwei fragwürdige Konzepte. Nach welchen Kriterien richtet man sich bei der Suche nach dem Authentischen?

Rassistisch authentisch

Hier sind die Kriterien oftmals gesellschaftliche Stereotype und Klischees, denn das "Authentische" ist ein Konstrukt, das nur innerhalb bestimmter Diskurse existiert. So entscheiden wir, ob etwas realitätsnah ist oder nicht.
Während die Serie "The Wire" für viele aufgrund ihrer komplexen Charaktere und differenzierten Darstellung von Straßenkriminalität besonders authentisch ist, ist es für andere unverständlich, dass die Cops nicht die strahlenden Helden sind.

"The Wire"

HBO

Arthousefilme und HBO-Produktionen können es sich leisten Stereotype zu hinterfragen und nach neuen Perspektiven zu suchen. Häufig ist das gerade der Anspruch, den die ZuseherInnen an solche Produktionen stellen.

Blockbuster hingegen müssen gesellschaftliche Vorurteile verwerten, um einen Film glaubhaft und erfolgreich zu machen.

So entstand auch das altbekannte Phänomen: "Der Schwarze stirbt zuerst". In den meisten Filmen sind schwarze Menschen als Diversity-Dekoration vorhanden. Sie haben aber nur mäßig Einfluss auf die Handlung, schließlich besteht das nordamerikanische und europäische Zielpublikum aus mehrheitlich weißen Menschen.

Der weiße meist männliche Protagonist beeinflusst den Lauf der Geschichte und lenkt sein eigenes Schicksal, während die anderen Charaktere (Schwarze, Frauen, andere Minderheiten) entweder passive Opfer sind, oder dem Protagonisten als Hindernis im Weg stehen. Selbst einige wichtige Klassiker ("Heat", "True Romance", "Goodfellas") sind von diesem Symptom betroffen.

Ein aktuelles Beispiel für die Kommerzialisierung von Vorurteilen ist "End of Watch". Zwei Polizisten schießen sich hier durch eine Menge von Gangstern, die oben ohne und mit schweren Waffen durch die Ghettos von Los Angeles rennen während sie jeden ihrer grammatikalisch falschen Sätze mit "Fuck" anfangen und wieder mit "Fuck" beenden.
Diese Darstellung von Menschen, die in den Ghettos leben, macht für uns den Film glaubwürdig, obwohl wir kaum ein Wissen über diese Menschen haben und keine Lebenserfahrungen in den Ghettos gesammelt haben.

Gegen den Typ

Zugegeben, es ist spießig in jedem Film Spuren von unreflektierten Sexismen und Rassismen zu suchen, aber in vielen populären Filmen und Serien sind Klischees so banal und offensichtlich, dass es schwerfällt wegzusehen, besonders wenn das Aussehen der SchauspielerInnen mit ihren Rollen in Verbindung gesetzt wird. Das Aussehen der Charaktere darf keine rassistischen Klischees bestätigen, um Authentizität zu erzeugen.

Dass auch ein Blockbuster ohne Stereotype glaubhaft sein kann, hat zuletzt "Thor" bewiesen. Dort spielt Idris Elba den nordischen Gott Heimdall. Bleibt zu hoffen, dass andere Blockbuster sich ein Beispiel nehmen.