Erstellt am: 14. 4. 2013 - 18:32 Uhr
Touch & Play
Es war ein zu langer Winter, in dem uns viele Male ein guter Tee, ein heißes Bad oder das vertraute Leuchten unserer Smartphones und Tablets aufmuntern mussten - vorausgesetzt, von den Geräten haben unterhaltsame Spiele gestrahlt. Die Welt der mobilen Games ist weiterhin enorm reichhaltig, und langsam merkt man auch bei innovativeren Titeln eine Erweiterung von "Apple only" hin zu den viel verbreiteteren Android-Geräten. Was war in letzten Wochen auf den tragbaren Maschinen dieser Welt spielerisch so los und welche Titel sind es wert, der einen oder anderen Mittagspause zum Opfer zu fallen? - Die Auswahl ist reichhaltig.
LiquidSketch (iPad 2 und aufwärts)
Wasser ist nicht nur lebensnotwendig, sondern auch in ästhetischer Hinsicht etwas, das uns immer wieder begeistert - egal, ob es sich um eine sonnenbestrahlte Meeresoberfläche oder einen rauschenden Wasserfall handelt. Videospiele beschäftigen sich allerdings weniger mit der ästhetischen Einzigartigkeit von Wasser, sondern eher mit der physikalisch korrekten Nachbildung des Verhaltens von Flüssigkeiten allgemein.
Ein Game, das der perfekten Simulation von Wasser bzw. Flüssigkeit sehr nahe kommt, ist "LiquidSketch", entwickelt vom Schweizer Mathematik-Studenten und Hobby-Spieleeentwickler Tobias Neukom. Das Wasser wird in seinem Spiel direkt manipuliert. Das "Sketch" im Namen kommt davon, dass das Spielfeld, also jedes Level, aussieht wie ein mit Blei- und Buntstiften bezeichnetes Millimeterpapier. Das Wasser strömt aus diversen Ecken empor oder ist in bestimmten Mulden und in mit kleinen Steinen befestigten Gefäßen gefangen. Nun können wir unser Spielgerät bewegen und das Wasser bewegt sich dementsprechend mit. Oder wir ziehen mit dem Finger über das Wasser und leiten es so in bestimmte Richtungen. "LiquidSketch" bietet entspannte Leichtigkeit, weil das Strömen und Fließen des Wassers erstens beruhigend ist und zweitens für das Lösen der Level keine penible Präzision notwendig ist. Außerdem ist das Spiel so gut, dass es zum Finalist des diesjährigen Independent Games Festival gekürt wurde.
Backflip Madness (Android, iOS)
Seit einigen Jahren sind wir in unregelmäßigen Abständen immer wieder von den grazilen Bewegungen der Mitglieder der "Le parcour"-Bewegung begeistert, die urbane Umgebungen zur akrobatischen Erprobung nutzen. Da wird viel gesprungen, gerollt und geklettert. Wirklich waghalsige Manöver sollten aber nur Profis machen, denn so ein Steinboden ist schon ziemlich hart. Damit man sich ein Bild machen kann, wie herausfordernd und gefährlich es mitunter sein kann, zu versuchen, sich leicht wie ein Eichhörnchen harte Betonwüsten zu erobern, gibt es das Spiel "Backflip Madness". Hier wird zwar nicht gelaufen, es werden aber immerhin Rückwärtssalti gemacht. Und wer kann sowas schon.
Das Spiel macht es einem nicht leicht: Die Grafik von "Backflip Madness" ist hässlich, die Hintergrundmusik nervt und das Spielprinzip ist minimalistisch. Das einzige, was wir tun können, ist der genannte Rückwärtssalto. Klingt langweilig, doch schon nach wenigen Minuten kann man die Finger nicht mehr von dem merkwürdigen Spiel lassen. Zuerst müssen wir mit unserer athletischen Spielfigur in die Knie gehen, dann im richtigen Moment springen, dann ein weiteres Mal drücken zum Einziehen von Armen und Beinen und zum Schluss richtig landen. Timing ist hier alles. Meistens ist es trotzdem so, dass wir der Figur durch böse Stürze starke Schmerzen zufügen. Sind die zehn Sprünge pro Level geschafft, darf man das nächste Areal betreten. Und glaubt mir, wenn es mal endlich wieder so weit ist, durchströmt euch ein Gefühl der Freude und des Stolzes wegen der bewiesenen Geschicklichkeit.
Penumbear (iOS)
Der Wechsel zwischen Licht und Schatten, hell und dunkel stellt in den letzten paar Jahren immer wieder mal die zentrale Mechanik bei Computerspielen, etwa bei "echochrome" oder "Closure". Die Welt verändert sich dementsprechend, ob etwas beleuchtet ist oder nicht. Ein aktueller Genrevertreter namens "Penumbear" erzählt die Geschichte eines verlorenen Teddybären, der in einem mysteriösen Schloss voller Fallen und Monster wieder erwacht. Der Penumbear ist in schwarzweiß gezeichnet, hat eine Knollennase und bewegt sich geschmeidig durch eine fremdartige 2D-Welt. Die Eingabemöglichkeiten sind einfach: gehen oder laufen, Sprung und Doppelsprung. Interessanter ist da schon die Umgebung, die der Penumbear erkundet. Es ist ein bisschen so, wie ganz viele Varianten des Super-Mario-Schlosses: dunkler Hintergrund, viele Steine und Hindernisse, Monster und Abgründe.
Begleitet werden wir von Glühwürmchen; die können diverse Leuchten ein- und ausschalten. Das ist wichtig, denn auf den jeweiligen Lichtkegeln, die dadurch entstehen, kann der Penumbear herumwandern - es eröffnen sich also zusätzliche Wege, um im Level weiterzukommen oder diverse geheime Orte zu erkunden. "Penumbear" meistert die Balance zwischen niederschwelliger Unterhaltung und tiefgründigem Leveldesign sehr gut. Die Steuerung geht wunderbar von der Hand, mit geschicktem Herumhüpfen allein ist es aber nicht getan: oft muss man auch gut überlegen, um herauszufinden, wie und wo es weitergeht. Auch visuell ist "Penumbear" eine angenehme Abwechslung, weil die dunkleren Farben einen schönen Kontrast zu den vielen quietschbunten Smartphone-Spielen darstellen.
Knitted Deer (iOS)
Was, es gibt gestrickte Computerspiele? Warum nicht, Pixelgrafik ist sowieso komplett 2011. Aber gleich mal ein Geständnis am Anfang: Die Strickgrafik ist ein Gimmick. Doch weil es so etwas wie "Knitted Deer" davor eben noch nicht gab, ist das alles ganz erstaunlich. Es ist der lebendig gewordene Norwegerpulli und sieht mit seinen Animationen aus wie die alten Trick-o-Tronics aus den frühen 80er Jahren.
"Knitted Deer" ist ein weiterer Vertreter der sogenannten endless runner-Spiele, das heißt: unser Strickreh wackelt unentwegt von links nach rechts, und wir müssen mit geschickt platzierten Sprüngen dafür sorgen, dass ihm nichts passiert. Wenn wir doch mal auf Strickstacheln treten oder in eine maschige Wand knallen, fällt unser Reh in die Hölle. Dort können wir dann weiterlaufen, möglicherweise mit der Chance auf Erlösung, aber weil dort unten alles noch schwerer gestrickt ist als im Diesseits, ist das Spiel dann bald vorbei. Dann gibt es eine Punktezahl und es geht wieder von vorne los. Wer richtig viel übt, kommt übrigens vielleicht auch mal in den Himmel.
Star Wars Pinball (Android, iOS, diverse Konsolen)
Der Disney-Konzern hat im Vorjahr die Firma Lucasfilm geschluckt und erst kürzlich deren renommierten Computerspiele-Arm LucasArts geschlossen. Das ist ein bisschen traurig, für die Gegenwart aber auch nicht besonders schlimm, denn die kreative Höchstphase war ohnehin schon seit Ende der 90er Jahre überschritten. Danach hat LucasArts fast nur noch die für den Mutterkonzern wichtigen "Star Wars"-Spiele entwickelt. Diese Titel werden ab sofort ausgelagert; die Blaupause dafür, wie gut das funktionieren kann, liefern derzeit die ungarischen ZEN Studios. Die sind bekannt für ihre herausragenden Computerspielflipper, und haben sich mit "Star Wars Pinball" nun auch selbst übertroffen.
FM4 Touch & Play:
Besprechungen zu aktuellen Smartphone- und Tablet-Games gibt es immer wieder in der FM4 Morning Show (täglich 06-10) und auf fm4.ORF.at.
Luke Skywalker, Darth Vader, Obi-Wan Kenobi oder die pferdeartigen AT-AT-Riesenroboter - in den drei aktuellen Tischen von "ZEN Pinball" ist alles vertreten, was "Star Wars"-Auskennerinnen und Auskennern das Herz höher schlägen lässt. Die Themen der drei Tische sind "Episode V: The Empire Strikes Back", "Clone Wars" und "Boba Fett" - für letztgenannten Tisch läuft übrigens noch bis 19. April ein Highscore-Wettbewerb. Die Flipper von "ZEN Pinbal" sind wie gewohnt eine gelungene Mischung aus authentischer Flippersimulation und Computeranimationen bzw. diversen Special Effects, die auf einem physischen Tisch nicht möglich wären - wenn etwa Jabba The Hut auf den Flipper kriecht oder Darth Vader auf- und abmarschiert.
Ridiculous Fishing (iOS)
Fischen ist ein recht erholsamer Sport - außer natürlich, wenn der ganz große Hecht anbeißt und kräftig zieht. Interessanterweise gibt es Fischen oft auch in virtueller Form; Computerspielfischen ist nicht unbeliebt. Ob "Ridiculous Fishing" aber noch als Simulation von Fischen bezeichnet werden kann, darf bezweifelt werden.
Eine schicke, kantig-abstrakte Grafik in gedämpften Farben. Ein Fischer in seinem Boot wirft die Angel ins Meer und die Kamera folgt ihr. Bis jetzt könnte man noch glauben, "Ridiculous Fishing" sei eine App, die nur schön zum Anschauen ist und der Entspannung dient. Doch das ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Die Leine wandert so lange in die Tiefe, bis der erste Fisch anbeißt - dann geht es wieder zurück nach oben. Währenddessen müssen wir versuchen, möglichst viele Fische mitzureißen. Das passiert, indem wir unser Spielgerät nach links und rechts schwenken. Sind wir wieder an der Oberfläche angekommen, fliegen die Fische in hohem Bogen durch die Luft. Das ist der Zeitpunkt, an dem wir zur Waffe greifen. "Ridiculous Fishing" präsentiert sein absurdes Spielprinzip so ansehnlich und spielt sich so intuitiv, dass man nicht mehr damit aufhören kann. Je länger unsere Anglerleinen werden, desto schwieriger wird es, ganz tief nach unten zu kommen und die besonders raren Spezies zu fangen.
Super Stickman Golf 2 (Android, iOS)
Videospiele, die sich einfach spielen und eine simple Grafik haben, tragen maßgeblich zum starken Erfolg von Smartphones und Tablets bei. Wenn dann sogar noch das Strichmännchen, das Paradebeispiel der "Krixikraxizeichnung", in Titel und Spiel vorkommt, ist das die beste Flucht nach vorne und kann eigentlich nur noch erfolgreich sein. So war das mit "Super Stickman Golf" vor ein paar Jahren. Warum sollte es also mit dessen direktem Nachfolger "Super Stickman Golf 2" nun anders sein?
Eine kunterbunte 2D-Welt, ein bisschen so wie in den alten "Super Mario"-Spielen, liegt vor uns. Aber wir können darin nicht herumlaufen und springen, sondern nur abschlagen. Unsere steife Strichfigur steht neben dem Ball und wir können Abschlagswinkel und Schlagstärke bestimmen. Wer "Super Stickman Golf 2" probiert, begreift nach wenigen Sekunden, wie das Spiel funktioniert. Doch nach den ersten paar einfachen Runden wird es schnell herausfordernd: Es gibt Wasser- und Sandhindernisse, tiefe Abgründe, enge Gänge und neuerdings sich bewegende Objekte, auf denen wir wahlweise landen oder an denen wir vorbeischießen müssen. Wir haben zwar nur einen Schläger, aber dafür unterschiedliche Bälle. Da gibt es den Sticky Ball, der an jeder Oberfläche haften bleibt, den Ice Ball, der Wasser gefrieren lässt und den Laser Ball, der sich für kurze Zeit der Schwerkraft widersetzt. Wir können auch mit Freundinnen und Freunden spielen, wahlweise hintereinander oder auch gleichzeitig mit mehreren Geräten.