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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

23. 3. 2013 - 11:29

Wir wollen hier nicht raus!

Am letzten Samstag wurde in Berlin wieder mal an mehreren Orten der Stadt gegen steigende Mieten und Gentrification demonstriert. Die Verdrängung alteingesessener Mieter ist Dauerthema.

Größten Zulauf und Aufmerksamkeit der Presse hatte dabei die Kundgebung an der East Side Gallery, so nennt sich das 1,3 Kilometer lange bemalte Mauerstück an der Spree in Kreuzberg-Friedrichhain. Die East Side Gallery entstand 1990 nach der Wiedervereinigung und ist inzwischen ein Touristenmagnet, weil sie als letztes langes Mauerstück den Mauerverlauf und die Teilung der Stadt noch sichtbar macht. Mitte März sollten nun einige Mauersegmente abgerissen werden, um einen Durchgang zu einem geplanten Investorenprojekt am Spreeufer zu schaffen. Schnell formierte sich das Bündnis "East Side Gallery retten!" und am Samstag kam ein prominenter Unterstützer nach Berlin: David Hasselhoff! Ja, the Hoff persönlich war vor Ort, um sich für den Erhalt der Mauer einzusetzen! Er fuhr in einem gelben Bus mit der Demo mit und gab eine Pressekonferenz.

David Hasselhoff in einem gelben Bus in Berlin auf einer Anti-Gentrifizierungs-Demo

EPA

Hasselhoff hat ja ein sehr enges Verhältnis zur Berliner Mauer, wenn sie doch nicht unbedingt wegen ihm gefallen ist, so ist doch sein Hit "I’ve Been looking for Freedom" zum Soundtrack der Wendezeit geworden und unvergessen ist sein Auftritt mit blinkender Jacke auf der Mauer an Silvester 1989.

"Dieses letzte Stück Mauer sollte wirklich unantastbar sein", sagte Hasselhoff auf der Pressekonferenz und recht hat er, auch wenn er die Verstrickungen und Niederungen der Berliner Bezirkspolitk nicht kennt.

Das ganze Gebiet längs der Spree, einst durch Grenzanlagen und Mauer von der Stadt und ihren Bewohnern abgeschirmt, soll ja nach Willen der Stadt und der Investoren zu einem schicken Kreativzentrum namens "Media-Spree" umgebaut werden. Nach und nach verschwinden die Strandbars und Clubs und weichen Investorenprojekten.

In einem Bürgerentscheid haben sich die Bewohner aber dafür ausgesprochen, dass wenigstens die Uferpromenade frei zugänglich und unbebaut bleibt. Alle Grundstücke hinter der Ex-Mauer hatte der Bezirk aufgekauft, damit dort ein Park entstehen kann. Für die beiden letzten war kein Geld mehr da und der Senat weigerte sich, Mittel zuzuschießen. Dort soll nun das 14-geschossige 63 Meter hohe und mit Tiefgarage ausgestattete "Living Levels"-Hochhaus zwischen der East Side Gallery und der Spree entstehen. Einige der geplanten Luxus-Eigentumswohnungen, Quadratmeter-Preis zwischen 3.000 und 8.000 Euro, sind bereits verkauft. Das Hochhaus hat sich inzwischen zum meist gehassten Bauprojekt der Stadt entwickelt. Wegen zahlreicher Morddrohungen wurde dem Investor geraten, nicht mehr bei den öffentlichen Diskussionsveranstaltungen aufzutauchen.

Neues Hochhaus, das in Berlin an der Spree entstehen soll

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Dabei hat in diesem Fall in erster Linie die Berliner Bezirkspolitk versagt. Sie hatte das ungeliebte Projekt am Spreeufer genehmigt, distanziert sich jetzt aber auf Druck der öffentlichen Meinung von dem Bauprojekt und wer weiß, vielleicht auch weil "The Hoff" da war. Die East Side Gallery steht unter Denkmalschutz und sie ist auch mehr als eine Touristenattraktion. Denn während die "ernste" Mauergedenkstätte samt Dokumentationszentrum an der Bernauer Straße an die Mauertoten und das Leid der Teilung erinnert, steht die East Side Gallery für die Euphorie nach dem Mauerfall, als Künstler aus aller Welt kamen und die Mauerstücke bemalten.